Rz. 10

[Autor/Stand] Bei der Abgrenzung der bedeutsamen Unrechtstatbestände, die den Kernbereich des Strafrechts bilden, von den weniger bedeutsamen orientierte sich der Gesetzgeber an folgendem Maßstab: Nur solche Verfehlungen sollten mit Strafe bedroht werden, die mit solchen Straftaten vergleichbar sind, die auch nach dem Entwurf 1962 des StGB mit Strafe bedroht waren[2].

 

Rz. 11

[Autor/Stand] Für die Umwandlung der leichtfertigen Steuerverkürzung in eine Ordnungswidrigkeit (§ 404 AO 1968, heute § 378 AO) war vor allem maßgebend, dass das StGB bis dahin keine fahrlässig begehbaren Vermögensdelikte kannte. Dennoch ist gerade diese kriminalpolitische Entscheidung auf Widerstand gestoßen. Man hatte vor allem geltend gemacht, dass die leichtfertige Steuerverkürzung praktisch die häufigste Steuerverfehlung sei und der durch sie hervorgerufene Nachteil für das Steueraufkommen ebenso groß sein könne wie bei einer vorsätzlich begangenen Steuerverkürzung. Außerdem sei gerade die Grenze zwischen bedingtem Vorsatz (§ 370 AO) und Leichtfertigkeit (§ 378 AO) besonders schwer zu ziehen. Die Neuregelung führe unter diesen Umständen zu der Gefahr, dass das Steueraufkommen nicht mehr in ausreichender Weise geschützt sei[4].

Die Umwandlung in eine Ordnungswidrigkeit war jedoch sachlich vertretbar, weil dieser Tatbestand von jeher nur mit Geldstrafe bedroht war und die nun zu verhängende Geldbuße im Höchstmaß dem Sanktionsrahmen der Geldstrafe entspricht. Außerdem bleibt ein verstärkter Schutz des Steueraufkommens gegenüber sonstigem Vermögen als Schutzgut erhalten. Lässt sich z.B. beim Betrug bedingter Vorsatz nicht nachweisen, geht der Täter straffrei aus. Bei der Steuerverkürzung bleibt die Ahndung der Tat als Ordnungswidrigkeit möglich. Zu berücksichtigen ist auch, dass das neue Bußgeldverfahren des OWiG 1968 ohne Schwierigkeiten den Übergang vom Straf- zum Bußgeldverfahren und umgekehrt ermöglicht.

 

Rz. 12

[Autor/Stand] Für die Umwandlung der Steuergefährdung in eine Steuerordnungswidrigkeit (§ 406 AO 1968, heute § 379 AO) war entscheidend, dass die Absicht, eine Steuerverkürzung zu ermöglichen, im gesetzlichen Tatbestand des § 379 AO nicht mehr enthalten ist und dieser Tatbestand als vorsätzlich oder leichtfertig begehbares Gefährdungsdelikt ausgestaltet wurde. Die früher vorgesehene Gefängnisstrafe war niemals verhängt worden, so dass man auf sie verzichten konnte.

 

Rz. 13

[Autor/Stand] Bei den Tatbeständen der Gefährdung von Abzugsteuern, der Verbrauchsteuergefährdung, der Gefährdung von Eingangsabgaben und der unbefugten Hilfeleistung in Steuersachen handelte es sich um die Verletzung von bloßen Ordnungsvorschriften. Die Umwandlung in Ordnungswidrigkeiten (§§ 406–409 AO 1968, heute §§ 380382 AO, § 160 StBerG) war daher unproblematisch.

[Autor/Stand] Autor: Heuel, Stand: 01.07.2023
[2] BT-Drucks. V/32 = IV/650.
[Autor/Stand] Autor: Heuel, Stand: 01.07.2023
[4] Nüse, JR 1969, 1.
[Autor/Stand] Autor: Heuel, Stand: 01.07.2023
[Autor/Stand] Autor: Heuel, Stand: 01.07.2023

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