Rz. 1
Zur Ermittlung des Werts bebauter Grundstücke sieht das BewG neben dem Ertragswertverfahren (§§ 78–82 BewG) als zusätzliche Bewertungsmethode das Sachwertverfahren (§§ 83–90 BewG) vor. Die Abgrenzung des Anwendungsbereichs zwischen beiden Verfahren wird im Einzelfall durch § 76 BewG geregelt (vgl. Kommentierung zu § 76 BewG). Danach gilt für die Einheitsbewertung der bebauten Grundstücke im allgemeinen das Ertragswertverfahren in Form des sog. Reinertragswertverfahrens (vgl. Kommentierung zu § 78 BewG). Die Anwendung des Ertragswertverfahrens führt im Verhältnis zum Sachwertverfahren grundsätzlich zu einem niedrigeren Wertniveau.
Rz. 2
Das Nebeneinander von Ertragswert- und Sachwertverfahren bei bebauten Grundstücken beruht auf der Erwägung, dass sich zwar für viele, aber nicht für alle bebauten Grundstücke eine übliche Jahresmiete verhältnismäßig leicht ermitteln oder anhand ausreichender Angaben für vermietete Vergleichsobjekte schätzen lässt. Das Sachwertverfahren ist subsidiär anzuwenden, wenn sich das bebaute Grundstück wesentlich von der Mehrzahl der im Ertragswertverfahren zu bewertenden bebauten Grundstücke unterscheidet. Die gesetzliche Benennung von Sachwert- und Ertragswertverfahren ist abschließend. Weitere Bewertungsverfahren für die Feststellung der Einheitswerte des Grundvermögens schließt das BewG aus. Sofern sich weder eine Jahresrohmiete noch nach § 79 Abs. 2 BewG eine übliche Miete schätzen lässt, ist für entsprechende Grundstücke nicht der Weg in eine an freien Maßstäben ausgerichtete Schätzung des Einheitswerts eröffnet, sondern es kommt in diesem Fall ausschließlich das Sachwertverfahren zur Anwendung. Der BFH hat in st. Rspr. die Auffassung vertreten, dass die Zweigleisigkeit des Bewertungsverfahrens für Ein- und Zweifamilienhäuser sowie für bebaute Grundstücke ganz allgemein auf sachgerechten Erwägungen beruht. Das BVerfG hat die Verfassungsbeschwerde gegen das vorstehend bezeichnete BFH-Urteil nicht zur Entscheidung angenommen. Das FG Rheinland-Pfalz vertritt dagegen die Auffassung, dass die Zweigleisigkeit der Bewertung für die überwiegende Anzahl von Ein- und Zweifamilienhäusern im Ertragswertverfahren und für eine demgegenüber kleine Gruppe von Grundstücken im Sachwertverfahren infolge des beträchtlichen Niveauunterschiedes der nach dem BewG zuzuweisenden Werte wegen Verstoßes gegen Art. 3 GG verfassungswidrig sei.
Rz. 3
Während das Ertragswertverfahren in Form des sog. Reinertragswertverfahrens durch das BewG 1965 neu eingeführt wurde (s. § 78 BewG Rz. 1), wurde das Sachwertverfahren bei der Einheitsbewertung bereits vor Ergehen des BewÄndG 1965 angewendet. Der Verfahrensablauf des vor dem 1.1.1964 angewendeten Sachwertverfahrens – insb. des sog. Weil’schen Verfahrens – war aber nicht gesetzlich geregelt, sondern ergab sich aus Anweisungen des ehemaligen Reichsministers der Finanzen. Für die Wertermittlung von Fabrikgrundstücken, Hotelgrundstücken und Warenhausgrundstücken wurden in Anwendung der von der Rechtsprechung herausgebildeten Grundsätze einheitliche Richtlinien erlassen. Diesen Bestimmungen kommt für den im Beitrittsgebiet, in den sog. neuen Bundesländern, gelegenen Grundbesitz weiterhin aktuelle Bedeutung zu (vgl. Kommentierung zu § 129 BewG).
Rz. 4
Das Sachwertverfahren nach §§ 83 ff. BewG wird seit dem 1.1.1996 unmittelbar nur noch im Rahmen der Grundsteuer angewendet. Der für die Grundsteuer maßgebliche Betrag ist gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 GrStG durch Anwendung eines Tausendsatzes (Steuermesszahl) auf den Einheitswert zu ermitteln, der nach dem BewG im Veranlagungszeitraum für den Steuergegenstand maßgebend ist.
Rz. 5
Mit dem Gesetz zur Reform des Grundsteuer- und Bewertungsrechts (Grundsteuer-Reformgesetz – GrStRefG) wurde für Zwecke der Grundsteuer gemäß § 258 BewG die Regelung für die Bewertung von Grundstücken im Rahmen des Sachwertverfahrens eingefügt. Mit dem Verfahren soll auf der Grundlage einer typisierenden Ermittlung des Grundbesitzwertes die Bewertung einer Vielzahl von gemäß § 250 Abs. 3 BewG der Grundsteuer unterliegenden Grundstücken durchgeführt werden. Bei der Anwendung des Sachwertverfahrens gemäß §§ 258–260 BewG ermittelt sich der Gebäudesachwert getrennt vom Bodenwert auf der Grundlage von gewöhnlichen Herstellungskosten, sog. Normalherstellungskosten vgl. § 259 Abs. 1 BewG. Der Bodenwert ist wie bei einem unbebauten Grundstück nach Maßgabe des § 247 BewG zu ermitteln. Die Summe aus Gebäudesachwert und Bodenwert ergibt den vorläufigen Sachwert, der zur Ermittlung des Grundsteuerwerts mit einer Wertzahl nach § 260 BewG i.V.m. Anlage 43 zum BewG zu multiplizieren ist. Bauliche Anlagen, insb. die Außenanlagen (z.B. befestigte Wege und Plätze, Einfriedungen) sowie die sonstigen Anlagen sind mit dem Sachwert abgegolten und daher nicht gesondert zu bewerten. Ebenfalls nicht im Rahmen des Sachwertverfahrens zu berücksichtigen sind besondere objektspezifi...