Leitsatz
Wer mit öffentlichen Verkehrsmitteln zur Arbeit fährt, hat ein Wahlrecht, anstatt der Entfernungspauschale die - höheren - tatsächlichen Kosten anzusetzen. Nach Ansicht des FG München kann die Prüfung, ob sich der Ansatz der tatsächlichen Kosten günstiger auswirkt, für jeden Arbeitstag erfolgen.
Sachverhalt
Prinzipiell ist es nicht möglich, statt der Entfernungspauschale die tatsächlichen Fahrtkosten geltend zu machen. Das ist vor allem für Pkw-Fahrer nachteilig. Für Nutzer öffentlicher Verkehrsmittel und behinderte Menschen gibt es jedoch die Ausnahme, dass entweder die Entfernungspauschale oder aber - sofern höher - die tatsächlichen Fahrtkosten angesetzt werden können.
In der Praxis kommt es vor, dass im Laufe des Jahres unterschiedliche Verkehrsmittel für den Weg zur Arbeit genutzt werden. In diesen Fällen erkennen die Finanzämter nur dann die Fahrtkosten für öffentliche Verkehrsmittel an, wenn sie höher sind als die für das betreffende Jahr insgesamt anzusetzende Entfernungspauschale (kalenderjahrbezogene Vergleichsrechnung).
Arbeitnehmer A macht in seiner Einkommensteuererklärung 2004 folgende Angaben:
1.1. - 30.6.2004: 115 Tage mit dem Pkw, einfache Entfernung 20 km
1.7. - 31.12.2004: 115 Tage mit öffentlichen Verkehrsmitteln, einfache Entfernung 20 km, tatsächliche Kosten: 1.050 EUR.
Das Finanzamt ermittelt die als Werbungskosten anzusetzenden Fahrtkosten wie folgt:
Wege mit dem eigenen Pkw (1.1. - 30.6.2004) |
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Entfernungspauschale: 115 Tage × 20 km × 0,30 EUR/km |
= 690 EUR |
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Wege mit öffentlichen Verkehrsmitteln (1.7. - 31.12.2004) |
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Entfernungspauschale: 115 Tage × 20 km × 0,30 EUR/km |
= 690 EUR |
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Summe Entfernungspauschale: |
1.380 EUR |
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Da die tatsächlichen Kosten für öffentliche Verkehrsmittel von 1.050 EUR im Jahr 2004 niedriger sind als die Entfernungspauschale von 1.380 EUR, will das Finanzamt nur die Entfernungspauschale von 1.380 EUR anerkennen. A begehrt die Berücksichtigung von Fahrtkosten i. H. v. 690 EUR + 1.050 EUR = 1.740 EUR.
Entscheidung
Das FG München teilt die Auffassung des A und stellt sich auf den Standpunkt, dass "für jeden Arbeitstag" zu prüfen ist, ob sich der Ansatz der Entfernungspauschale oder der tatsächlichen Kosten für öffentliche Verkehrsmittel günstiger auswirkt. Da die tatsächlichen Kosten für die Benutzung der öffentlichen Verkehrsmittel die Summe der für diese Tage zu berücksichtigenden Entfernungspauschalen übersteigen, sind sie in voller Höhe zu berücksichtigen.
Hinweis
Das FG hat wegen grundsätzlicher Bedeutung die Revision zugelassen - das letzte Wort hat nun der BFH (Az. beim BFH: VI R 40/04). Betroffene sollten gegen ihren Steuerbescheid Einspruch einlegen und unter Hinweis auf die anhängige Revision Ruhen des Verfahrens beantragen.
Link zur Entscheidung
FG München, Urteil vom 09.07.2004, 8 K 4370/03