Verträge zielen regelmäßig auf den Austausch von Leistungen. Dabei ist der einen Partei Pflicht, was der anderen Anspruch ist. Die Frage "Wer schuldet wem was?" markiert das primäre Pflichtenprogramm des Vertrages. Hinzu kommen die Modalitäten des Leistungsaustausches: Wann wird geleistet, wo wird geleistet, wie wird geleistet.
Zu den primären Leistungspflichten und den Modalitäten ihrer Erbringung kommt die vertragliche "Störfallvorsorge" hinzu: Dazu zählen alle Regelungen, die den primären Leistungsaustausch absichern und die wechselseitigen Rechte und Pflichten für alle denkbaren Fälle der Leistungsstörung bestimmen.
Kaufvertrag
Kaufvertrag |
Primärpflichten |
Modalitäten des Leistungsaustausches |
"Störfallvorsorge" |
Kaufgegenstand
- Besitzübergabe
- Eigentumsverschaffung
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- Übergabeort
- Übergabezeit
- Zahlungsort
- Zahlungszeit
- Zahlungsart
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- Eigenschaftszusicherungen
- ggf. Garantie
- Eigentumsvorbehalt
- Rücktrittsrecht
- Gewährleistung
- Haftung (Schadenersatz)
- Verzugszins
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1.3.1 Leistungsgegenstand
Der Leistungsgegenstand ist der Kern der vertraglichen Verpflichtung. Ganz gleich, um welchen Vertragstyp es sich handelt, ob die Kaufsache in einem Kaufvertrag, das Mietobjekt in einem Mietvertrag, die herzustellende Anlage in einem Werkvertrag, die Pflichten und ihre Vergütung in einem Anstellungsvertrag usw. in Rede stehen, immer gilt:
"Je präziser der Leistungsgegenstand im Vertrag beschrieben ist, desto geringer ist das Streitrisiko bei seiner Erfüllung".
Die Parteien sind deshalb gut beraten, wenn sie auf diesen Punkt besondere Mühe verwenden. Während nämlich Vorschriften über die Gewährleistung oder eine Garantiezusage überhaupt nur Bedeutung erlangen, wenn der Gewährleistungs- oder Garantiefall eintritt, werden die Vereinbarungen über den Leistungsgegenstand in jedem Falle bedeutsam: denn Leistung und Gegenleistung sind in einem gegenseitigen Vertrag so aneinander gekoppelt, dass die eine nicht verlangt werden kann, wenn die andere nicht erbracht oder zumindest ernsthaft angeboten wird: Die aus einem gegenseitigen Vertrag berechtigte Partei kann nicht Leistung schlechthin, sondern nur Leistung "Zug um Zug" gegen Empfang der Gegenleistung verlangen. § 320 Abs. 1 Satz 1 BGB dazu:
"Wer aus einem gegenseitigen Vertrag verpflichtet ist, kann die ihm obliegende Leistung bis zur Bewirkung der Gegenleistung verweigern, es sei denn, dass er vorzuleisten verpflichtet ist."
Ob diese sog. Einrede des nicht erfüllten Vertrages erhoben werden kann, hängt mithin davon ab, ob die jeweils andere Partei ihre primäre Leistungspflicht erfüllt hat oder dies zumindest ernsthaft anbietet. Und das wiederum kann nur so weit und nur so sicher beurteilt werden, wie diese Pflicht auch im Vertrag beschrieben ist.
Unpräzise Beschreibung
Ist der Liefergegenstand im Kaufvertrag mit "25.000 Maschinenschrauben M 5" beschrieben, bleibt offen, aus welchem Material die Ware gefertigt und wie der Schraubenkopf gestaltet sein soll. Gehen die Erwartungen der Parteien in diesen Punkten auseinander, ist Streit "vertraglich vorprogrammiert".
Ist der Liefergegenstand im Kaufvertrag dagegen mit "25.000 Maschinenschrauben M 5, Messing, Sechskant" beschrieben, löst die Lieferung eben dieser Schrauben unstreitig auch die Zahlungspflicht des Käufers aus.
1.3.2 Zusicherungen
Vorsicht ist allerdings bei der Zusicherung von Eigenschaften hinsichtlich des Vertragsgegenstandes bzw. der Übernahme einer Garantie geboten. Zusicherungen können die Haftung der zusichernden Partei verschärfen, wo immer sich bei der Vertragsabwicklung die Frage stellt, ob Pflichten schuldhaft verletzt wurden.
Der Schuldner hat hier Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten, soweit eine strengere oder mildere Haftung nicht bestimmt ist; die § 827 und § 828 BGB gelten entsprechend. Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt. Die Haftung für Vorsatz kann dem Schuldner nicht im Voraus erlassen werden. Auch aus einer vertraglichen Vereinbarung sowie zusätzlich aus dem "sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses" kann sich ein abweichender Haftungsmaßstab ergeben. § 276 Abs. 1 Satz 1 BGB nennt hier beispielhaft ("insbesondere")
- die Übernahme einer Garantie und
- die Übernahme eines Beschaffungsrisikos.
In der haftungsverschärfenden Berücksichtigung einer vom Schuldner gegebenen Garantie liegt die Zusicherung einer Eigenschaft. Eigenschaftszusicherungen des Verkäufers, Werkunternehmers, Vermieters usw. haben damit, wenn und soweit die erbrachte Leistung die zugesicherte Eigenschaft nicht aufweist, zur Folge, dass das im Rahmen eines Schadensersatzanspruches notwendige Verschulden bereits "aus dem Inhalt des Schuldverhältnisses" – hier der Zusicherung – folgt.
Ähnlich liegt es im Falle der Übernahme eines Beschaffungsrisikos. Hier garantiert der Schuldner, eine der Gattung nach bestimmte Sache zu beschaffen, das heißt, typische Beschaffungshindernisse am Markt zu überwinden. Gelingt ihm dies nicht, folgt aus dem Inhalt des Schuldverhältnisses sein haftungsbegründendes Verschulden (§ 276 Abs. 1 BGB).