Leitsatz

1. Die Vergünstigung nach § 5 Abs. 2 GrEStG ist nicht zu gewähren, wenn die Grundstücksübertragung auf die Gesamthand zu einem Zeitpunkt erfolgte, zu dem die Veränderung der Gesellschaftererstellung des bisherigen Alleineigentümers bereits zwischen den Gesamthändern abgesprochen worden war.

2. Das Merkmal der "Absprache" zwischen den an der Gesamthand beteiligten Gesamthändern entfällt, wenn die Veränderung der Gesellschaftererstellung einer Zustimmung der übrigen Gesamthänder ausnahmsweise (z.B. bei einer Verschmelzung) nicht bedarf oder wenn nur ein Gesamthänder über seine Beteiligungen an den übrigen Gesamthändern die Geschicke der Gesamthand bestimmt. Zur Versagung des § 5 Abs. 2 GrEStG reicht in diesen Fällen allein die bereits im Zeitpunkt der Grundstückseinbringung bestehende Absicht des bisherigen Alleineigentümers, seine gesamthänderische Mitberechtigung kurzfristig aufzugeben.

3. Die Anwendung der Vergünstigungsnorm des § 5 Abs. 2 GrEStG ist nicht davon abhängig zu machen, ob der Vorgang, der die Aufgabe der Gesellschafterstellung des grundstückseinbringenden Gesamthänders tatsächlich bewirkt, der Steuer unterliegt.

 

Normenkette

§ 1 Abs. 3 GrEStG , § 5 Abs. 2 GrEStG , § 65 UmwG

 

Sachverhalt

Die KG I war mehrheitlich an einer AG beteiligt. Die AG war Alleingesellschafterin an einer GmbH und neben dieser – vermögensmäßig zu 100 % – an der KG II beteiligt. Im Dezember 1995 brachte die AG ein Grundstück in die KG II ein. Bereits zu diesem Zeitpunkt hatte die KG I angekündigt, die AG auf eine neue Gesellschaft zu verschmelzen. Die dazu erforderlichen Beschlüsse, der Verschmelzungsvertrag sowie die Eintragung im Handelsregister fallen in das Jahr 1996.

Das FA setzte wegen der Einbringung des Grundstücks der AG in die KG II GrESt in voller Höhe fest. Einspruch und Klage, mit denen die Klägerin, eine Rechtsnachfolgerin der KG II, begehrt hatte, den Einbringungsvorgang steuerfrei zu belassen, blieben wegen des Aufgehens der AG in der neuen Gesellschaft erfolglos.

 

Entscheidung

Der BFH wies die Revision als unbegründet zurück. Abzustellen ist nicht allein auf die Vorstellungen und Absichten der Vorstandsmitglieder der grundstückseinbringenden AG, sondern entscheidend auf die Absichten der Mehrheitsgesellschafterin der AG, nämlich der KG I. Der Vorstand der AG war rechtlich nicht in der Lage, die von der KG I geplante Verschmelzung zu verhindern. Vielmehr hatte es die KG I in der Hand, die Verschmelzung der AG auf eine neue Gesellschaft durchzusetzen.

Dadurch bestimmte sie auch darüber, ob die gesamthänderische Mitberechtigung der AG am eingebrachten Grundstück fortbestand oder nicht. Da die KG I schon im Zeitpunkt der Grundstückseinbringung entschlossen war, die AG zu verschmelzen und sie dies innerhalb der AG durchsetzen konnte, ist auch von einer Verschmelzungsabsicht der AG zu diesem Zeitpunkt auszugehen.

 

Hinweis

Die Entscheidung betrifft noch einen Sachverhalt aus der Zeit vor dem 1.1.2000 und damit vor der Anfügung des § 5 Abs. 3 GrEStG durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 vom 24.3.1999 (BGBl I, 402). Bei Verwirklichung des gleichen Sachverhalts nach dem 31.12.1999 käme es auf eine im Erwerbszeitpunkt bestehende Absicht der grundstückseinbringenden Gesamthänderin zur Verschmelzung nicht an, da nach § 5 Abs. 3 GrEStG allein der Untergang ihrer Beteiligung an der Gesamthand innerhalb von fünf Jahren ausreichte.

Der 3. Leitsatz findet seine Erklärung darin, dass der Untergang der grundstückseinbringenden Gesamthänderin durch die Verschmelzung auf eine neue Gesellschaft mit einem teils mittelbaren und teils unmittelbaren Erwerb aller Anteile an der Gesamthand durch die neue Gesellschaft verbunden war und damit seinerseits der GrESt unterlag, § 1 Abs. 3 GrEStG.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 15.12.2004, II R 37/01

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