1. Problemstellung
Rz. 131
Nach einer Unruhephase von über 20 Jahren waren die vielfältigen Fragestellungen zur Vorsteueraufteilung bei der gemischten Verwendung von Eingangsleistungen für Ausgangsumsätze, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, wie auch für Umsätze, bei denen dieses Recht nicht besteht, eigentlich weitgehend geklärt. Ein neues BMF-Schreiben, das möglicherweise eine gesetzliche Neuregelung vorwegnehmen soll, führt nunmehr allerdings zu Zweifelsfragen, die einzelne Streitfragen der Vergangenheit wiederaufleben lassen.
Rz. 132
Daher könnte es nunmehr wieder in Betracht kommen, dass sich der Unternehmer bei einer gemischten Vermietung entsprechend der bis einschließlich 2003 bestehenden Rechtslage frei zwischen einer Vorsteueraufteilung nach dem Flächen- oder einem objektbezogenen Umsatzschlüssel entscheiden kann. Dem soll anhand eines bereits früher erörterten hier aber abgewandelten Beispielsfalls nachgegangen werden.
Rz. 133
Dabei wird im Folgenden davon ausgegangen, dass entsprechend einer in 2006 begründeten Rechtsprechung des BFH, die später vom EuGH bestätigt wurde und der sich dann auch die Finanzverwaltung angeschlossen hat, alle Eingangsleistungen auf das Gebäude als Objekt zusammengefasst betrachtet werden. Hieran ändert sich durch das neue BMF-Schreiben (wie auch durch die geplante gesetzliche Neuregelung) nichts.
Rz. 134
Gemischte Vermietung
V errichtet im Jahr 01 ein Gebäude mit drei Etagen. Dabei vermietet er entsprechend seiner Errichtungsabsicht ab 1.1.2002
- das Erdgeschoss (400 qm) steuerpflichtig an U1,
- das Obergeschoss I (300 qm) steuerpflichtig an den Rechtsanwalt U2 und
- das Obergeschoss II (300 qm) steuerfrei für private Wohnzwecke an P.
Der monatliche Mietzins beläuft sich auf 15.000 EUR (Erdgeschoss), 10.000 EUR (Obergeschoss I) und 5.000 EUR (Obergeschoss II).
Es fallen Vorsteuerbeträge von insgesamt 1 Mio. EUR an. Ausstattungsunterschiede bestehen nicht.
V ist ansonsten als Steuerberater in Einzelkanzlei tätig und vereinnahmt aus dieser Tätigkeit Leistungsentgelte von 1 Mio. EUR.
Rz. 135
Für die Vorsteueraufteilung im Beispielsfall bestehen unterschiedliche Möglichkeiten:
- Lösung A: Aufteilung nach dem Gesamtumsatz des Unternehmers.
- Lösung B: Aufteilung nach einem objektbezogenen Flächenschlüssel.
- Lösung C: Aufteilung nach einem objektbezogenen Umsatzschlüssel.
2. Derzeit geltende gesetzliche Regelungen
Rz. 136
Zur Vorsteueraufteilung ordnet § 15 Abs. 4 Satz 1 bis 3 UStG zurzeit Folgendes an:
Satz 1: Verwendet der Unternehmer einen für sein Unternehmen gelieferten, eingeführten oder innergemeinschaftlich erworbenen Gegenstand oder eine von ihm in Anspruch genommene sonstige Leistung nur zum Teil zur Ausführung von Umsätzen, die den Vorsteuerabzug ausschließen, so ist der Teil der jeweiligen Vorsteuerbeträge nicht abziehbar, der den zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug führenden Umsätzen wirtschaftlich zuzurechnen ist.
Satz 2: Der Unternehmer kann die nicht abziehbaren Teilbeträge im Wege einer sachgerechten Schätzung ermitteln.
Satz 3: Eine Ermittlung des nicht abziehbaren Teils der Vorsteuerbeträge nach dem Verhältnis der Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, zu den Umsätzen, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, ist nur zulässig, wenn keine andere wirtschaftliche Zurechnung möglich ist.
Rz. 137
Die Anordnungen in § 15 Abs. 4 Satz 1 bis 3 UStG lassen sich somit wie folgt umschreiben:
- Aus Satz 1 folgt neben dem Erfordernis einer Vorsteueraufteilung, dass diese nach dem Kriterium der wirtschaftlichen Zurechnung vorzunehmen ist.
- Satz 2 vertraut die Ermittlung der nach diesem Kriterium nicht abziehbaren Vorsteuerbeträge dem Unternehmer an, der hierfür eine sachgerechte Schätzung vorzunehmen hat. Bestehen im Rahmen der wirtschaftlichen Zurechnung mehrere Möglichkeiten zur sachgerechten Schätzung, kann sich der Unternehmer für eine Schätzungsmethode seiner Wahl entscheiden. Hiergegen kann das FA nicht geltend machen, dass eine andere Schätzungsmethode sachgerechter ist, sondern nur, dass die vom Unternehmer gewählte Schätzungsmethode als solche nicht sachgerecht ist.
- Satz 3 beschränkt schließlich die dem Unternehmer im Rahmen der wirtschaftlichen Zuordnung bestehenden Möglichkeiten zur Ermittlung des Teils der nicht abziehbaren Vorsteuerbeträge. Danach ist eine Vorsteueraufteilung nach einem Umsatzverhältnis nur zulässig, wenn keine andere wirtschaftliche Zurechnung möglich ist. Damit erkennt der nationale Gesetzgeber an, dass es sich auch bei der Vorsteueraufteilung nach einem ...