Leitsatz
1. Ein im Ausland ansässiger Unternehmer, der Steuerschuldner nach § 13b Abs. 2 UStG ist und gem. § 18 Abs. 3 S. 1 UStG eine Steuererklärung für das Kalenderjahr abzugeben hat, ist berechtigt, alle in diesem Kalenderjahr entstandenen Vorsteuerbeträge in der Jahreserklärung geltend zu machen.
2. Dies gilt auch für Vorsteuerbeträge, für die der Unternehmer einen unterjährigen Vergütungsantrag stellen könnte (entgegen Abschn. 244 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 und Nr. 3 UStR 2000 und Abschn. 18.15 Abs. 1 S. 4 Nr. 2 und Nr. 3 UStAE).
Normenkette
§ 13b, § 16, § 18 UStG 1999, §§ 59ff. UStDV, Art. 1 RL 79/1072/EWG
Sachverhalt
Die Klägerin bezog vom 01.04. bis 31.12., nicht aber auch im 1. Quartal, im Inland steuerpflichtige Bauleistungen von – wie sie selbst – nicht im Inland ansässigen Unternehmern, für die sie als Leistungsempfänger Steuerschuldner war (§ 13b UStG). Sie machte in Ihrer Jahreserklärung vergeblich auch die im 1.Quartal angefallenen Vorsteuerbeträge geltend und wurde vom FG bestätigt (FG München, Urteil vom 04.02.2010, 14 K 2800/08, Haufe-Index 2341851, EFG 2010, 1267).
Entscheidung
Die Revision des FA hatte aufgrund der in den Praxis-Hinweisen erläuterten Grundsätze keinen Erfolg.
Hinweis
1. Der Unternehmer muss eine Steuererklärung abgeben (§ 18 Abs. 3 S. 1 UStG), wenn er einen oder mehrere Besteuerungstatbestände (z.B. Leistungen für sein Unternehmen bezieht oder nach § 13b UStG) verwirklicht. Diese Verpflichtung entfällt auch dann nicht, wenn in einem Teil des Jahres die Voraussetzungen für das Vergütungsverfahren vorgelegen haben. Ein kürzerer Zeitraum als das Kalenderjahr ist nur dann maßgeblich, wenn der Unternehmer seine Tätigkeit nur in einem Teil des Kalenderjahrs ausgeübt hat. Dann tritt dieser Teil gem. § 16 Abs. 3 UStG an die Stelle des Kalenderjahres (vgl. § 18 Abs. 3 S. 2 UStG).
2. Das Vergütungsverfahren dient (nur) zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens, solange im Inland keine Umsätze vorliegen. Vergütungsverfahren und Regelbesteuerungsverfahren schließen sich für denselben Besteuerungszeitraum zwar aus. Der Unternehmer hat insoweit kein Wahlrecht, das eine oder das andere Verfahren zu wählen. Er darf den Vergütungzeitraum nur innerhalb der Grenzen des § 60 UStDV bestimmen. Er ist aber nicht verpflichtet, einen Vergütungszeitraum zu wählen, der dann endet, wenn die Voraussetzungen für das Vergütungsverfahren nicht mehr vorliegen. Dagegen spricht nicht zuletzt auch, dass der Vereinfachungszweck des Vergütungsverfahrens in sein Gegenteil verkehrt würde, wollte man den Unternehmer dazu verpflichten, für einzelne Zeitabschnitte eines Kalenderjahres, für das er eine Jahreserklärung abzugeben hat, zur Einreichung eines oder mehrerer Vergütungsanträge zu verpflichten. Schließlich sind nach § 62 UStDV im Rahmen der Jahreserklärung nur die Vorsteuerbeträge nicht zu berücksichtigen, "die nach § 59 UStDV vergütet worden sind", nicht aber die allgemein nach § 59 UStDV vergütbaren Vorsteuerbeträge.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 14.04.2011 – V R 14/10