Dipl.-Kfm. Jens Schönfeld
1. Doppelbesteuerung und EG-Recht
Literatur
BASSLER, Zu den "Steuerspezifika" der Grundfreiheiten des EG-Vertrages, IStR 2005 (erscheint demnächst); BEUL, Beschränkung europäischer Niederlassungsfreiheit und Art. 220 EGV, IStR 1997, 1 ff.; CORDEWENER/SCHNITGER, Europarechtliche Vorgaben für die Vermeidung der internationalen Doppelbesteuerung, StuW 2006 (in Vorbereitung); CORDEWENER, Europäische Grundfreiheiten und nationales Steuerrecht, 2002; DAUTZENBERG, Unternehmensbesteuerung im EG-Binnenmarkt, 1997, S. 688 ff.; DAUTZENBERG, Doppelbesteuerung und EG-Vertrag, DB 1994, 1542 ff.; ENGLISCH, Dividendenbesteuerung, 2005, S. 251 ff.; FARMER, EC Law and National Rules on Direct Taxation, EC Tax Review 1998, 13 ff.; HERZIG, Besteuerung der Unternehmen in Europa, DStJG 19 (1996), 121 ff.; HEYDT, Einfluss des Gemeinschaftsrechts auf die Doppelbesteuerung, in: Haarmann (Hrsg.), Auslegung und Anwendung von Doppelbesteuerungsabkommen, 2004, 31 ff.; HEYDT, Das Verbot der Doppelbesteuerung – ein rechtsverbindlicher Bestandteil des Binnenmarktes, EuZW 2000, 33; M. LANG, Doppelbesteuerungsabkommen und Gemeinschaftsrecht, in: FS Rädler, 1999, 429 ff.; LEHNER/REIMER, Generalthema I: Quelle versus Ansässigkeit – Wie sind die grundlegenden Verteilungsprinzipien des Internationalen Steuerrechts austariert?, IStR 2005, 542 ff.; LEHNER, Beseitigt die neue Verfassung für Europa die Verpflichtung der Mitgliedstaaten zur Vermeidung der Doppelbesteuerung, IStR 2005, 397 ff.; LEHNER, Das Territorialitätsprinzip im Lichte des Europarechts, in: FS Wassermeyer, 2005, 241 ff.; LEHNER, Der Einfluss des Europarechts auf die Doppelbesteuerungsabkommen, IStR 2001, 329 ff.; LIEBER in: Herrmann/Heuer/Raupach, § 26 KStG, Rz. 4; MÖSSNER/KELLERSMANN, Grenzenlose Steuern – Fiktion oder Wirklichkeit, DVBl. 1995, 968 ff.; RÄDLER, Entspricht unser Außensteuerrecht der Neuordnung unserer Außenwirtschaft im Gemeinsamen Markt, StuW 1960, 729 ff.; RANDELZHOFER/FORSTHOFF in: Grabitz/Hilf, Das Recht der Europäischen Union, Vor Art. 39–55 EG, Rz. 251 ff.; SCHERER, Doppelbesteuerung und Europäisches Gemeinschaftsrecht, 1995; RÖDDER/SCHÖNFELD, Meistbegünstigung und EG-Recht, IStR 2005, 523 ff.; SCHÖN, Besteuerung im Binnenmarkt – die Rechtsprechung des EuGH zu den direkten Steuern, IStR 2004, 289 ff.; SCHÖNFELD in: Wassermeyer/Andresen/Ditz, Betriebsstättengewinnermittlung, 2005, Rz. 1119 ff.; SCHÖNFELD, Hinzurechnungsbesteuerung zwischen Steuerwettbewerb und Europäischen Grundfreiheiten, StuW 2005, 158 ff.; SCHÖNFELD, Hinzurechnungsbesteuerung und Europäisches Gemeinschaftsrecht 2005; VAN THIEL, Het direct werkende Europese gemeenschapsrecht en het inkomstenbelastingrecht en de belastingverdragen van de lidstaten, Tidschrift Fiscaal Ondernemingsrecht 2001, 78 ff.; TUMPEL, Europarechtliche Besteuerungsmaßstäbe für die grenzüberschreitende Organisation und Finanzierung von Unternehmen, DStJG 23 (2000), 321 ff.; VOGEL, Which Method Should the European Community Adopt for the Avoidance of Double Taxation, IBFD-Bulletin 2002, 4 ff.; WASSERMEYER, Die Vermeidung der Doppelbesteuerung im Europäischen Binnenmarkt, DStJG 19 (1996), 151 ff.; WASSERMEYER, Das Fehlen von Erbschaftsteuer-Doppelbesteuerungsabkommen innerhalb der EU, EuZW 1995, 813; WATTEL, Red Herrings in Direct Tax Cases before the ECJ, Legal Issues of Economic Integration, 2/2004, 81 ff.; WESSEL, Doppelbesteuerung und EWG-Vertrag, 1988.
a) Doppelbesteuerung im Verhältnis zu Mitgliedstaaten
Rz. 1
Binnenmarktkonzept und Doppelbesteuerung. Mit der Unterzeichnung des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft haben die Mitgliedstaaten die (klassisch-)neoklassische Vorstellung von einer Wirtschaftsordnung in verbindliche Rechtssätze gegossen, über eine liberale Öffnung der nationalen Faktor- und Gütermärkte den Wohlstand der Nationen zu sichern und zu mehren. Ungehindert von nationalen Grenzen sollen die an einer grenzüberschreitenden Wertschöpfung interessierten Akteure denjenigen Ort frei wählen können, der für den Einsatz ihrer Produktionsfaktoren die optimalen Standortbedingungen bereit hält. Konsequent fordert Art. 14 Abs. 2 EG daher die Schaffung eines Binnenmarktes, in welchem "der freie Verkehr von Waren, Personen, Dienstleistungen und Kapital (...) gewährleistet ist". Dieses Konzept von einem einheitlichen Binnenmarkt büßt jedoch erheblich an Effektivität ein, wenn die intendierte grenzüberschreitende Wertschöpfung einer Doppelbesteuerung ausgesetzt ist. Denn auch ohne nähere Untersuchung lässt sich die Feststellung treffen, dass Doppelbesteuerung zu unerwünschten Wettbewerbsverzerrungen führt. Folgerichtig wird deshalb im Schrifttum der eindeutige Befund formuliert, dass – mit den Worten von LEHNER – "Doppelbesteuerung binnenmarktwidrige Wettbewerbshindernisse verursacht". Und es ist darüber hinaus wenig verwunderlich, dass sowohl der EG-Vertrag in Art. 293 als auch der EuGH in der Rechtssache "Gilly" die Beseitigung der Doppelbesteuerung als (objektives) gemeinschaftsrechtliches Ziel formuli...