Leitsatz
1. Wird eine Kapitalgesellschaft auf ihren Gesellschafter verschmolzen, gilt eine zum Privatvermögen des Gesellschafters gehörende Forderung gegen die übertragende Körperschaft als in das Betriebsvermögen des übernehmenden Rechtsträgers eingelegt.
2. War die Forderung wertgemindert und hätte sich ihr Ausfall im Falle ihrer weiteren Zugehörigkeit zum Privatvermögen bei der Verwirklichung eines Realisationstatbestands nach § 17 EStG einkommensteuermindernd ausgewirkt, ist als Einlagewert nicht der (geminderte) Teilwert anzusetzen, sondern derjenige Wert, mit dem die Forderung im Falle der Verwirklichung eines Realisationstatbestands nach § 17 EStG als nachträgliche Anschaffungskosten zu berücksichtigen gewesen wäre (Fortführung des Senatsurteils vom 29. November 2017, X R 8/16, BFHE 260, 224, BStBl II 2018, 426, Rz. 68 ff.).
3. Nach den bis zum 27. September 2017 geltenden Grundsätzen für die Berücksichtigung von Forderungsverlusten bei § 17 EStG führt der Ausfall eines Krisendarlehens zu nachträglichen Anschaffungskosten. Ein Krisendarlehen ist anzunehmen, wenn sich die Gesellschaft zum Zeitpunkt der Darlehensgewährung in einer Krise befindet, d.h. die Rückzahlung angesichts der finanziellen Situation der Gesellschaft in einem Maße gefährdet ist, dass ein ordentlicher Kaufmann das Risiko einer Kreditgewährung zu denselben Bedingungen wie der Gesellschafter nicht mehr eingegangen wäre.
Normenkette
§ 5 Abs. 2, § 6 UmwStG, § 6 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 Halbsatz 2 Buchst. b, § 17 EStG
Sachverhalt
Der Kläger betrieb ursprünglich ein gewerbliches Einzelunternehmen. Im Jahr 1996 gründete er eine GmbH, in das er sein Einzelunternehmen im Rahmen einer Kapitalerhöhung gegen Sacheinlage in die GmbH einbrachte. Die GmbH-Anteile behandelte er als Privatvermögen. In der Folgezeit gewährte der Kläger der GmbH drei Darlehen, die als eigenkapitalersetzende Finanzierungshilfen anzusehen sind. Rückwirkend auf den 1.1.2008 erfolgte die Verschmelzung der GmbH auf den Kläger. Der Kläger setzte den Betrieb der GmbH als Einzelunternehmer fort und knüpfte in der Bilanz des Einzelunternehmens zum 31.12.2008 an die Buchwerte aus der Bilanz der GmbH zum 31.12.2007 an. Im Rahmen einer Außenprüfung wurde zunächst ein Übernahmeverlust ermittelt, der aber gemäß § 4 Abs. 6 Satz 4 UmwStG 2006 außer Ansatz blieb. Ferner ermittelte der Prüfer beim Kläger einen Konfusionsgewinn. Denn die Forderungen hätten zum Privatvermögen des Klägers gehört und ihr Teilwert habe wegen der Überschuldung der GmbH 0 EUR betragen, sodass der Buchgewinn aus dem Wegfall des Passivpostens nicht durch den Wegfall eines entsprechenden Aktivpostens habe neutralisiert werden können. Das FG wies die Klage ab (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 21.6.2016, 11 K 1536/14, Haufe-Index 9598466, EFG 2016, 1571).
Entscheidung
Die Revision des Klägers war begründet. Die Vereinigung seiner Forderungen aus den kapitalersetzenden Darlehen gegen die GmbH mit den korrespondierenden Verbindlichkeiten der GmbH hat im Streitfall aus den unter den Praxis-Hinweisen dargestellten Gründen nicht zur Entstehung eines Übernahmefolgegewinns geführt. Der BFH hat das Urteil des FG deswegen aufgehoben und die angefochtenen Steuerfestsetzungen antragsgemäß herabgesetzt.
Hinweis
1. Bei der Verschmelzung einer GmbH auf ein Einzelunternehmen gelten die Anteile an der übertragenden GmbH i.S.d. § 17 EStG für die Ermittlung des Gewinns gemäß § 5 Abs. 2 UmwStG als an diesem Stichtag in das Betriebsvermögen des übernehmenden Rechtsträgers mit den Anschaffungskosten eingelegt.
2. Nach nahezu allgemeiner Auffassung des Schrifttums gilt auch eine zum Privatvermögen gehörende Forderung gegen die übertragende Körperschaft ebenfalls als in das Betriebsvermögen des übernehmenden Rechtsträgers eingelegt.
Dieser Auffassung ist der BFH in diesem Urteil gefolgt. Die Annahme einer Einlage auch der Forderung sei schon deshalb zwingend, weil sich ohne eine solche Einlage selbst bei einer in vollem Umfang werthaltigen Gesellschafterforderung gegen die übertragende Körperschaft stets ein Konfusionsgewinn i.H.d. Nennwerts dieser Forderung ergeben müsse. Zwar stünden sich in einem derartigen Fall die Forderung (des Gesellschafters) und die Verbindlichkeit (der Kapitalgesellschaft) wertgleich gegenüber. Wenn aber lediglich die Verbindlichkeit, nicht jedoch die korrespondierende Forderung in das Betriebsvermögen des übernehmenden Einzelunternehmens gelangte, könnte der Gewinn aus dem Wegfall des Passivpostens nicht mit dem Verlust aus dem Wegfall eines korrespondierenden Aktivpostens des Betriebsvermögens saldiert werden, sodass es bilanziell stets zu einem buchmäßigen Konfusionsgewinn käme.
3. Mit welchem Wert ist diese Gesellschafterforderung aber einzulegen? Für die Bewertung der Einlage von Forderungen gilt grundsätzlich die Vorschrift des § 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG, wonach diese grundsätzlich mit dem Teilwert anzusetzen sind.
4. Dies bedeutet, dass es bei wertgeminderten Forderungen zu einem Übernahmefolgegewinn gemäß § 6 UmwStG kommt...