Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewerbeuntersagung. Festsetzung. Zwangsgeld. Insolvenz. Freigabe. Sperrwirkung. Verhältnis zwischen einem Insolvenzverfahren und einem gewerberechtlichen Untersagungsverfahren. Erlass einer Gewerbeuntersagungsverfügung während eines laufenden Insolvenzverfahrens. Zwangsweise Durchsetzung einer bestandskräftigen Gewerbeuntersagung während eines Insolvenzverfahrens. Folge einer insolvenzrechtlichen Freigabeerklärung. Anwandbarkeit des §12 Gewerbeordnung (GewO) nach insolvenzrechtlicher Freigabe eines Gewerbebetriebs
Normenkette
GewO § 12; InsO § 35 Abs. 2, §§ 21-22, 35 Abs. 2 Sätze 1-2, §§ 80, 260, 295 Abs. 2; VwGO § 80 Abs. 5; VwVG NRW § 55 Abs. 1; VwVG NRW § 63 Abs. 1 S. 1; VwVG NRW § 64 S. 1
Tenor
Der Antrag wird auf Kosten des Antragstellers abgelehnt.
Der Streitwert wird auf 5.000 Euro festgesetzt.
Gründe
Der zunächst gestellte Antrag,
die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers 7 K 3958/10 gegen die Zwangsgeldfestsetzung des Antragsgegners vom 23. August 2010 anzuordnen,
hat keinen Erfolg.
Die gemäß § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – gebotene Interessenabwägung fällt zu Lasten des Antragstellers aus, weil Überwiegendes dafür spricht, dass die Festsetzung des Zwangsgeldes und die Androhung eines weiteren Zwangsgeldes im Bescheid vom 23. August 2010 zu Recht erfolgt sind und sich die hiergegen gerichtete Klage voraussichtlich als unbegründet erweisen wird.
Die formellen Vollstreckungsvoraussetzungen liegen vor. Gemäß § 55 Abs. 1 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen – VwVG NRW – kann ein auf Handlung oder Unterlassung gerichteter Verwaltungsakt mit Zwangsmitteln durchgesetzt werden, wenn er unanfechtbar ist oder wenn ein gegen ihn eingelegtes Rechtsmittel keine aufschiebende Wirkung hat. Die Gewerbeuntersagungsverfügung vom 10. März 2009, um deren Durchsetzung es hier geht, ist unanfechtbar, weil der Antragsteller die Klage (7 K 1456/09) gegen die Ordnungsverfügung im Erörterungstermin vor der beschließenden Kammer am 29. April 2009 zurückgenommen hat. Entgegen der Auffassung des Antragstellers wurde das gegen die Gewerbeuntersagungsverfügung gerichtete Verfahren nicht durch den ebenfalls im Erörterungstermin geschlossenen Vergleich beendet. Bei diesem handelt es sich lediglich um eine zwischen den Beteiligten getroffene materielle Vereinbarung. Prozessuale Regelungen enthält diese nicht. Insbesondere trifft sie weder Regelungen zur Beendigung des Verfahrens noch steht sie dem Eintritt der mit der Rücknahme der Klage zwingend verbundenen Bestandskraft der Untersagungsverfügung entgegensteht. Zudem ist das festgesetzte Zwangsgeld in der Untersagungsverfügung ordnungsgemäß angedroht worden (§ 63 Abs. 1 Satz 1 VwVG NRW).
Nach Aktenlage spricht auch alles dafür, dass die Festsetzung des zuvor angedrohten Zwangsgeldes materiell zu Recht (§ 64 Satz 1 VwVG NRW) erfolgt ist. Denn das Gewerbe wurde vom Antragsteller auch nach Unanfechtbarkeit der Untersagungsverfügung und nach Ablauf der zunächst auf ein Jahr befristeten Duldung des Betriebes, zu der sich der Antragsgegner in der Vereinbarung vom 29. April 2009 verpflichtet hat, weiter ausgeübt. Aufgrund des Ablaufs der Frist kommt es auf eine eventuelle Aufhebung der Duldung nicht an.
Unabhängig vom rechtlichen Anknüpfungspunkt stand dem Antragsteller auch kein Anspruch auf Verlängerung der Duldung zu. Zwar hat der Antragsgegner entsprechend seiner Zusage zunächst ein Jahr lang darauf verzichtet, die Gewerbeuntersagung mit Zwangsmitteln durchzusetzen und dem Antragsteller somit trotz der Bestandskraft der Untersagungsverfügung eine Chance eingeräumt, seinen Gewerbebetrieb zu sanieren. Eine rechtliche Verpflichtung, die Gewerbeausübung weiter zu dulden, ergibt sich hieraus jedoch nicht. Die Beteiligten haben unter Ziffer 2. der Vereinbarung vom 29. April 2009 für die Zeit nach Ablauf der befristeten Duldung vielmehr Folgendes festgelegt: "(…) danach wird der Beklagte/Antragsgegner entscheiden, ob der Betrieb weiter geduldet und evtl. nach Ablauf der gesetzlichen Frist wiedergestattet werden kann. Sollte der Kläger/Antragsteller mit den in Ziffer 1. beschriebenen Ratenzahlungen in Verzug kommen, ist der Beklagte/Antragsgegner (…) an die Duldungszusage nicht mehr gebunden.” Mit Blick hierauf war es sachgerecht, den Betrieb nicht weiter zu dulden, denn der Antragsteller ist den unter Ziffer 1. der Vereinbarung niedergelegten Ratenzahlungsverpflichtungen nicht vollständig nachgekommen. Rückstände bei öffentlich-rechtlichen Gläubigern sind nach anfänglicher Reduzierung zum Teil wieder angewachsen. Dies war jedenfalls mit Blick auf die Rückstände bei der Knappschaft C. T. auch schon vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Antragstellers mit Beschluss des Amtsgerichts C1. vom 30. April 2010 (Az.: 80 IN 127/10) bzw. vor der Anordnung von Sicherungsmaßnahmen nach §§ 21, 22 der Insolvenzordnung – InsO – mit Beschluss vom 24. Februar 2010 der Fall. Die dort bestehenden Rü...