Leitsatz
1. Aus steuerrechtlicher Sicht ist es nicht zu beanstanden, ein Versorgungsversprechen der Kapitalgesellschaft nicht von dem endgültigen Ausscheiden des Begünstigten aus dem Dienstverhältnis als Geschäftsführer, sondern allein von dem Erreichen der Altersgrenze abhängig zu machen. In diesem Fall würde ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter allerdings grundsätzlich verlangen, entweder das Einkommen aus der fortbestehenden Tätigkeit als Geschäftsführer auf die Versorgungsleistung anzurechnen oder den vereinbarten Eintritt der Versorgungsfälligkeit – ggf. unter Vereinbarung eines nach versicherungsmathematischen Maßstäben berechneten Barwertausgleichs – aufzuschieben, bis der Begünstigte endgültig seine Geschäftsführerfunktion beendet hat (Bestätigung der Senatsurteile vom 05.03.2008 ‐ I R 12/07, BFHE 220, 454, BStBl II 2015, 409, und vom 23.10.2013 ‐ I R 60/12, BFHE 244, 256, BStBl II 2015, 413).
2. Wird allerdings nach dem Eintritt des Versorgungsfalles neben der Versorgungsleistung bei voller Weiterbeschäftigung als Geschäftsführer für diese Tätigkeit lediglich ein reduziertes Gehalt gezahlt, liegt nach der Maßgabe eines hypothetischen Fremdvergleichs dann keine gesellschaftliche Veranlassung vor, wenn die Gehaltszahlung die Differenz zwischen der Versorgungszahlung und den letzten Aktivbezügen nicht überschreitet (Fortentwicklung der bisherigen Senatsrechtsprechung).
Normenkette
§ 8 Abs. 3 Satz 2 KStG, § 10d Abs. 4 Sätze 4 und 5 EStG, § 40 Abs. 2, § 96 Abs. 1 Satz 2 FGO
Sachverhalt
Unternehmensgegenstand der im Jahr 1983 gegründeten klagenden GmbH ist die ingenieurmäßige Beratung. Ihr alleiniger Gesellschafter ist K, geboren am …1942. K war seit der Gründung zugleich Geschäftsführer. Sein Geschäftsführeranstellungsvertrag sah ein laufendes Gehalt und eine Tantieme vor. Das monatliche Bruttogehalt wurde zum 1.1.2007 auf 8.000 EUR angehoben (Gesamtvergütung im Jahr 2009: 161.686 EUR).
Am 28.12.1994 erhielt K von der Klägerin eine Versorgungszusage über ein monatliches Ruhegehalt von 4.500 DM. Voraussetzung war, dass der Geschäftsführer nach Vollendung des 65. Lebensjahres aus dem Dienst ausscheidet. Nach Änderung der Versorgungszusage am 29.6.2007 lautete die entsprechende Regelung wie folgt:
"Wenn Sie nach Vollendung des 68. Lebensjahres das Arbeitsverhältnis beenden, haben Sie Anspruch auf eine lebenslange Altersrente. Die Altersrente beträgt monatlich € 2.300,00."
Zum 31.8.2010 wurde der Geschäftsführeranstellungsvertrag durch Kündigung beendet und K als Geschäftsführer abberufen. Seine Gesamtvergütung betrug in diesem Jahr 106.864 EUR (einschließlich 9.200 EUR Versorgungszahlungen für die Monate September bis Dezember 2010).
Am 31.3.2011 wurde K erneut zum Geschäftsführer der Klägerin bestellt und im Handelsregister eingetragen. Nach dem Anstellungsvertrag vom 28.2.2011 erhielt er ab 1.3.2011 ein monatliches Bruttogehalt von 1.000 EUR sowie eine Weihnachtsgratifikation in Höhe eines Monatsgehalts. Darüber hinaus sah die Vereinbarung vor, dass die Versorgungszahlungen unberührt bleiben.
Im KSt-Bescheid für das Jahr 2015 (Streitjahr) setzte das FA die KSt auf 0 EUR fest. Unter Berücksichtigung der Ergebnisse einer LSt-Außenprüfung wurden dabei die zusätzlich zum Geschäftsführergehalt (13.384 EUR) angefallenen Versorgungszahlungen als vGA berücksichtigt (28.864 EUR).
Während des hiergegen gerichteten Einspruchsverfahrens erließ das FA einen nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO geänderten KSt-Bescheid 2015 sowie einen Bescheid zur gesonderten Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur KSt auf den 31.12.2015. Den Einspruch wies das FA als unbegründet zurück.
Das FG gab der Klage statt (FG Münster, Urteil vom 25.7.2019, 10 K 1583/19 K, Haufe-Index 13404991, EFG 2019, 1620).
Entscheidung
Der BFH hat das FG-Urteil bestätigt und die Revision des FA zurückgewiesen. Wegen der Gründe kann auf die Praxis-Hinweise Bezug genommen werden.
Hinweis
1. Die Beteiligten streiten über die in der Praxis sehr bedeutsame Frage, ob die an den beherrschenden Gesellschafter einer GmbH gezahlte Altersversorgung bei Wiederaufnahme der Geschäftsführertätigkeit als verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) einkommenserhöhend zu berücksichtigen ist.
2. Der BFH war bisher relativ streng verfahren, wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH nach Erreichen der Pensionsgrenze und Bezug seiner Altersversorgung weiter im Unternehmen gegen Zahlung einer Vergütung tätig war. Der BFH erachtete ein solches Verhalten grundsätzlich als nicht fremdüblich und ging vom Vorliegen einer vGA aus. Er stellte hierbei darauf ab, dass ein gedachter ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter einer Kapitalgesellschaft verlangt hätte, dass entweder das Einkommen aus der fortbestehenden Tätigkeit als Geschäftsführer auf die Versorgungsleistung angerechnet oder dass der vereinbarte Eintritt der Versorgungsfälligkeit – ggf. unter Vereinbarung eines nach versicherungsmathematischen Maßstäben berechneten Barwertausgleichs – aufgeschoben wird, bis der ...