Leitsatz
1. Der Sicherungsgeber führt mit der Übereignung beweglicher Gegenstände zu Sicherungszwecken unter Begründung eines Besitzmittlungsverhältnisses (§ 930 BGB) noch keine Lieferung an den Sicherungsnehmer gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1993, § 3 Abs. 1 UStG 1993 aus. Zur Lieferung wird der Übereignungsvorgang erst mit der Verwertung des Sicherungsguts, gleichgültig, ob der Sicherungsnehmer das Sicherungsgut dadurch verwertet, dass er es selbst veräußert, oder dadurch, dass der Sicherungsgeber es im Auftrag und für Rechnung des Sicherungsnehmers veräußert.
2. Falls der Sicherungsgeber es übernimmt, das Sicherungsgut im eigenen Namen, aber für Rechnung des Sicherungsnehmers zu verkaufen, führt er an den Käufer eine entgeltliche Lieferung i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1993 aus. Zudem greift § 3 Abs. 3 UStG 1993 ein; zwischen dem Sicherungsnehmer (Kommittent) und dem Sicherungsgeber (Kommissionär) liegt eine Lieferung vor, bei der der Sicherungsgeber (Verkäufer, Kommissionär) als Abnehmer gilt. Gleichzeitig erstarkt die Sicherungsübereignung zu einer Lieferung i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1993 des Sicherungsgebers an den Sicherungsnehmer. Es liegt ein Dreifachumsatz vor.
Normenkette
§ 1 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Abs. 1 und Abs. 3, § 18 Abs. 8 Nr. 2 UStG, § 51 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStDV
Sachverhalt
Die Klägerin, eine Bank, hatte den Erwerb zweier ihr von SG sicherheitshalber übereigneter Busse finanziert. SG war u.a. verpflichtet, auf Verlangen der Bank das Sicherungsgut zu verwerten oder bei der Verwertung mitzuwirken und alles, was er bei der Verwertung des Sicherungsguts erlangte (einschließlich USt), unverzüglich an die Bank herauszugeben.
SG stellte den Betrieb ein, verkaufte die Kfz; nach Eingang der Kaufsumme gab die Bank die Briefe frei.
Die Bank wehrte sich erfolglos gegen die Inanspruchnahme als Haftungsschuldner (§ 51 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStDV 1993).
Entscheidung
Die Revision der Klägerin hatte keinen Erfolg; denn nach dem festgestellten Sachverhalt hatte es SG übernommen, die Busse im Einverständnis mit und für Rechnung der Klägerin zu veräußern und ließ vereinbarungsgemäß den Bruttokaufpreis auf sein (des SG) Konto bei der Klägerin überweisen, aus dem sich die Klägerin befriedigte.
Bis zur Überweisung des Kaufpreises auf dieses Konto hielt die Klägerin die Kfz-Papiere zurück. Unter diesen Umständen schied die Überlegung aus, es liege eine Freigabe an den SG vor.
Hinweis
Nach der – durch § 13b Abs. 1 Nr. 2 UStG abgelösten – Regelung in § 18 Abs. 8 Nr. 2 UStG i.V.m. § 51 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStDV hat der Leistungsempfänger – d.h. hier der Sicherungsnehmer – für die Lieferung sicherungsübereigneter Gegenstände durch den Sicherungsgeber an den Sicherungsnehmer außerhalb des Konkursverfahrens die Umsatzsteuer von der Gegenleistung einzubehalten und abzuführen.
Der Leistungsempfänger haftet für diese Steuer (§ 55 UStDV).
Sowohl § 13b Abs. 1 Nr. 2 UStG als auch die Vorgängerregelung setzen eine Lieferung des Sicherungsgebers an den Sicherungsnehmer (SN) voraus. Auch die liegt vor:
1. Die Sicherungsübereignung selbst ist noch keine Lieferung an den Sicherungsnehmer. Zur Lieferung (zweite Lieferung) wird der Übereignungsvorgang – i.d.R. durch Besitzmittlungsverhältnis – erst,
- wenn der Sicherungsnehmer das Sicherungsgut mit dem Ziel seiner Befriedigung im eigenen Namen an Dritte veräußert oder
- wenn der Sicherungsgeber es übernimmt, das Sicherungsgut im eigenen Namen, aber für Rechung des Sicherungsnehmers zu verkaufen.
2. Verkauft der Sicherungsgeber den Gegenstand im eigenen Namen für Rechnung des Sicherungsnehmers, liefert er an den Käufer (erste Lieferung).
Gleichzeitig erstarkt dadurch die Sicherungsübereignung zu einer Lieferung i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG (s.o.: zweite Lieferung).
Weil der Sicherungsgeber für Rechnung des Sicherungsnehmers handelt, liegt zudem ein Fall des § 3 Abs. 3 UStG (Kommissionsgeschäft) vor. Zwischen dem Sicherungsnehmer (Kommittent) und dem Sicherungsgeber (Kommissionär) liegt eine Lieferung vor, bei der der Sicherungsgeber (Verkäufer, Kommissionär) als Abnehmer gilt (dritte Lieferung).
§ 3 Abs. 3 UStG ist mit seiner Verweisung zum Begriff "Kommissionsgeschäft" auf "§ 383 des Handelsgesetzbuchs" unscharf.
§ 383 HGB definiert nämlich nicht unmittelbar das Kommissionsgeschäft, sondern nur den (gewerbsmäßigen) Kommissionär.
Kommissionsgeschäfte i.S.d. HGB sind vielmehr sämtliche in §§ 383 bis 406 HGB genannte Geschäfte. Ein Kommissionsgeschäft i.S.d. § 3 Abs. 3 UStG liegt deshalb auch vor, wenn ein Kaufmann es übernimmt, im Betrieb seines Handelsgewerbes Waren für Rechnung eines anderen (des Kommittenten) im eigenen Namen zu kaufen oder zu verkaufen (vgl. § 406 Abs. 1 Satz 2 HGB).
In der 6. EG-RL heißt es im Übrigen schlicht: Als Lieferung gilt "die Übertragung eines Gegenstands aufgrund eines Vertrags über eine Einkaufs- und Verkaufskommission". Das kann im Einzelfall für den Steuerpflichtigen günstiger sein.
Beachten Sie: Eine Verwertung „für Rechnung des Sicherungsgebers liegt nicht nur vor, wenn der Si...