Leitsatz
* Ist Empfänger der vGA eine mehreren Gesellschaftern nahe stehende Person, ist die vGA dem Gesellschafter zuzurechnen, der die Zuwendung veranlasst hat.
* Leitsatz nicht amtlich
Normenkette
§ 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG
Sachverhalt
Der Kläger war mit 30 %, die Mitgesellschafterin G zu 70 % am Stammkapital einer GmbH beteiligt. Alleiniger Geschäftsführer war der Kläger. G war – wie auch ihr Lebenspartner und Bruder M des Klägers – bei der Gesellschaft angestellt.
M war bevollmächtigt, die GmbH allein zu vertreten. Aufgrund dieser Befugnis und mit Wissen der G hatte er in den Streitjahren Materialverkäufe zu Lasten der GmbH auf eigene Rechnung getätigt.
Die der GmbH dadurch entgangenen Gewinne schätzte das FA und rechnete sie beiden Gesellschaftern entsprechend deren Beteiligung an der GmbH als vGA zu. Das FG gab der Klage statt (EFG 2003, 849).
Entscheidung
Der BFH bestätigte das Urteil. Eine vGA sei bei mittelbarer Zuwendung an nahe stehende Personen nur dann anzunehmen, wenn andere Ursachen als das Nahestehen für die Zuwendung auszuschließen seien. Danach könnte die vGA dem Kläger nicht zugerechnet werden. Denn diesem hätten die Schwarzgeschäfte – anders als der Mitgesellschafterin G – nicht nachgewiesen werden können.
Hinweis
Der VIII. Senat des BFH hat sich erst vor kurzem mit der Frage befasst, wann die Zuwendung des Minderheitsgesellschafter- Geschäftsführers einer Kapitalgesellschaft an eine ihm nahe stehende Person als mittelbare verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) anzusehen ist (BFH, Urteil vom 25.5.2004, VIII R 4/01, BFH-PR 2005, 48). Auch das Besprechungsurteil betrifft einen solchen Fall. Allerdings mit der Besonderheit, dass die begünstigte Person beiden Gesellschaftern nahe stand.
Zu entscheiden war deshalb, ob in einem solchen Fall die vGA beiden Gesellschaftern – ggf. entsprechend ihrer Beteiligung am Nennkapital der Gesellschaft – zuzurechnen war oder nur einem Gesellschafter und nach welchen Zurechnungsgrundsätzen in diesem Fall zu verfahren ist. Dabei ist als Grundsatz davon auszugehen, dass es für die Zurechnung ohne Bedeutung ist, ob die Gesellschafter selbst ein vermögenswertes Interesse an der Zuwendung haben (vgl. BFH, Urteil vom 18.12.1996, I R 139/94, BStBl II 1997, 301 zu II. A. 1.b der Gründe). Dies kann aber ausnahmsweise dann anders sein, wenn von der vGA zwei oder mehrere Gesellschafter betroffen sein können. Soweit ersichtlich hatte der BFH bisher nur einmal einen solchen Fall zu entscheiden; es ging dort um die Zuwendung an einen nahe stehenden Mitgesellschafter. Er hat dazu ausgeführt, die vGA sei hier dem begünstigten Gesellschafter zuzurechnen, es sei denn, es ergebe sich aus den Umständen, dass diesem auch der andere Gesellschafter etwas zuwenden wollte (Urteil vom 29.9.1987, VIII R 8/77, BStBl II 1982, 248).
Diese Feststellung ist nach den Grundsätzen des Indizienbeweises zu treffen. Der für die Zuwendung an nahe stehende Personen heranzuziehende Beweis des ersten Anscheins gilt hier nicht. Davon muss man dann aber auch für den Fall ausgehen, dass nach den Umständen des Falls anzunehmen ist, dass nur einer der Mitgesellschafter der nahe stehenden Person etwas zuwenden wollte. Es handelt sich dann um eine mittelbare Zuwendung an diesen Gesellschafter.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 22.2.2005, VIII R 24/03