a) Inhalt der Neuregelung
Rz. 178
Erweist sich die geänderte Verwaltungsauffassung zumindest aus Sicht der Rechtsprechung als folgenlos, ist aber auch zu beachten, dass der Gesetzgeber beabsichtigt, die neue Verwaltungssicht im Rahmen des JStG 2024 zu kodifizieren. So soll gem. Art. 20 Nr. 7 Buchst. b des Regierungsentwurfs zum JStG 2024, der nach Art. 45 Abs. 1 des Entwurfs am Tag nach der Verkündung in Kraft treten soll, nicht nur in § 15 Abs. 4 Satz 1 UStG das Wort zuzurechnen durch das Wort zuzuordnen ersetzt werden, was unionsrechtlich zutreffend erscheint, sondern zudem der bisherige § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG durch folgende Regelung ersetzt werden:
"Eine Ermittlung des nicht abziehbaren Teils der Vorsteuerbeträge nach dem Verhältnis der Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, zu den Gesamtumsätzen ist nur zulässig, wenn keine andere, präzisere wirtschaftliche Zuordnung möglich ist."
Rz. 179
Mit der Änderung ist nach der amtlichen Gesetzesbegründung"aus Gründen der Rechtsklarheit der Wortlaut in § 15 Absatz 4 Satz 3 UStG dahingehend zu präzisieren", dass mit dem in dieser Vorschrift "beschriebenen Verhältnis der Gesamtumsatzschlüssel ... gemeint ist.""Inhaltliche Änderungen" sollen "mit der Neuformulierung nicht verbunden" sein: "Insbesondere obliegt die Auswahl der anzuwendenden präziseren Methode – weiterhin – zunächst dem Unternehmer; das Finanzamt kann sie jedoch daraufhin überprüfen, ob sie sachgerecht ist."
b) Bewertung
Rz. 180
Folge des neuen § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG wäre, dass – entsprechend der neuen Verwaltungsauffassung (Rz. 175) – bei der Frage, ob der Unternehmer bei Eingangsleistungen für ein gemischt steuerfrei und steuerpflichtig vermietetes Gebäude den Vorsteuerabzug nach einem objektbezogenen Umsatzschlüssel oder einem Flächenschlüssel vornehmen kann, nur noch § 15 Abs. 4 Satz 1 und 2 UStG zu beachten sind. Insoweit steht dem Unternehmer entsprechend der BFH-Rechtsprechung aus dem Jahr 2001 (Rz. 149 f.) ein Wahlrecht (Rz. 162) zu, da beide Aufteilungsmaßstäbe als sachgerecht anzusehen sind. Es widerspricht der BFH-Rechtsprechung, den Unternehmer zu verpflichten, bei Anwendung dieser beiden Vorschriften den präziseren Aufteilungsmaßstab zu verwenden (Rz. 150). Eine abweichende Betrachtung ergibt sich auch nicht aus der Folgerechtsprechung zum BFH-Urteil v. 7.5.2014 (Rz. 163 ff.).
Rz. 181
Die gesetzliche Neuregelung würde somit bei einem unveränderten Inkrafttreten dazu führen, dass der bisherigen BFH-Rechtsprechung zu § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG, nach der sich der Unternehmer für den objektbezogenen Umsatzschlüssel nur dann entscheiden kann, wenn dieser aufgrund von Ausstattungsunterschieden in der Fläche präziser ist als der Flächenschlüssel, die Grundlage entzogen wird. Da beide Aufteilungsmaßstäbe als sachgerecht anzusehen sind, wäre es dem Unternehmer nunmehr wie nach der BFH-Rechtsprechung aus dem Jahr 2001 möglich, sich frei für einen dieser beiden Aufteilungsmaßstäbe zu entscheiden.
Rz. 182
Im Gegensatz zur derzeitigen Rechtslage, bei der sich dieses Ergebnis nur aus einer für die Rechtsprechung unbeachtlichen Verwaltungsauffassung ergibt (Rz. 176), würde die neue gesetzliche Neuregelung unter Berücksichtigung der bisherigen BFH-Rechtsprechung (Rz. 156 ff.) dazu führen, zu einem Wahlrecht des Unternehmers entsprechend der Rechtsprechung 2001 (Rz. 149 ff. und 162) zurückzukehren.
Rz. 183
Beurteilung nach dem JStG 2024
Bezieht sich § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG nach den Änderungen durch das JStG 2024 lediglich auf den Gesamtumsatz des Unternehmers, schließt die Vorschrift nur eine Vorsteueraufteilung entsprechend der Lösung A aus. Ob es zu einer Aufteilung entsprechend der Lösung B oder C kommt, entscheidet sich dann ausschließlich nach Maßgabe von § 15 Abs. 4 Satz 1 und 2 UStG .
Somit kommt es zu einer Rückkehr zur Beurteilung entsprechend der BFH-Rechtsprechung aus 2001 (Rz. 149 f.). Danach steht dem Unternehmer ein Wahlrecht zu, ob er sich für eine Vorsteueraufteilung nach Lösung B oder C entscheidet. Aufgrund der gesetzlichen Neuregelung steht dem – anders als bei der Beurteilung nach dem BMF-Schreiben 2024 (Rz. 172) – die BFH-Rechtsprechung aus 2014 (Rz. 156 ff.) nicht entgegen.