Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Leitsatz
Die Verpflegung von Hotelgästen ist auch dann eine Nebenleistung zur Unterbringungsleistung, wenn die Leistung nicht unmittelbar vom Hotelier, sondern von einem Reiseveranstalter erbracht wird, der die Leistung gegenüber anderen Unternehmern ausführt.
Sachverhalt
Die Klägerin war als Reiseveranstalterin tätig und stellte Leistungspakete zusammen, die sie an andere Reiseunternehmen verkaufte. Die Leistungspakete umfassten Übernachtungsleistungen mit Halbpension sowie ergänzende Leistungen, die aus Ausflügen und teilweise Bustransfers bestehen. Teilweise umfassten die Leistungen auch Übernachtungs- und Verpflegungsleistungen im Ausland.
Im Rahmen einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung begehrte die Klägerin, die Verpflegungsleistungen als Nebenleistungen zur Übernachtungsleistung anzusehen und damit am Grundstücksort (jetzt § 3a Abs. 3 Nr. 1 UStG) zu besteuern. Soweit die Leistungen im Ausland ausgeführt wurden, wären diese Leistungen dann nicht steuerbar. Die Finanzverwaltung sah hingegen die Verpflegungsleistung als eigenständige Leistung an und unterwarf sie im Inland der Besteuerung.
Entscheidung
Das Finanzgericht gab der Klage statt.
Das Finanzgericht orientierte sich im Wesentlichen an dem Urteil des BFH v. 15.1.2009, V R 9/06, BFH/NV 2009 S. 863; Nichtanwendungserlass des BMF v. 4.5.2010, in dem der BFH die Verpflegungsleistung als Nebenleistung zur Unterbringung angesehen hatte und die Leistung einheitlich am Grundstücksort als ausgeführt sah. Der BFH hatte die Verpflegung als zu den traditionellen Aufgaben eines Hoteliers gehörend angesehen.
Unerheblich ist nach Auffassung des Finanzgerichts, dass die Klägerin selbst kein Hotelier ist und die Übernachtungs- und Verpflegungsleistungen nicht unmittelbar gegenüber den Hotelgästen, sondern gegenüber anderen Unternehmern ausführte.
Hinweis
Der BFH hatte in einem vergleichbaren Fall schon 2009 festgestellt, dass die Verpflegungsleistungen gegenüber Hotelgästen eine Nebenleistung darstellt, die das Schicksal der Hauptleistung teilt. In dem Verfahren ging es - genauso wie in dem vorliegenden Fall - um die Bestimmung des Orts der sonstigen Leistung. Auswirkungen können sich daraus aber auch für die nationale Frage ergeben, ob Frühstücksleistungen dem Regelsteuersatz unterliegen, obwohl die Übernachtungsleistung dem ermäßigten Steuersatz unterliegt. Die Finanzverwaltung hatte deshalb nach dem Urteil des BFH von 2009 mit einem Nichtanwendungserlass reagiert.
Da in einem vergleichbaren Verfahren (Hessisches FG, Urteil v. 25.8.2010, 6 K 3166/07) derzeit Revision beim BFH (unter V R 33/10) anhängig ist, wird der BFH zeitnah Gelegenheit haben, sich erneut mit dieser Frage auseinander zu setzen.
Die in dem vorliegenden Fall relevante Rechtsfrage des Leistungsorts ergab sich aber nur deshalb, weil die Leistungen gegenüber einem anderen Unternehmer ausgeführt wurden. Wären solche Leistungen gegenüber einem Nichtunternehmer ausgeführt worden, hätte es sich um eine Reiseleistung gehandelt, die nach Sonderregelungen (§ 25 UStG) besteuert wird.
Link zur Entscheidung
FG Baden-Württemberg, Urteil vom 24.08.2011, 14 K 4549/09