Verfahrensabschließend fasste das FG Nürnberg nochmals einleitend die zuvor von der Rechtsprechung des EuGH und BFH entwickelten Grundsätze wie folgt zusammen:
a) Übertragung von Gesellschaftsanteilen nicht ausreichend
Allein die Inhaberschaft von Anteilen an einem Unternehmen reiche – im Gegensatz zur Inhaberschaft von Vermögenswerten dieses Unternehmens – nicht aus, um eine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit fortführen zu können.
Die bloße Veräußerung von Anteilen (share deal) ohne gleichzeitige Übertragung von Vermögenswerten versetze den Erwerber nicht in die Lage, eine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit als Rechtsnachfolger des Veräußerers fortzuführen. Damit komme eine Geschäftsveräußerung im Ganzen nicht in Betracht.
b) Übertragung von Gesellschaftsanteilen, die eine selbständige wirtschaftliche Betätigung ermöglichen
Anders sei es aber, wenn die übertragene Beteiligung unmittelbare oder mittelbare Eingriffe in die Verwaltung der Gesellschaft ermögliche, an der die Beteiligung übertragen wird. Dabei müssten die Eingriffe die Durchführung von Transaktionen einschließen, die der Mehrwertsteuer unterliegen. In diesem Fall liege ein selbständiger Geschäftsbereich vor, der im Rahmen einer Geschäftsveräußerung im Ganzen übertragen werden könne. Voraussetzung sei allerdings, dass die Tätigkeit vom Erwerber entsprechend fortgeführt wird.
c) Besonderheiten bei einer fortbestehenden Organschaft
Auch bei einer Organschaft reiche – wie das FG Nürnberg klarstellt – der bloße Erwerb von Anteilen an einer Organgesellschaft grds. nicht aus um eine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit des veräußernden bisherigen Organträgers fortführen zu können.
Etwas anderes gelte jedoch bei der Übertragung von Anteilen an einer Organgesellschaft, wenn zwischen dem Anteilserwerber und der bisherigen Organgesellschaft (weiterhin) eine umsatzsteuerliche Organschaft besteht bzw. (neu) begründet wird und der Anteilserwerber damit als neuer Organträger die aufgrund der bisherigen Organschaft bestehende eigenunternehmerische Tätigkeit des Veräußerers unverändert fortführen kann.
Die Beteiligung an einer Organschaft könne ein hinreichendes Ganzes i.S.e. Geschäftsveräußerung im Ganzen sein.
Die für die Fortführung des Geschäftsbetriebes notwendigen Betriebsgrundstücke können vom Erwerber auch angemietet werden, so dass bestehende Rechtsverhältnisse nicht unbedingt mitübertragen werden müssen.
d) Ergebnis des FG Nürnberg
In dem zu entscheidenden Fall sah jedoch das FG Nürnberg die Voraussetzungen einer Organschaft als nicht gegeben an und wies die Klage als unbegründet ab.
Es fehlte an einer organisatorischen Eingliederung, weil die Erwerberin nicht in der Lage war, die für sie aufgrund ihrer Mehrheitsbeteiligung bestehende Beherrschungsmöglichkeit in der Geschäftsführung der Organgesellschaft auszuüben. Im Einzelfall könnten zwar institutionell abgesicherte unmittelbare Eingriffsmöglichkeiten in den Kernbereich der laufenden Geschäftsführung eine organisatorische Eingliederung bewirken. Das bloße Recht zur Bestellung oder Abberufung von Geschäftsführern – wie vorliegend im Rahmen einer Geschäftsführerverordnung vereinbart – ohne weitergehende personelle Verflechtung über das Geschäftsführungsorgan reiche jedoch für eine organisatorische Eingliederung nicht aus.
Damit erhielt die Tochtergesellschaft ihre Selbständigkeit zurück. Die Erwerberin konnte das Unternehmen bzw. den selbständigen Unternehmensteil des Veräußerers nicht fortführen.
Es lag keine Geschäftsveräußerung im Ganzen vor. Folglich kam auch kein Vorsteuerabzug für die Beratungsleistungen im Zusammenhang mit der (steuerbefreiten) Veräußerung in Betracht.