Dipl.-Finanzwirt Christian Ollick
Leitsatz
Das FG Baden-Württemberg entschied, dass Zahlungen zur Wiederauffüllung der – zuvor durch Versorgungsausgleich gekürzten – eigenen Rentenanwartschaft lediglich als Sonderausgaben abzugsfähig sind. Der Kläger hatte einen (günstigeren) Abzug als vorweggenommene Werbungskosten begehrt.
Sachverhalt
Der Kläger war angestellter Rechtsanwalt und im Jahr 2013 von seiner früheren Ehefrau geschieden worden. Seine erworbenen Versorgungsanwartschaften aus dem Versorgungswerk der Rechtsanwälte beliefen sich bis dahin auf monatlich 3.020 EUR. Im Rahmen der Scheidung erging ein Beschluss des Familiengerichts, nach dem im Wege der internen Teilung ein Anrecht von monatlich 994 EUR auf die Ex-Frau übergeht. Auf dieser Grundlage erfolgte schließlich die Übertragung der Versorgungsanwartschaft im Wege des Versorgungsausgleichs.
2014 leistete der Rechtsanwalt eine Zahlung von 75.000 EUR an das Versorgungswerk, um seine gekürzte Rentenanwartschaft wieder aufzufüllen. Den Betrag machte er zu 88 % (= dem voraussichtlichen Besteuerungsanteil seiner im Jahr 2028 einsetzenden Leibrente) als vorweggenommene Werbungskosten bei den sonstigen Einkünften nach § 22 EStG geltend. Das Finanzamt berücksichtigte die Zahlung lediglich als Sonderausgaben.
Entscheidung
Das FG entschied, dass die Zahlung zur Wiederauffüllung der Rentenanwartschaft lediglich als Sonderausgabe (Altersvorsorgeaufwand) abzugsfähig ist. Zwar diente sie dazu, den teilweisen Verlust des Anwartschaftsrechts wiederherzustellen, sodass sie entscheidenden Einfluss auf die Höhe der späteren steuerpflichtigen Alterseinkünfte hatte und somit ihrer Rechtsnatur nach zu vorweggenommenen Werbungskosten führt. Allerdings wird diese Einordnung durch die gesetzgeberische Entscheidung verdrängt, Altersvorsorgeaufwendungen in § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a) EStG den Sonderausgaben zuzuordnen. Diese Einordnung ist verfassungsgemäß und gilt für alle Leistungen, die auf einen wirksam geschlossenen Vertrag gezahlt werden – mithin auch für Wiederauffüllungszahlungen, die nach Durchführung des Versorgungsausgleichs im Wege der internen Teilung erfolgen.
Hinweis
Der Abzug der Auffüllungszahlung als vorweggenommene Werbungskosten wäre für den Kläger steuerlich günstiger gewesen als der Sonderausgabenabzug, weil letzterer höhenmäßig beschränkt ist und zudem keine Möglichkeit eines Verlustvortrags/-rücktrags bietet.
Link zur Entscheidung
FG Baden-Württemberg, Urteil vom 11.02.2019, 9 K 376/18