Leitsatz
Unterrichtsleistungen an privaten Schulen und anderen allgemeinbildenden oder berufsbildenden Einrichtungen sind nur dann nach § 4 Nr. 21 Buchst. b, bb UStG 1999 steuerfrei, wenn sie von einem selbstständigen Lehrer persönlich – und nicht durch von diesem beauftragte selbstständige Dozenten – erbracht werden.
Normenkette
§ 3 Abs. 11, § 4 Nr. 21 Buchst b, bb UStG 1999, Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i und j der 6. EG-RL
Sachverhalt
Die Klägerin (Diplom-Pädagogin) war im Streitjahr (2002) im Bereich der Erwachsenenbildung tätig und Inhaberin des "Privaten Bildungsinstituts ..." (Institut). Die Klägerin hat u.a. an "anerkannte" Einrichtungen mithilfe von freien Mitarbeitern Unterrichtsleistungen erbracht. Weder der Klägerin noch dem "Institut" war eine Bescheinigung i.S.d. § 4 Nr. 22 Buchst. a, bb des UStG 1999 erteilt worden.
Das FA behandelte diese Leistungen nicht als steuerfrei. Das sah das FG auch so (EFG 2005, 987).
Entscheidung
Die Revision hatte keinen Erfolg. Die wesentlichen Gründe ergeben sich aus den Praxis-Hinweisen. Zwar waren die Dozenten, deren sich die Klägerin zur Erfüllung ihrer Verpflichtung gegenüber den "anerkannten" Einrichtungen bedient hat, selbstständige Lehrer. Diese haben ihre Leistungen aber (lediglich) gegenüber der Klägerin erbracht. Vergeblich meinte die Klägerin, es handle sich – weil sie die von den Einrichtungen an sie gezahlten Entgelte an die Dozenten "weitergeleitet" habe – um einen Fall der Leistungskommission. § 3 Abs. 11 UStG setzt voraus, dass der Unternehmer für Rechnung eines anderen im eigenen Namen eine sonstige Leistung besorgt. Die Klägerin handelte jedoch bei der Ausführung ihrer Leistungen an die Einrichtungen im eigenen Namen und für eigene Rechnung.
Hinweis
1. Steuerfrei sind nach § 4 Nr. 21 Buchst. b, bb UStG 1999 nur die Leistungen von Einrichtungen, die von der zuständigen Landesbehörde "anerkannt" sind. Leistungen an eine "anerkannte" Einrichtung sind nicht befreit.
2. § 4 Nr. 21 Buchst. b, bb UStG 1999 befreit nur die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Unterrichtsleistungen selbstständiger Lehrer ≪!?th=98%≫an "anerkannten" privaten Schulen und anderen allgemeinbildenden oder berufsbildenden Einrichtungen. Das Tatbestandsmerkmal "unmittelbar" bezieht sich nicht auf den Inhalt der Leistungen, sondern beschreibt die Art und Weise, in der die Leistungen bei der Erfüllung des Schulzwecks und Bildungszwecks der Einrichtung eingesetzt werden müssen, d.h. es dienen solche Leistungen unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck, die ihn nicht nur ermöglichen, sondern ihn selbst bewirken. Es werden deshalb nur die von selbstständigen Lehrern persönlich – und nicht durch von diesen beauftragte selbstständige Dozenten – erbrachten Unterrichtsleistungen von dieser Vorschrift erfasst, wenn diese sie an einer "anerkannten" Einrichtung (also unmittelbar) leisten.
3. Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der 6. EG-RL umfasst zwar nach dem EuGH-Urteil "Haderer" nicht nur Unterricht, der zu einer Abschlussprüfung zur Erlangung einer Qualifikation führt oder eine Ausbildung im Hinblick auf die Ausübung einer Berufstätigkeit vermittelt; er schließt vielmehr (auch) andere Tätigkeiten ein, bei denen die Unterweisung in Schulen und Hochschulen erteilt wird, um die Kenntnisse und Fähigkeiten der Schüler oder Studenten zu entwickeln, sofern diese Tätigkeiten nicht den Charakter bloßer Freizeitgestaltung haben. Anders als in Buchst. i ist die berufliche Fortbildung in Buchst. j (Befreiung von Unterricht durch Privatlehrer) nicht erwähnt. Der EuGH stellt in "Haderer" klar, dass Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i und j der 6. EG-RL zusammen kein System bilden. Befreit sind nur die einzeln aufgeführten und genau beschriebenen Tätigkeiten. Das steht einer erweiternden Auslegung entgegen.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 23.08.2007, V R 10/05