In eingangs erwähnter Entscheidung knüpft das FG Düsseldorf an die Unterscheidung zwischen zweckfreier Kunst und Gebrauchskunst an.
a) Zweckfreie Kunst
Insofern kann bei der zweckfreien Kunst (z.B. bei Malern, Musikern und Komponisten) auf die Feststellung einer ausreichenden künstlerischen Gestaltungshöhe verzichtet werden, wenn dem Werk nach der allgemeinen Verkehrsauffassung das Prädikat des Künstlerischen nicht abgesprochen werden kann und die Arbeiten nicht ausschließlich auf das Hervorbringen einer ästhetischen Wirkung gerichtet sind.
Beraterhinweis Bei zweckfreier Kunst ist nach der Rechtsprechung regelmäßig nur auf die Verkehrsauffassung abzustellen.
Dem Finanzgericht ist es dabei auch in Grenzfällen der zweckfreien Kunst möglich, ohne Einholung eines Sachverständigengutachtens zu entscheiden, wenn es über die notwendige Fachkompetenz selbst verfügt. Das FG Düsseldorf geht dabei davon aus, dass Indikatoren, welche für eine künstlerische Tätigkeit nach der Verkehrsauffassung sprechen,
- die Rezension in der Fachpresse,
- Marktgeltung und
- ökonomischer Erfolg
sind. Beachten Sie: Letzteres kann aber nicht als isoliert geltendes Kriterium begriffen werden, denn bisweilen erfreuen sich z.B. Musikstücke ohne jegliche eigenschöpferischen Merkmale hoher Resonanz (vgl. auch Ausführungen unter 1.).
Die Finanzverwaltung bedient sich demgegenüber Gutachterausschüssen. Wird ein Sachverständigengutachten eingeholt, so muss dieses nachvollziehbar sein, um eine tragfähige Grundlage für die Beurteilung zu bilden, ob Kunst vorliegt.
b) Zweckgebundene Kunst
Bei der zweckgebundenen Kunst – z.B. von Gebrauchsgrafikern, Kunsthandwerkern, Werbefotografen oder Modezeichnern – ist demgegenüber die entsprechende eigenschöpferische Gestaltungshöhe festzustellen. Insofern wird auch davon gesprochen, dass der Kunstwert den bloßen Gebrauchswert überwiegen müsse.
Beachten Sie: Auch hier kann das Finanzgericht von der Beauftragung eines Gutachters absehen, wenn es selbst über die notwendige Fachkunde verfügt, bzw. wenn aufgrund der Verkehrsauffassung zweifelsfrei eine entsprechende eigenschöpferische Gestaltungshöhe vorliegt.
c) Kritik an dieser Zweiteilung
Bei näherem Hinsehen ist aber mit dieser Unterscheidung in der Praxis oftmals wenig gewonnen, weil die Frage, inwieweit die Verkehrsauffassung hier das Prädikat des Künstlerischen nicht abspricht, natürlich auch wieder einer Klärung bedarf.
Beispiel
Als Beispiel soll in diesem Zusammenhang der vom FG Hamburg entschiedene Fall eines Modellbauers, der aus Zinn für Sammler und Museen entsprechende Modelle – insbesondere von Kriegsschiffen – fertigte, Erwähnung finden. Aufgrund der zerbrechlichen Gestaltung eigneten sich die Modelle nicht als Spielzeug, waren mithin keine Gebrauchskunst.
Prüfung durch das FG Hamburg: Auch wenn das FG Hamburg daher zum Ergebnis kommt, dass die künstlerische Gestaltungshöhe nicht zu prüfen sei, entbindet dies dann nicht von der Feststellung, ob es sich nach allgemeiner Verkehrsauffassung um Kunst handelt. Dabei werden vom FG Hamburg
- der (aufwendige) Fertigungsprozess, der allein vom Künstler vorgenommen wurde, beleuchtet und
- der Aspekt herangezogen, dass vom fachkundigen Publikum (Sammler und Museen) seine Werke als Kunst eingestuft werden.
D.h. letztlich wird doch die eigenschöpferische Gestaltungshöhe mitgeprüft.
Beachten Sie: Zugleich offenbart sich aus dem Ausgeführten, dass über die Frage, ob eine gewisse Gestaltungshöhe/Gestaltungskraft gegeben ist, dennoch eine Prüfung des Niveaus des Werkes erfolgt ...