Leitsatz
Tritt bei Umwandlungen kraft Gesetzes ein Eigentumsübergang an Grundstücken ein, liegt ein Erwerbsvorgang gem. § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG vor, der mit der Eintragung der Umwandlung ins Handelsregister verwirklicht ist. Der Umwandlungsvertrag sowie die erforderlichen Zustimmungsbeschlüsse ergeben weder einzeln noch zusammen einen früheren Zeitpunkt der Verwirklichung.
Normenkette
§ 1 Abs. 1 Nr. 3, § 23 Abs. 4 GrEStG; § 123 Abs. 3 UmwG
Sachverhalt
1996 schloss eine Kommune mit ihrer Stadtwerke-GmbH einen Ausgliederungs- und Übernahmevertrag, durch den sie ihren Bäderbetrieb einschließlich der zugehörigen Grundstücke gegen Gewährung eines Geschäftsanteils auf die GmbH übertrug.
Die erforderlichen Zustimmungsbeschlüsse ergingen ebenfalls noch 1996. Die Handelsregistereintragung erfolgte dagegen erst 1997. Das FA besteuerte den Erwerbsvorgang gem. § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG mit einem Steuersatz von 3,5 %, da es annahm, er sei erst mit der Registereintragung 1997 i.S.d. § 23 Abs. 4 GrEStG verwirklicht worden. Allerdings bemaß es die Steuer nach dem anteiligen Nennwert des erhaltenen Geschäftsanteils.
Demgegenüber vertrat die Klägerin, eine Rechtsnachfolgerin der GmbH, die Ansicht, der Erwerbsvorgang sei bereits 1996 verwirklicht worden, da der Vertrag und die Zustimmungsbeschlüsse noch in dieses Jahr fielen. Deshalb sei noch der Steuersatz von 2 % anzuwenden.
Entscheidung
Der BFH hielt den Erwerbsvorgang erst mit der Registereintragung für verwirklicht und daher den Steuersatz von 3,5 % für zutreffend. Er verwies die Sache gleichwohl an das FG zurück, weil die Steuer nach dem noch festzustellenden Grundstückswert zu bemessen ist, § 8 Abs. 2 Nr. 2 GrEStG.
Hinweis
Für Erwerbsvorgänge nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG, deren Besonderheit darin besteht, dass nicht der Eigentumsübergang der Steuer unterliegt, sondern bereits die rechtsgeschäftliche Begründung eines Anspruchs auf Übereignung, hat der BFH ausgesprochen, dass ein Erwerbsvorgang i.S.d. § 23 GrEStG verwirklicht ist, wenn das auf einen Erwerbsvorgang abzielende Wollen in rechtsgeschäftliche Erklärungen umgesetzt worden ist, wenn also die Vertragspartner im Verhältnis zueinander gebunden sind, und zwar unabhängig davon, ob dieser Rechtsvorgang bereits die Entstehung der Steuer auslöst oder – etwa wegen der Regelung in § 14 GrEStG (aufschiebende Bedingung / noch ausstehende Genehmigung) – noch nicht (Urteil vom 17.9.1986, II R 136/84, BStBl II 1987, 35).
Diese ausdrücklich für Erwerbsvorgänge nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG geltende Aussage kann nicht auf solche Erwerbsvorgänge erstreckt werden, die nicht in einer rechtsgeschäftlichen Begründung von grunderwerbsteuerrechtlich relevanten (Übertrags-)Ansprüchen bestehen, sondern am Ende eines allerdings durch Rechtsgeschäft eingeleiteten Prozess kraft Gesetzes eintreten. Damit sind solche Sachverhalte gemeint, bei denen es im Rahmen von Umwandlungen kraft Gesetzes entweder zum Eigentumswechsel an Grundstücken – und damit zu einem Erwerbsvorgang nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG – oder zu einer neuen grunderwerbsteuerrechtlichen Zuordnung gem. § 1 Abs. 3 Nrn. 2 und 4 GrEStG gekommen ist. Zwar tritt mit Billigung des Umwandlungsvertrags durch sämtliche zu beteiligenden Anteilsinhaber in Gestalt der Zustimmungsbeschlüsse eine Bindung in der Weise ein, dass die Anteilsinhaber untereinander gebunden und die Leitungsorgane der beteiligten Rechtsträger angewiesen sind, die Umwandlung durchzuführen; dabei handelt es sich aber um einzelne Schritte des Umwandlungsverfahrens, die – anders als die anspruchsbegründenden Rechtsgeschäfte i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG – auch in ihrer Gesamtheit noch keinen Grunderwerbsteuertatbestand ausmachen.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 29.9.2005, II R 23/04