Leitsatz
1. Hat sich im Rahmen einer gemischten Schenkung der Beschenkte zur Zahlung einer Rente verpflichtet, ist der Steuerwert der Rentenlast für die Ermittlung der schenkungsteuerrechtlichen Bereicherung i.S.d. § 10 Abs. 1 Satz 1 ErbStG gem. den für die gemischte Schenkung geltenden Grundsätzen ohne Bedeutung. Daher findet § 14 Abs. 2 BewG im Fall eines vorzeitigen Ablebens des Rentenberechtigten keine Anwendung.
2. Allerdings kann bei der Berechnung der Bereicherung nach Verkehrswerten, die bei einer gemischten Schenkung der Ermittlung der schenkungsteuerrechtlichen Bereicherung vorauszugehen hat, die Rentenlast nicht unbesehen nach der allgemeinen Lebenserwartung des Rentenberechtigten bewertet werden, wenn bei objektiver Betrachtung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vorauszusehen ist, dass dessen Lebenserwartung niedriger sein wird.
Normenkette
§ 14 Abs. 2 BewG , § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG , § 10 Abs. 1 Satz 1 ErbStG
Sachverhalt
Im Rahmen einer gemischten Schenkung wandte die Mutter des Klägers diesem im Jahr 1990 ihren Grundbesitz zu, dessen Verkehrswert den erhöhten Einheitswert erheblich überstieg. Als Teil der Gegenleistung hatte der Kläger seiner 1915 geborenen Mutter eine lebenslängliche Rente zu zahlen. Auf dem Grundbesitz lastete ein Wohnrecht zugunsten einer 1920 geborenen Dritten (S). Die Mutter verstarb 1993, die S 1995.
Das FA ermittelte den Verkehrswert der Bereicherung unter Anwendung des § 14 Abs. 2 BewG nach der tatsächlichen Lebensdauer der Mutter. Von der Bereicherung nach Steuerwerten zog es den Wert des Wohnrechts ab, den es gem. § 14 Abs. 2 BewG ebenfalls nach dessen wirklicher Dauer bestimmt hatte. Demgegenüber meint der Kläger, sowohl die Rentenlast als auch das Wohnrecht seien unter Berücksichtigung der allgemeinen Lebenserwartung der Berechtigten zu bewerten. Das FG bestätigte jedoch das FA.
Entscheidung
Der BFH hob die Vorentscheidung auf und verwies die Sache an das FG zurück. § 14 Abs. 2 BewG findet nur beim Wohnrecht Anwendung, nicht aber bei der Rentenlast. § 14 Abs. 2 BewG dient der Ermittlung eines Steuerwerts. Die Rentenlast ist als Leistungsauflage Teil der Gegenleistung des beschenkten Klägers.
Bei der Berechnung der Bereicherung des Klägers nach den für die gemischte Schenkung geltenden Grundsätzen spielt aber der Steuerwert der Rentenlast keine Rolle, und zwar weder bei der Berechnung der Bereicherung nach Verkehrswerten noch auf der nächsten Stufe bei der Bestimmung der schenkungsteuerrechtlichen Bereicherung gemäß der Formel:
Steuerwert der Leistung des Schenkers x Verkehrswert der Bereicherung des Beschenkten : Verkehrswert der Leistung des Schenkers.
Die in dem Wohnrecht liegende Duldungsauflage ist dagegen im Weg der Saldierung durch Abzug von der schenkungsteuerrechtlichen Bereicherung zu berücksichtigen, und zwar mit dem Steuerwert. Allerdings ist die Duldungslast dabei nur mit dem auf die unentgeltliche Zuwendung entfallenden Anteil abzuziehen.
Zurückzuweisen war die Sache, weil keine Feststellungen dazu getroffen waren, ob der frühe Tod der Rentenberechtigten vorauszusehen war (vgl. Leitsatz 2.).
Hinweis
Für die Bewertung lebenslänglicher Nutzungen und Leistungen enthält § 14 Abs. 1 BewG das allgemeine Prinzip, nach dem regelmäßig auch ihr Verkehrswert ermittelt werden kann. § 14 Abs. 2 BewG enthält dagegen keinen Rechtsgedanken, der bei der Bestimmung des Verkehrswerts lebenslänglicher Nutzungen oder Leistungen zu beachten ist. Daher kann diese Regelung nur Anwendung finden, wenn es auf den Steuerwert ankommt.
Kommt es auf den Steuerwert an, ist die wirkliche Dauer der lebenslänglichen Nutzungen oder Leistungen unabhängig davon maßgeblich, ob ihr vorzeitiges Ende bei Begründung des Rechts bzw. der Verpflichtung voraussehbar war. Bei der Ermittlung des Verkehrswerts solcher Nutzungen oder Leistungen spielt dagegen deren vorzeitiges Ende (ausnahnsweise) nur dann eine Rolle, wenn es bei Begründung des Rechts bzw. der Verpflichtung objektiv voraussehbar war.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 17.10.2001, II R 72/99