Leitsatz
1. Der Begriff der "Verpachtung" in § 4 Abs. 4 KStG setzt eine entgeltliche Überlassung von Einrichtungen, Anlagen oder Rechten voraus.
2. Entgeltlichkeit in diesem Sinne liegt nicht vor, wenn bei wirtschaftlicher Betrachtung nicht der Pächter, sondern der Verpächter die wirtschaftliche Last des vereinbarten Pachtzinses zu tragen hat.
Normenkette
§ 4 Abs. 1 Sätze 1 und 2, Abs. 4, § 8 Abs. 7 KStG i.d.F. des JStG 2009, § 118 Abs. 2, § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO
Sachverhalt
Die Klägerin ist eine Stadt. Sie unterhielt ein städtisches Freizeitzentrum, bestehend aus einem Hallenbad, einer Sauna sowie einer Bowlingbahn. Die Einrichtung wurde von der Klägerin steuerlich als BgA behandelt.
Im Jahr 2007 verpachtete die Klägerin das Hallenbad mit sämtlichem Inventar (ausgenommen die Bowlingbahn) für zunächst drei Jahre an die B GmbH (GmbH), an der sie selbst nicht beteiligt war.
Die GmbH verpflichtete sich, die gepachtete Einrichtung für öffentliche Zwecke zu betreiben. Die Nutzung durch Schulen und Vereine war sicherzustellen; im Übrigen unterlag der Badebetrieb der freien Gestaltung der Pächterin. Die GmbH verpflichtete sich ferner zur Zahlung einer Pacht in Höhe von jährlich ... EUR zuzüglich Umsatzsteuer; außerdem oblagen ihr erforderliche Ausbesserungen und Reparaturen der Pachtsache bis zu einer Höhe von jährlich ... EUR.
Die Klägerin als Verpächterin verpflichtete sich ihrerseits, der GmbH in monatlichen Raten einen fortlaufenden Betriebskostenzuschuss zu zahlen. Zu den vom Betriebskostenzuschuss zu deckenden Kosten gehörten auch die Pacht sowie die Aufwendungen für Ausbesserungen und Reparaturen.
Für den anschließenden Zeitraum (1.10.2010 bis 30.9.2013) schlossen die Klägerin und die GmbH im Jahr 2010 einen im Wesentlichen inhaltsgleichen Pachtvertrag, der sich bei ausbleibender Kündigung um jeweils zwei weitere Jahre verlängerte. Die jährlich zu zahlende Pacht betrug weiterhin ... EUR, der Betriebskostenzuschuss wurde mit jährlich ... EUR vereinbart.
Die GmbH erwirtschaftete aus der verpachteten Einrichtung jährliche Einnahmen (ohne Betriebskostenzuschüsse) im Betrag zwischen ... EUR (2010) und ... EUR (2012).
Die Klägerin erklärte für 2008 einen Verlust aus einem "Verpachtungsbetrieb gewerblicher Art". Das FA folgte dem zunächst und setzte die Körperschaftsteuer 2008 mit 0 EUR fest. Der verbleibende Verlustvortrag zur Körperschaftsteuer zum 31.12.2008 wurde (unter Berücksichtigung vorgetragener Verluste aus 2007) auf ... EUR festgesetzt. Nachfolgend hob das FA diese Bescheide jedoch wieder auf und lehnte gleichzeitig eine Veranlagung der Klägerin zur Körperschaftsteuer für die Jahre 2009, 2010, 2011 sowie 2012 ab. Es war nunmehr der Auffassung, das Hallenbad der Klägerin sei angesichts des geringen Pachtentgelts bei gleichzeitigen höheren Betriebskostenzuschüssen unentgeltlich überlassen worden; ein Verpachtungs-BgA liege demnach nicht vor.
Der nach erfolglosem Einspruch erhobenen Klage hat das FG stattgegeben (FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 13.7.2017, 9 K 11318/15, Haufe-Index 11348751, EFG 2018, 56).
Entscheidung
Die Revision des FA war erfolgreich. Der BFH hat die Klage der Stadt abgewiesen. Die Gründe ergeben sich aus den Praxis-Hinweise.
Hinweis
1. Mit der vorliegenden Entscheidung hat der BFH im Kern die in den KStR 2015 vertretene Auffassung der Finanzverwaltung bestätigt, dass ein Verpachtungsbetrieb gewerblicher Art (Verpachtungs-BgA) i.S.d. § 4 Abs. 4 KStG nicht vorliegt, wenn die Kommune als "Verpächterin" dem "Pächter" des Betriebs einen Betriebskostenzuschuss gewährt, der auch den Aufwand aus der Pachtzahlung umfasst.
2. Die Entscheidung gehört zum steuerlichen Fragenkreis der sog. dauerdefizitären Tätigkeiten der öffentlichen Hand, die durch das JStG 2009 in § 4 und § 8 – dort insbesondere Abs. 7 bis 8 – KStG eine spezialgesetzliche Regelung erfahren hat. Wie so häufig, ging es um ein (Hallen-)Bad, das nach den in Deutschland herrschenden klimatischen Bedingungen, aber auch nach den sozialen und rechtlichen Rahmenbedingungen praktisch nur unter Inkaufnahme regelmäßiger Verluste betrieben werden kann. Nicht selten geht es bei dem Fragenkreis auch um verschiedene "Verpachtungsgestaltungen" (z.B. BFH, Urteil vom 9.11.2016, I R 56/15, BFH/NV 2017, 541, BFH/PR 2017, 149, zur Verpachtung eines Freibads durch eine kommunale Eigengesellschaft an einen Förderverein).
3. Die Krux der Verpachtungsgestaltung liegt darin, dass auch der Pächter, der nunmehr das Frei- oder Hallenbad betreibt, die o.g. Rahmenbedingungen nicht ändern kann. D. h. auch er kann das Bad nur dauerdefizitär betreiben. Der Pächter ist deshalb darauf angewiesen, dass ihm die Gemeinde oder die kommunale Eigengesellschaft einen (Betriebskosten-)Zuschuss gewährt. Häufig stehen sich somit eine (geringe) Pachtzahlung des vermeintlichen Pächters und eine (hohe) Zuschusszahlung der Gemeinde gegenüber.
4. Betreibt die Kommune den BgA (also z.B. ein Frei- oder Hallenbad) nicht selbst, sondern verpachtet den Betrieb, dann stellt diese Verpachtung ...