Prof. Dr. Dr. Herbert Grziwotz
Grundsätzlich sind nur Anrechte auszugleichen, soweit diese in der Ehezeit erworben oder aufrecht erhalten worden sind. Nur sie können der arbeitsteiligen Leistung der Ehegatten zugerechnet werden. Vorehezeitliche Anrechte werden im Versorgungsausgleich nicht berücksichtigt; dies gilt auch dann, wenn sie von einem früheren Altersvorsorgevertrag während der Ehezeit in einen anderen Altersversorgungsvertrag übertragen werden. Auch Anrechte, die nach dem Ende der Ehezeit erworben werden, sind nicht auszugleichen. Als Ehezeit gilt die Zeit vom ersten Tag des Monats, in dem die Ehe geschlossen worden ist, bis zum letzten Tag des Monats, der der Zustellung des Scheidungsantrags vorausgeht (§ 3 Abs. 1 VersAusglG; vgl. § 20 Abs. 2 LPartG).
Die Zustellung des Verfahrenskostenhilfegesuchs führt nicht zum versorgungsausgleichsrechtlich relevanten Ehezeitende. Maßgeblich ist die Zustellung des Scheidungsantrags, der das Verfahren in Gang setzt, das zur Scheidung führt. Wird ein Scheidungsantrag zurückgenommen und später neu gestellt, ist der spätere Zeitpunkt maßgebend. Kommt das Scheidungsverfahren zum Ruhen und wird es später wieder aufgenommen, kann in Ausnahmefällen der Antrag auf Wiederaufnahme das Ehezeitende bestimmen, wenn die Parteien sich zunächst versöhnt und den Scheidungsantrag als "erledigt" angesehen haben. Ein nicht von einem Rechtsanwalt gestellter Scheidungsantrag ist unwirksam. Er setzt deshalb keinen wirksamen Endstichtag für den Versorgungsausgleich. Dagegen ist ein vor Ablauf des Trennungsjahres zunächst verfrüht gestellter Scheidungsantrag maßgeblich, wenn während des Scheidungsverfahrens diese Voraussetzung noch eintritt.
Wenn in der Ehe Beiträge aus dem Vermögen bezahlt, insbesondere freiwillig nachentrichtet wurden, sind die daraus resultierenden Anwartschaften auch dann der Ehezeit zuzurechnen, wenn sie für Zeiten vor der Ehe gezahlt wurden (In-Prinzip). Dies gilt auch bei der Auffüllung zum Ausgleich einer Minderung der Anrechte wegen einer früheren Scheidung.
Erfolgt demgegenüber eine Beitragszahlung durch einen nachversichernden Versorgungsträger oder wurden Beiträge für den Zeitraum der Ehe in der Ehezeit nicht entrichtet, gilt das "Für-Prinzip". Für die Ehezeit ist hier das exakte Datum der Eheschließung maßgebend, nicht das nach § 3 VersAusglG entscheidende. Bei einer Ehezeit bis zu drei Jahren findet der Versorgungsausgleich nur auf Antrag eines Ehegatten statt (§ 3 Abs. 3 VersAusglG). Der Antrag wird in der Praxis von Anwälten zur Vermeidung einer eigenen Haftung regelmäßig gestellt. Es besteht für ihn aber kein Anwaltszwang (§ 114 Abs. 4 Nr. 7 FamFG). Eine Frist ist nicht vorgesehen. Wegen der Rechtskraftwirkung der familiengerichtlichen Entscheidung über den Wertausgleich (§ 244 Abs. 3 FamFG) ist der Antrag insoweit zeitlich begrenzt. Für Ausgleichsansprüche nach der Scheidung (§§ 20 ff. VersAusglG) gilt diese zeitliche Grenze nicht.