Dipl.-Finw. (FH) Holm Geiermann
Leitsatz
In die Bemessungsrundlage für die Kürzung des Vorwegabzugs sind auch dann alle Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit einzubeziehen, wenn es sich um zwei Beschäftigungsverhältnisse bei unterschiedlichen Arbeitgebern handelt, von denen nur einer Zukunftssicherungsleistungen erbringt.
Sachverhalt
Ein alleinstehender Arbeitnehmer stand in den Streitjahren gleichzeitig in zwei Beschäftigungsverhältnissen. Zum einen war er als Angestellter sozialversicherungspflichtig beschäftigt, während er zum anderen in einem weiteren Dienstverhältnis als Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH nicht sozialversicherungspflichtig tätig war. Eine vertragliche Anwartschaft auf eine Altersversorgung stand ihm aus dieser Tätigkeit nicht zu. Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung wurden nur im Zusammenhang mit der sozialversicherungspflichtigen Angestelltentätigkeit erbracht. Im Rahmen der Einkommensteuerveranlagungen kürzte das Finanzamt jeweils den Vorwegabzug nach § 10 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. a EStG wegen des Arbeitgeberzuschusses zur Sozialversicherung allerdings von den gesamten Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit. Der hiergegen gerichtete Einspruch hatte keinen Erfolg.
Entscheidung
Nach der Auffassung des Gerichts hat das Finanzamt den Vorwegabzug im zutreffenden Umfang gekürzt. Zur Bemessungsgrundlage für die Kürzung gehören nach § 10 Abs. 3 Nr. 2 Satz 3 Buchstabe a EStG auch Lohnaufwendungen für die der Arbeitgeber keine Sozialversicherungsbeiträge zu leisten hatte. Voraussetzung für die Kürzung ist nach dem Gesetzeswortlaut allein die Tatsache, dass überhaupt Leistungen im Sinne des § 3 Nr. 62 EStG erbracht werden. Nach der Überzeugung des Gerichts ist für die Frage der Kürzung des Vorwegabzugs nicht danach zu unterscheiden, ob die jeweilige Einnahme der Sozialversicherungspflicht unterliegt oder aber sozialversicherungsfrei ist. Der gesetzgeberische Ansatz sei vielmehr, dass ein Bedürfnis für einen Vorwegabzug dann nicht mehr besteht, wenn für den Steuerpflichtigen überhaupt in einem Dienstverhältnis Zukunftssicherungsleistungen von einem Arbeitgeber erbracht werden. Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH ist die Vorschrift zur Kürzung des Vorwegabzugs eine generalisierende und typisierende Regelung. Eine auf den Einzelfall bezogene Berechnung unter Beachtung der erbrachten Zukunfssicherungsleistungen bzw. der Frage, ob die Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit insgesamt der Sozialversicherung unterliegen, ist aus Gründen der Vereinfachung deshalb entbehrlich. Sie ist aus verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten auch nicht zu beanstanden
Nach der Auffassung des Gerichts ist der Streitfall aber auch nicht vergleichbar mit dem bereits durch den BFH (BFH, Beschluss v. 14.10.2003, XI B 226/02, BFH/NV 2003 S. 995) entschiedenen Fall nach dem die Einkünfte des Ehegatten, für dessen Zukunftssicherung keine Leistungen nach § 3 Nr. 62 EStG erbracht werden, nicht in die Bemessungrundlage für die Kürzung des Vorwegabzugs einzubeziehen sind. Im vorliegenden Streitfall ist der Kläger nämlich ledig.
Hinweis
Gegen das Urteil ist mittlerweile beim BFH unter dem Az. XI 74/03 eine Revsion anhängig. In vergleichbaren Fällen sollte daher die Kürzung des Vorwegabzugs mit dem Einspruch angefochten werden. Dieses gilt um so mehr, als der in den Einkommensteuerbescheiden enthaltene Vorläufigkeitsvermerk nicht die Frage der "einfachgesetzlichen" Auslegung des § 10 Abs. 3 EStG erfasst.
Link zur Entscheidung
FG Düsseldorf, Urteil vom 20.10.2003, 17 K 5703/01 E