Bei näherem Hinsehen ist aber mit dieser Unterscheidung in der Praxis oftmals wenig gewonnen, weil die Frage, inwieweit die Verkehrsauffassung hier das Prädikat des Künstlerischen nicht abspricht, natürlich auch wieder einer Klärung bedarf.
Beispiel
Als Beispiel soll in diesem Zusammenhang der vom FG Hamburg entschiedene Fall eines Modellbauers, der aus Zinn für Sammler und Museen entsprechende Modelle – insbesondere von Kriegsschiffen – fertigte, Erwähnung finden. Aufgrund der zerbrechlichen Gestaltung eigneten sich die Modelle nicht als Spielzeug, waren mithin keine Gebrauchskunst.
Prüfung durch das FG Hamburg: Auch wenn das FG Hamburg daher zum Ergebnis kommt, dass die künstlerische Gestaltungshöhe nicht zu prüfen sei, entbindet dies dann nicht von der Feststellung, ob es sich nach allgemeiner Verkehrsauffassung um Kunst handelt. Dabei werden vom FG Hamburg
- der (aufwendige) Fertigungsprozess, der allein vom Künstler vorgenommen wurde, beleuchtet und
- der Aspekt herangezogen, dass vom fachkundigen Publikum (Sammler und Museen) seine Werke als Kunst eingestuft werden.
D.h. letztlich wird doch die eigenschöpferische Gestaltungshöhe mitgeprüft.
Beachten Sie: Zugleich offenbart sich aus dem Ausgeführten, dass über die Frage, ob eine gewisse Gestaltungshöhe/Gestaltungskraft gegeben ist, dennoch eine Prüfung des Niveaus des Werkes erfolgt – und somit eine (subjektive) Wertung vorgenommen wird.
Beraterhinweis Das Abstellen auf die Verkehrsauffassung bei zweckfreier Kunst führt oftmals doch zu einer Prüfung der eigenschöpferischen Gestaltungshöhe. Schließlich wirft das Abstellen auf die Verkehrsauffassung die Frage auf, ob damit im Einzelfall die notwendige Offenheit für neue Kunstformen sichergestellt ist.
Beachten Sie: Letztlich wird immer auf gewisse Topoi unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung zurückgegriffen, wobei auch einfließt, was für eine Qualität
- die entsprechende Tätigkeit bzw.
- das Produkt aus dieser
aufweist, die über die bloße Beherrschung der reinen Technik hinausgeht.
Unterschiedliche Akzentuierung je nach Kunstrichtung: Je nach Kunstrichtung (Musik, Schauspiel- oder bildende Kunst) werden eigene Akzente bei der Prüfung gesetzt, was die Anwendung allgemeingültiger Definitionen auf den Praxisfall erschwert.
Insofern wurde etwa vom FG Baden-Württemberg bei einem Instrumentenbauer keine künstlerische Tätigkeit angenommen, da eine reine handwerkliche Technik umgesetzt werde und er am Musizieren selbst keinen wesentlichen Anteil habe – auch wenn einzelne Teile des Instruments eine Gestaltungshöhe aufweisen (wie etwa die Schnecke beim Streichinstrument) und er in Fachkreisen als Künstler betrachtet werde.