OFD Magdeburg, Verfügung v. 18.8.2011, S 3201 - 1 - St 272

Es ist gefragt worden, wie land- und forstwirtschaftliche Flächen zu bewerten sind, die am Bewertungsstichtag nicht länger als 15 Jahre verpachtet sind.

Betroffen hiervon sind überwiegend Fälle, in denen kurzfristige Pachtverträge zwischen den Eigentümern (Verpächter) und den Landwirten (Pächter) immer wieder verlängert werden und die Verpächter die Fläche(n) weder in der Vergangenheit noch zukünftig selbst bewirtschaftet haben oder bewirtschaften werden.

Hierzu gebe ich folgende Bearbeitungshinweise:

Werden land- und forstwirtschaftlich genutzte Grundstücke am Bewertungsstichtag nicht länger als 15 Jahre verpachtet und liegen somit die Voraussetzungen des § 160 Abs. 7 BewG nicht vor, handelt es sich nicht um Stückländereien. Dies hat zur Folge, dass diese land- und forstwirtschaftlichen Flächen nach den allgemeinen Grundsätzen zu bewerten sind.

Die wirtschaftliche Einheit des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens ist der Betrieb der Land- und Forstwirtschaft (§ 158 Abs. 2 BewG). Dieser setzt weder eine Mindestgröße noch einen vollen land- und forstwirtschaftlichen Besatz mit Wirtschaftsgebäuden, Betriebsmitteln usw. voraus.

Auch ein einzelnes land- und forstwirtschaftlich genutztes Grundstück kann ein Betrieb der Land- und Forstwirtschaft sein (gleich lautende Ländererlasse vom 1.4.2009 Abschnitt 1 Abs. 2, BStBl 2009 I S. 552 – Bew-Kartei ST Erlasssammlung ErbStRG Nr. 3).

Die Verpachtung eines solchen Grundstücks stellt demnach eine Betriebsverpachtung im Ganzen dar (vgl. gleich lautende Ländererlasse vom 25.6.2009, Abschnitt 29 Abs. 1, BStBl 2009 I S. 713). Mehrere verpachtete Grundstücke bilden, unabhängig von ihrer Lage zueinander, regelmäßig eine wirtschaftliche Einheit.

Gem. Abschnitt 30 Abs. 9 Satz 7 der gleich lautenden Ländererlasse vom 1.4.2009 können auch im Falle der Betriebsverpachtung im Ganzen die ertragswertbildenden Faktoren nach einem vereinfachten Verfahren ermittelt werden. Sind dem Erben Angaben zur Nutzung der verpachteten Fläche(n) nicht möglich, sind die entsprechenden Daten der verschiedenen Nutzungen über Kataster-online aus dem automatisierten Liegenschaftskataster zu entnehmen.

Zur Bestimmung der Betriebsgröße der landwirtschaftlichen Nutzung ist der durchschnittliche Standarddeckungsbeitrag der Region heranzuziehen.

Da der Erblasser diese Fläche(n) am Bewertungsstichtag nicht selbst bewirtschaftete, bleibt das Besatzkapital im Falle der Mindestbewertung unberücksichtigt (§ 164 Abs. 4 Satz 3 BewG).

Beispiel:

Zum Bewertungsstichtag sind in der Region Magdeburg 10 ha für 13 Jahre an einen Landwirt verpachtet. Angaben zu Art und Umfang der Nutzung kann der Erbe nicht machen. Nach dem Liegenschaftskataster teilt sich diese Fläche wie folgt auf:

5,00 ha Ackerland

4,00 ha Grünland

1,00 ha Gartenland.

1. Ermittlung der Nutzungsart bzw. Betriebsform der landwirtschaftlichen Nutzung

Die Flächen der landwirtschaftlichen Nutzung (9,00 ha) sind weder zu mehr als 2/3 Ackerland oder Grünland. Demzufolge liegt Pflanzenbau-Verbund vor.

2. Ermittlung der Betriebsgröße der landwirtschaftlichen Nutzung

Durchschnittlicher Standarddeckungsbeitrag Regierungsbezirk Magdeburg: 564 EUR/ha

Flächen der landwirtschaftlichen Nutzung: 9,00 ha

Gesamtstandarddeckungsbeitrag:

9,00 ha × 564 EUR = 5.076

5.076 : 1.200 = 4,23 EGE (unter 40 EGE = Kleinbetrieb)

3. Bewertungsparameter

Landwirtschaftliche Nutzung, Regierungsbezirk Magdeburg, Pflanzenbau-Verbund, Kleinbetrieb:

Reingewinn: - 622 EUR (Anlage 14 Sp. 4)
Pachtpreis: 102 EUR (Anlage 14 Sp. 5)

Gärtnerische Nutzung – Gartenland (Freilandflächen):

Reingewinn: - 1.365 EUR (Anlage 17 Sp. 4)
Pachtpreis: 657 EUR (Anlage 17 Sp. 5)

Da der Erblasser die Flächen nicht selbst bewirtschaftet hat, ist kein Besatzkapital zu berücksichtigen.

4. Bewertung des Betriebes

Die Reingewinne beider Nutzungen sind negativ, so dass gem. § 165 Abs. 2 BewG der Mindestwert (§ 164 BewG) anzusetzen ist.

landwirtschaftliche Nutzung: 9,00 ha × 102 EUR × 18,6 = 17.074,80 EUR
gärtnerische Nutzung: 1,00 ha × 657 EUR × 18,6 = 12.220,20 EUR
Wirtschaftswert/Grundbesitzwert: 29.295,00 EUR

Hinweis:

Im Gegensatz zur Stückländerei liegt in o.g. Fällen begünstigtes Vermögen i.S. der §§ 13a und 13b ErbStG vor.

 

Normenkette

BewG § 158

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