Leitsatz
Die Aufteilung der Vorsteuerbeträge gemischt veranlasster Aufwendungen nach dem Verhältnis der Ausgangsumsätze stellt eine sachgerechte Schätzung nach § 15 Absatz 4 UStG dar. Eine Aufteilung im Schätzungswege ist nur für Vorsteuern zulässig, bei denen eine direkte Zuordnung zu Abzugs- oder Ausschlussumsätzen nicht möglich ist. Die Wahl einer sachgerechten Aufteilungsmethode obliegt dem Unternehmer. Das FG Hamburg erkennt die Vorsteueraufteilung nach dem Verhältnis der Ausgangsumsätze sowohl bei angeschafften als auch bei selbst hergestellten Gebäuden an. Die Wahl eines anderen Aufteilungsmaßstabes für neu erworbene Gegenstände oder sonstige Leistungen führt nicht zur Änderung des bisherigen Aufteilungsmaßstabes.
Sachverhalt
Im Urteilsfall vermietete der Steuerpflichtige ein selbst hergestelltes Wohn- und Bürohaus zum überwiegenden Teil als Studentenwohnungen und im Übrigen als Gewerbefläche. Während der Herstellungsphase erfolgte die Aufteilung der Vorsteuern im Nutzflächenverhältnis. Mit Vermietungsbeginn in 1995 ermittelte der Steuerpflichtige die abzugsfähigen Vorsteuerbeträge nach dem Verhältnis der vereinnahmten Bruttomieten. Direkt zuordenbare Vorsteuern wurden nicht im Schätzungswege aufgeteilt. Die Herstellung des Gebäudes war in den streitigen Besteuerungszeiträumen abgeschlossen. Die im Verhältnis der Ausgangsumsätze aufgeteilten Vorsteuerbeträge betrafen ausschließlich Aufwendungen des laufenden Geschäftsbetriebs. Das Finanzamt erkannte den geänderten Aufteilungsmaßstab nicht an und teilte die Vorsteuerbeträge im Verhältnis der Nutzflächen auf.
Entscheidung
Das FG Hamburg vertritt die Auffassung, dass hinsichtlich der Vorsteueraufteilung bei gemischt verwendeten Aufwendungen die Wahl der Schätzungsmethode Sache des Unternehmers ist. Das Finanzamt könne lediglich nachprüfen, ob die Schätzung sachgerecht war. Ein Aufteilungsverfahren nach § 15 Absatz 4 UStG sei nach Vorgaben der EG-Richtlinie als sachgerecht anzuerkennen, wenn die Zuordnung objektiv nachprüfbar und nach einheitlicher Methode erfolgt. Das Finanzgericht verweist auf BFH-Urteile vom 17.8.01 (V R 52/00, V R 75/00, V R 28/01, V R 32/01, BFH/NV 2002 S. 225 ff, BStBl II 2002 S. 833), in denen der BFH die Aufteilung der Vorsteuern nach dem Verhältnis der Ausgangsumsätze als sachgerechte Schätzung anerkennt. Die 6. EG-Richtlinie geht - Ausführungen des BFH zufolge - als Regel-Aufteilungsmaßstab von einem Umsatzschlüssel aus. Die Anwendung dieses Aufteilungsmaßstabs bei Vermietungsumsätzen sei sowohl bei angeschafften als auch bei selbst hergestellten Gebäuden zulässig. Die Wahl eines anderen Aufteilungsmaßstabes für neu erworbene Gegenstände und sonstige Leistungen zur Ausführung von (Vermietungs-)Umsätzen ist nach Ansicht des FG Hamburg zulässig. Der Steuerpflichtige verwende keinen geänderten Aufteilungsmaßstab für Vorsteuerbeträge, die mit der Herstellung des Gebäudes in Zusammenhang stehen. Der Unternehmer habe das gewählte sachgerechte Aufteilungsverfahren auch für die nachfolgenden Zeiträume der Besteuerung sowie für die Berichtigung nach § 15 a UStG zugrunde zu legen. Die Regelung des § 15 Absatz 4 UStG stelle nach Auffassung des FG seinem Wortlaut entsprechend auf den einen erworbenen Gegenstand bzw. die eine in Anspruch genommene Leistung ab.
Hinweis
Die Urteilsserie des BFH vom 17.8.01 erkennt die Rechtmäßigkeit der Aufteilung nach dem Verhältnis der Ausgangsumsätze bei selbst hergestellten Gebäuden an. Die Finanzverwaltung reagiert auf die Entscheidungen mit dem BMF-Schreiben vom 19.11.02 (IV B 7 - S 7306 - 25/02, BStBl I 2002 S. 1368). Nach Auffassung des BMF sind die Grundsätze der o. g. BFH-Urteile nicht über die entschiedenen Einzelfälle hinaus anzuwenden. Die Aufteilung von Vorsteuerbeträgen nach § 15 Absatz 4 UStG solle bei Gebäuden weiterhin regelmäßig nach dem Verhältnis der tatsächlichen Nutzflächen erfolgen. Das BMF begründet seine Ansicht mit der Aussage, dass die Anwendung des Umsatzsteuerschlüssels als Regel-Aufteilungsmaßstab durch die 6. EG-Richtlinie nicht zwingend vorgeschrieben und die Anwendung dieses Aufteilungsmaßstabes im Hinblick auf die Vorsteuerberichtigung nach § 15 a UStG bei einem sich ändernden Umsatzschlüssel nicht praktikabel sei. Ergänzend zu dem o. g. BMF-Schreiben hat die OFD Cottbus mit Verfügung vom 6.2.03 (S 7306 - 0004 - St 244, DStR 2003 S. 466) Stellung genommen. Als Vorsteuern i. S. d. § 15 Absatz 4 UStG kämen nur solche Vorsteuerbeträge in Betracht, die auf gemischt genutzte Gebäudeteile entfielen. Direkt zuordenbare Vorsteuern seien von der Aufteilung im Schätzungswege ausgenommen. Nach Ansicht der OFD Cottbus ist eine Vorsteueraufteilung nach dem Umsatzschlüssel nur im Verhältnis der fiktiven Nettokaltmieten denkbar. Es sei nicht zulässig, die tatsächlich vereinnahmten Mieten ins Verhältnis zu setzen. Besondere Umstände, wie beispielsweise Mietausfälle, Leerstand oder verzögerte Erstvermietung, müssten unberücksichtigt bleiben. Ferner sei die erstmalige Wahl des Aufteilungsschlüssels ...