Ass. jur. Viola C. Didier
Leitsatz
Trägt der Steuerpflichtige ohne zeitliche Eingrenzung vor, an der rechtzeitigen Abgabe der Einkommensteuererklärung durch Krankheit gehindert gewesen zu sein und dass er erst andere Fristsachen erledigen müsse, so steht dies der Festsetzung eines Verspätungszuschlags nicht entgegen.
Sachverhalt
Ein selbstständiger Rechtsanwalt bezweifelte die Rechtmäßigkeit der Festsetzung eines Verspätungszuschlags zur Einkommensteuer. Er hatte auch nach Ablauf der für steuerlich beratene Steuerpflichtige verlängerten Abgabefrist zunächst keine Einkommensteuererklärung eingereicht und wurde deshalb vom Finanzamt unter Fristsetzung an die Abgabe erinnert. Innerhalb dieser Nachfrist teilte er dem Finanzamt mit, dass er aufgrund einer Gürtelrose im Gesicht über mehrere Wochen nicht habe arbeiten können. Wegen eines stark erhöhten Arbeitsaufwands habe er anschließend seine anwaltlichen Fristen im Büro aufarbeiten müssen. Der Anwalt bat um eine weitere Fristverlängerung für die Abgabe der Einkommensteuerklärung.
Angaben zum Beginn und der Dauer der Erkrankung enthielt der Schriftsatz nicht.
Das Finanzamt lehnte den Antrag ab und wies dabei darauf hin, dass die Fristverlängerung nicht ausreichend begründet und nachgewiesen worden sei. Die Einkommensteuererklärung ging trotzdem verspätet ein, woraufhin das Finanzamt einen Verspätungszuschlag festsetzte.
Entscheidung
Gemäß § 152 Abs. 1 Sätze 1 und 2 AO kann die Finanzbehörde gegen denjenigen, der seiner Verpflichtung zur Abgabe einer Steuererklärung nicht fristgerecht nachkommt, einen Verspätungszuschlag festsetzen, es sei denn, die Versäumnis erscheint entschuldbar. Der bloße Hinweis auf die Erkrankung des Klägers ohne deren nähere zeitliche Eingrenzung genügt in einem solchen Fall aber nicht. Denn für das Finanzamt ist hierdurch nicht ersichtlich gewesen, dass die vom Kläger versäumte Frist als entschuldbar erscheinen müsste. Dies wurde auch in der Verfügung deutlich, mit der die Fristverlängerung mangels ausreichender Begründung und ausreichender Nachweise abgelehnt wurde. Der Kläger wies in seinem Fristverlängerungsantrag zudem sogar ausdrücklich darauf hin, dass er nach seiner Erkrankung zunächst seine Fristen im Büro aufgearbeitet habe. Dieser Umstand verdeutlicht, dass der Kläger seine steuerlichen Verpflichtungen bereits zu einem früheren Zeitpunkt hätte erfüllen können, zumal die steuerlichen Pflichten den sonstigen (beruflichen) Pflichten im Rang nicht nachstehen. Demnach war die Festsetzung des Verspätungszuschlags durch das Finanzamt nicht zu beanstanden.
Hinweis
Der Verspätungszuschlag dient dazu, den rechtzeitigen Eingang der Steuererklärungen und damit auch die rechtzeitige Festsetzung und Entrichtung der Steuer sicherzustellen. Er hat insoweit zugleich repressiven und präventiven Charakter und ist ein Druckmittel eigener Art, das auf die besonderen Bedürfnisse des Steuerrechts zugeschnitten ist. Gemäß § 152 Abs. 2 Satz 2 AO sind bei der Bemessung des Verspätungszuschlags neben seinem Zweck, den Steuerpflichtigen zur rechtzeitigen Abgabe der Steuererklärung anzuhalten, die Dauer der Fristüberschreitung, die Höhe des sich aus der Steuerfestsetzung ergebenden Zahlungsanspruchs, die aus der verspäteten Abgabe der Steuererklärung gezogenen Vorteile, sowie das Verschulden und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen zu berücksichtigen. Diese Kriterien zeigen, dass der Verspätungszuschlag eine doppelte Funktion hat - die in die Zukunft gerichtete Prävention und die repressive Sanktion einer Pflichtverletzung (vgl. dazu insgesamt nur BFH, Urteil v. 29.3.2007, IX R 9/05, BFH/NV 2007, S. 1617 und BFH; Urteil v. 10.10.2001, XI R 41/00, BFHE 196, S. 408; BStBl 2002 II S. 124 m.w.N.).
Link zur Entscheidung
FG Köln, Urteil vom 30.05.2012, 7 K 3652/11