Dipl.-Finw. (FH) Helmut Lehr
Leitsatz
Ein Vorsteuerabzug ist grundsätzlich nur aus Rechnungen des leistenden Unternehmers möglich. Leistender kann auch ein so genannter Strohmann sein. Stellt dann der Hintermann die Rechnung, besteht kein Recht auf Vorsteuerabzug
Sachverhalt
Undurchsichtige Leistungsbeziehungen haben in der Praxis oft zur Folge, dass der Vorsteuerabzug im Rahmen einer Sonder- bzw. Außenprüfung versagt wird. Die Finanzbehörden argumentieren dann meist damit, dass die Rechnung nicht vom richtigen - nämlich dem leistenden - Unternehmer ausgestellt worden ist. Im Streitfall hatte eine GmbH aus der Gerüstbaubranche geklagt, die sich diverser Subunternehmer bedient hatte. Einige dieser Rechnungen wurden von der Umsatzsteuersonderprüfung beanstandet, weil es sich bei der Rechnungsausstellerin nicht um die tatsächlich leistende Unternehmerin gehandelt habe. Nach umfangreichen Feststellungen der Steuerfahndungen sowie Zeugenaussagen, Vernehmungen etc., stellte sich heraus, dass die Subunternehmerin X offensichtlich weder an den Vertragsabschlüssen noch an der Ausführung der Verträge beteiligt war.
Entscheidung
Das Finanzgericht hat nochmals die höchstrichterliche Rechtsprechung bestätigt, wonach auch ein Strohmann leistender Unternehmer sein kann. Schuldner der Umsatzsteuer ist grundsätzlich derjenige, der als leistender Unternehmer nach außen aufgetreten ist, das heißt derjenige, der aus dem Rechtsgeschäft mit dem Leistungsempfänger berechtigt und verpflichtet ist. Im Streitfall hat das Finanzgericht Frau X vor dem Hintergrund der tatsächlichen Feststellungen nicht - auch nicht als vorgeschobene "Strohfrau" - als leistende Unternehmerin angesehen und den Vorsteuerabzug aus den von ihr erstellten Rechnungen somit versagt.
Hinweis
Das Finanzgericht hat sich ausdrücklich mit der aktuellen EuGH-Rechtsprechung (vgl. Urteil vom 12.1.2006, Rs. C-354/03 und Urteil vom 6.7.2006, Rs. C-439/04 und C-440/04) auseinandergesetzt und einen Gutglaubensschutz abgelehnt. Keinesfalls sei aus diesen Entscheidungen ein allgemeiner Gutglaubensschutz abzuleiten, der sich auf alle Tatbestandsmerkmale des Vorsteuerabzugs beziehe. Eine eventuell vorliegende subjektive gutgläubige Überzeugung des Leistungsempfängers kann nach Ansicht des Finanzgerichts ein bestimmtes, objektiv nicht erfülltes Merkmal (hier: Rechnung durch den Leistenden) ersetzen. Im Übrigen wurde im Streitfall festgestellt, dass die Klägerin offenbar gar nicht gutgläubig war. Insbesondere hatte sie nicht alle Maßnahmen getroffen, die vernünftiger Weise von einem Unternehmer verlangt werden können, um sicherzustellen, dass er nicht in einen Betrug verwickelt wurde. Zum einen wurde die Identität der als Unternehmerin aufgetretenen Person nicht durch Vorlage von Ausweispapieren überprüft, zum anderen ist man den Unklarheiten bzgl. der Angabe des zutreffenden Firmensitzes (es wurden zwei unterschiedliche Adressen verwendet) nicht nachgegangen. In ähnlichen finanzgerichtlichen Verfahren wird man sich auf eine mögliche Gutgläubigkeit des Klägers grundsätzlich nur dann berufen können, wenn die oftmals umfangreichen Ermittlungen des Finanzamtes keine eindeutig anderweitigen Schlüsse zulassen.
Link zur Entscheidung
FG Köln, Urteil vom 12.03.2008, 11 K 5870/04