Dipl.-Finw. (FH) Holm Geiermann
Leitsatz
Der Sonderausgaben-Vorwegabzug ist bei zusammenveranlagten Ehegatten, die je zur Hälfte an einer GmbH beteiligt sind und von denen nur einer Inhaber einer Versorgungszusage ist, nicht zu kürzen, weil mit der Zusage eine Verringerung der gesellschaftsrechtlichen Ansprüche auf Auskehrung des Gewinns und des Liquidationserlöses einhergeht. Nach dem Sinn und Zweck der Kürzungsvorschrift macht es bei zusammenveranlagten Ehegatten keinen Unterschied, ob der anwartschaftsberechtigte Steuerpflichtige selbst oder sein Ehegatte auf vermögenswerte Rechtspositionen verzichtet.
Sachverhalt
Die zusammen zur Einkommensteuer veranlagten Eheleute waren in den Streitjahren je zur Hälfte an einer GmbH beteiligt und dort auch jeweils als Geschäftsführer angestellt. Nur dem Ehemann wurde eine Pensionszusage erteilt. Im Rahmen der Einkommensteuerveranlagungen 1999 und 2000 berücksichtigte das Finanzamt bei der Berechnung der als Sonderausgaben abzugsfähigen Vorsorgeaufwendungen, wegen der bestehenden Versorgungszusage zu Gunsten des Ehemanns, lediglich einen gekürzten Sonderausgaben-Vorwegabzug. Der hiergegen erhobene Einspruch blieb ohne Erfolg. Im anschließenden Klageverfahren trugen die Kläger vor, dass der sog. Vorwegabzug entgegen der Auffassung des Finanzamts in ungekürzter Höhe zu berücksichtigen sei. Insoweit verwiesen sie auf die Rechtsprechung des BFH (BFH, Urteil v. 16.10.2002, XI R 25/01, BStBl 2004 II S. 546), nach der bei einem Alleingesellschafter - Geschäftsführer eine Kürzung des Vorwegabzugs unterbleibt, weil mit der Erteilung der Pensionszusage eine Verringerung der gesellschaftsrechtlichen Ansprüche auf Auskehrung des Gewinns und des Liquidationserlöses einhergeht und somit die Altersversorgung ausschließlich auf eigenen Beitragsleistungen beruht. Diese Rechtsprechung müsse auch analog auf den Streitfall übertragen werden, weil hier die Folgen aus wirtschaftlicher Sicht betrachtet, dieselben sind, wie bei einem Alleingesellschafter. Auch im Streitfall sei die Altersversorgung von den zusammenveranlagten Eheleuten im Ergebnis in voller Höhe selbst finanziert worden.
Entscheidung
Das Finanzgericht gab der Klage statt. Zur Begründung wies das Gericht darauf hin, dass weder die Klägerin noch der Kläger zum Personenkreis des § 10c Abs. 3 Nr. 2 EStG gehören, bei dem der Sonderausgaben-Vorwegabzug zu kürzen sei. Für die Klägerin ergebe sich diese Rechtsfolge wegen ihrer 50%-tigen Beteiligung an der GmbH. Auf Grund dessen unterläge sie nicht der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht. Im Übrigen sei ihr auch keine Versorgungszusage seitens der GmbH erteilt worden. Für den Kläger sei dagegen zu beachten, dass er auf Grund der Höhe seiner Beteiligung an der Gesellschaft ebenfalls nicht der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht unterlegen habe. Überdies habe er seine Versorgungszusage aus eigenen Beitragsleistungen finanziert, weil mit der Zusage eine Verringerung seiner gesellschaftsrechtlichen Ansprüche auf Auskehrung des Gewinns und des Liquidationserlöses einhergeht. Der Umstand, dass seine Ehefrau ebenfalls durch Verzicht auf ihre gesellschaftsrechtlichen Ansprüche Beiträge zur Versorgung des Klägers geleistet habe, rechtfertige allerdings nicht die Annahme, dass der Kläger insoweit seine Versorgung teilweise ohne eigene Beitragsleistung erhalte. Nach dem Sinn und Zweck der Kürzungsvorschrift mache es nämlich bei zusammenveranlagten Ehegatten für die Frage, ob die Versorgung durch eigene Beiträge erworben wurde, keinen Unterschied, ob der anwartschaftsberechtigte Steuerpflichtige selbst oder sein Ehegatte auf vermögenswerte Rechtspositionen verzichtet. Grund hierfür sei die Vorschrift des § 26b EStG, die im Falle der Zusammenveranlagung von Ehegatten diese nach der Zusammenrechnung der Einkünfte wie einen Steuerpflichtigen behandele. Damit würden die Eheleute beim Sonderausgabenabzug kraft ausdrücklicher gesetzlicher Regelung eine Einheit bilden. Im Ergebnis komme es daher nicht darauf an, ob die Vorsorgeaufwendungen aus den Mitteln des einen oder des anderen Ehegatten geleistet worden seien.
Hinweis
Die Gründe des Finanzgerichts überzeugen. Es ist keineswegs einsehbar, dass der Fall des Alleingesellschafters einer GmbH mit Versorgungszusage anders beurteilt werden sollte, als Eheleute, die beide an der GmbH beteiligt sind und von denen nur einer eine Versorgungszusage erhalten hat. Zutreffend verweist das Gericht insoweit auf die Vorschrift des § 26b EStG, die die Eheleute im Falle der Zusammenveranlagung ab der Summe der Einkünfte als einen Steuerpflichtigen behandelt, wenn gesetzlich nichts angeordnet ist. Da das Gesetz in § 10 Abs. 3 S. 2 EStG keine anderweitige Regelung vorschreibt, verbleibt es bei der über § 26b EStG maßgeblichen Sichtweise, dass sowohl rechtlich als auch wirtschaftlich betrachtet der versorgungsberechtigte Ehegatte seine Anwartschaft ausschließlich aus eigenen Beiträgen finanziert.
Gegen das Urteil ist mittlerweile beim BFH unter Az. X R 3/05 eine Revision anhängig. In einschlägigen...