Leitsatz
1. Die Einzahlung von gefördertem Altersvorsorgevermögen auf einen nicht zertifizierten Bausparvertrag stellt auch dann eine förderschädliche wohnungswirtschaftliche Verwendung gemäß § 92a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Alternative 2 EStG dar, wenn infolge der hierdurch ermöglichten früheren Zuteilung der Bausparsumme erreicht werden soll, ein Darlehen zur Immobilienfinanzierung zinsersparend früher abzulösen.
2. Die Deutsche Rentenversicherung Bund (Zentrale Zulagenstelle für Altersvermögen) ist befugt, die Unwirksamkeit eines Bescheids über die Entnahme des Altersvorsorge-Eigenheimbetrags (§ 92b EStG) durch eigenständigen Verwaltungsakt festzustellen, sofern der Bescheid unter einer – bestandskräftig gewordenen – auflösenden Bedingung erlassen worden war und die Bedingung eingetreten ist.
Normenkette
§ 92a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 92b Abs. 1, § 93 Abs. 1, § 94 Abs. 2 EStG, § 120 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 2 AO, Art. 20 Abs. 3 GG
Sachverhalt
Zur Finanzierung seines selbstgenutzten Einfamilienhauses nahm der Kläger 2010 ein Annuitätendarlehen (Darlehen I) sowie einen Vorfinanzierungskredit für ein Bauspardarlehen (Darlehen II) auf. In Höhe des Darlehens II schloss er zeitgleich einen nicht nach dem AltZertG zertifizierten Bausparvertrag ab, der der Tilgung des Darlehens II dienen sollte. 2013 beantragte der Kläger bei der ZfA die Entnahme eines Altersvorsorge-Eigenheimbetrags gemäß § 92a EStG zur Entschuldung seiner Wohnimmobilie. In einem Bescheid von Ende 2013 gestattete die ZfA dem Kläger, unter der auflösenden Bedingung des späteren Nachweises einer wohnungswirtschaftlichen Verwendung der Mittel das geförderte Kapital zu entnehmen. Der Kläger nutzte hingegen sein Altersvorsorgevermögen nur zum Teil zur Rückführung des Darlehens I und zahlte das restliche Kapital auf seinen Bausparvertrag ein. Die ZfA stellte daraufhin rückwirkend die Unwirksamkeit ihres Bescheids über die Entnahme des Altersvorsorge-Eigenheimbetrags insoweit fest, als die Mittel nicht zur Ablösung des Darlehens I, sondern zur Auffüllung des Bausparguthabens eingesetzt worden waren. Es liege insoweit eine schädliche Verwendung vor. Über die Rückforderung der Mittel werde ein gesonderter Bescheid ergehen. Die hiergegen gerichtete Klage hatte Erfolg (FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 19.7.2018, 10 K 10247/16, Haufe-Index 12024271, EFG 2018, 1710).
Entscheidung
Die Revision der ZfA war aus den in den Praxis-Hinweisen dargestellten Gründen begründet. Das Urteil des FG wurde aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Hinweis
Neben der im zweiten Leitsatz für den Streitfall bejahten verfahrensrechtlichen Frage, unter welchen Voraussetzungen die ZfA befugt ist, die Unwirksamkeit des Bescheids über die Entnahme des Altersvorsorge-Eigenheimbetrags durch Verwaltungsakt festzustellen, hatte der X. Senat zu entscheiden, ob eine förderschädliche Verwendung des Altersvorsorgevermögens gegeben ist, wenn der Zulageberechtigte die Mittel auf einen nicht nach dem AltZertG zertifizierten Bausparvertrag überträgt.
1. Nach § 92a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG i.d.F. des Altersvorsorge-Verbesserungsgesetzes (AltvVerbg) vom 24.6.2013 (BGBl I 2013, 1667) kann der Zulageberechtigte das in einem Altersvorsorgevertrag gebildete und nach § 10a EStG oder nach dem XI. Abschnitt des EStG geförderte Kapital bis zum Beginn der Auszahlungsphase entweder unmittelbar für die Anschaffung oder Herstellung einer Wohnung oder zur Tilgung eines zu diesem Zweck aufgenommenen Darlehens verwenden.
2. Mit der alternativ zur Kapitalentnahme bei Anschaffung/Herstellung des Wohneigentums begünstigten Entschuldung wollte der Gesetzgeber gewährleisten, dass auch die Ablösung von Darlehen, deren Mittel der Finanzierung des Erwerbs dienten, vom Zweck des Altersvorsorge-Eigenheimbetrags – dem "mietfreien Wohnen" im Alter – erfasst wird. Dem Zulageberechtigten sollte es dadurch ermöglicht werden, die Zins- und Tilgungskosten aus der selbstgenutzten Wohnimmobilie zu senken. Eine begünstigte Entschuldung wird von der Finanzverwaltung auch dann angenommen, wenn das zu tilgende Darlehen der Umschuldung ursprünglicher Anschaffungs- bzw. Herstellungsdarlehen dient.
3. Der Aufbau von Bausparguthaben als solcher ist hingegen nicht als wohnungswirtschaftliche Verwendung i.S.v. § 92a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Alternative 2 EStG zu qualifizieren, denn hierdurch wird kein zum Zweck der Anschaffung oder Herstellung von Wohneigentum bereits aufgenommenes Darlehen getilgt.
4. Eine über den Wortlaut des § 92a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Alternative 2 EStG n.F. hinausgehende Auslegung des Merkmals einer Darlehenstilgung lehnt der X. Senat ab, da sie der gesetzlichen Systematik der Förderung privater Altersvorsorge widerspräche. Der gesetzlichen Förderungssystematik zufolge liegt nur im Fall einer Übertragung auf einen zertifizierten Bausparkombi-Kreditvertrag eine förderunschädliche Verwendung dieses Altersvorsorgevermögens vor.
5. Liegen die Voraussetzungen für eine förderunschädliche Übertragung von Altersvorsorgevermögen auf einen Altersvorsorgever...