3.6.4.1 Allgemeines
Die Erbengemeinschaft (§§ 2032 ff BGB) entsteht, wenn mehreren Personen das Erbe zugewendet wird, sie also in die Rechtstellung der verstorbenden Person eintreten. Nicht zur Erbengemeinschaft gehören Personen, denen ledglich ein Vermächtnis zugewendet wird; diese erhalten "lediglich" einen schuldrechtlichen Anspruch auf Erfüllung des durch Vermächtnis angeordneten.
Vermächtnis im Testament
Die Erblasserin hat zu ihren Erben durch Testament ihre 3 Kinder zu gleichen Teilen bestimmt. Außerdem hat sie festgelegt, dass ihr Schwager aus der Erbmasse 10.000 EUR gezahlt bekommen soll. Durch den Tod der Erblasserin begründen die drei Kinder eine Erbengemeinschaft nach § 2032 BGB. Sie sind nach dem Testament, als Miterbengemeinschaft verpflichtet, die 10.000 EUR an den Schwager zu zahlen.
Bei der Erbengemeinschaft handelt es sich um eine Gesamthandsgemeinschaft, bei der jede beteiligte Person grundsätzlich jederzeit Auseinandersetzung verlangen kan. Für Nachlassverbindlichkeiten haften alle an der Erbengemeischaft Beteiligten gesamtschuldnerisch. Diese gesamtschuldnerische Haftung endet mit Teilung des Nachlasses. Nach der Auseinandersetzung haften die Beteiligten nur noch in Höhe der eigenen Erbquote für Nachlassverbindlichkeiten.
Trotz der gesamthänderischen Bindung hat grundsätzlich jede an der Erbengemeinschaft beteiligte Person das Recht, über ihren Anteil an dem Nachlass zu verfügen, jedoch nicht über einzelne, zum Nachlass zählende Gegenstände. In der Praxis kommt diesem Recht nur geringe Bedeutung zu. Kommt es aber zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen den Beteiligten der Erbengemeinschaft, kann der Anteilsverkauf an darauf spezialisierte Unternehmen eine Möglichkeit darstellen, den Streitigkeiten aus dem Weg zu gehen. Allerdings wird in der Regel nur ein Bruchteil des tatsächlichen Werts des Erbteils gezahlt.
Verfügung über ein Grundstück
Oliver Kunze ist an einer Erbengemeinschaft zu 50 % beteiligt, deren Vermögen im Wesentlichen aus einem Grundstück besteht. Kunze hat das Recht, über seinen Anteil an dem Nachlass zu verfügen; er kann aber nicht über eine Hälfte des Grundstücks verfügen.
Übrigens bedarf eine Verfügung über seinen Anteil an dem Nachlass der notariellen Beurkundung.
3.6.4.2 Steuerliche Folgen
Erbschaftsteuer
Der Erbengemeinschaft kommt nach dem ErbStG keine partielle Steuerfähigkeit zu. Wer Steuerpflichtiger ist, ist in § 2 ErbStG festgelegt. Die Erbengemeinschaft ist dort nicht genannt. Steuerpflichtige sind vielmehr die an der Erbengemeinschaft Beteiligten.
Allerdings lässt es § 31 ErbStG zu, dass die Miterben gemeinsam eine Steuererklärung abgeben dürfen, die allerdings von allen Beteiligten zu unterschreiben ist (vgl. § 31 Abs. 4 Satz 2 ErbStG). Dies führt aber nicht dazu, eine partielle Steuerrechtsfähigkeit der Erbengemeinschaft bei der Erbschaftsteuer annehmen zu können, denn hier wird nicht auf die Erbengemeinschaft abgestellt, sondern darauf, dass verschiedene Personen an einem Erbfall beteiligt sind. So können auch noch andere, nicht an der Erbengemeinschaft beteiligte Personen in die gemeinsame Steuererklärung einbezogen werden (vgl. § 31 Abs. 4 Satz 3 ErbStG). Auch ist die Möglichkeit, gemeinsam eine Steuererklärung abgeben zu können, nicht davon abhängig, ob die Erbengemeinschaft noch besteht oder bereits eine Auseinandersetzung stattgefunden hat.
Aufforderung des Finanzamts
Das Finanzamt hat nicht das Recht, von der Erbengemeinschaft eine gemeinsame Steuererklärung zu verlangen. Das Finanzamt kann nur zur Abgabe einer Einzelsteuererklärung auffordern. Die Beteiligten haben aber das Recht, statt Einzelsteuererklärungen zusammen eine Steuererklärung abzugeben, wenn sie das wünschen. Dann muss diese Steuererklärung von allen Beteiligten unterschrieben werden. Eine Verpflichtung dazu besteht nicht. Es besteht lediglich die Verpflichtung, Einzelsteuererklärungen abzugeben. Ist Testamentsvollstreckung angeordnet, ist von der zur Testamentsvollstreckung verpflichtete Person die Erbschafsteuererklärung einzureichen und die Steuerfeststellungen und -festsetzungen auch an diese bekanntzugeben. Achtung Haftungsfalle: Die Testamentsvollstreckung umfasst nicht die Einspruchsbefugnis! Soll beispielsweise gegen eine Erbschaftsteuerfestsetzung Einspruch eingelegt werden, muss dieser von den Betroffenen selbst eingelegt werden, wenn nicht die zur Testamentsvollstreckung berufene Person (oder eine andere Person) dazu bevollmächtigt wird. Ohne eine solchen Bevollmächtigung würde der Einspruch als unzulässig zurückgewiesen werden.
Ertragsteuer
Ertragsteuerlich ist bei der Erbengemeinschaft die Zeit vor und nach der Auseinandersetzung zu unterscheiden.
Vor Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft wird sie
- bei den Überschusseinkünften wie eine Bruchteilsgemeinschaft (vgl. § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO) behandelt und
- bei den Gewinneinkünften als Mitunternehmerschaft behandelt.
Nach erfolgtem ...