Birthe Kramer, Dietrich Weilbach
Rz. 44
Soweit sie nicht nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a oder § 3 Nr. 1 GrEStG von der Besteuerung ausgenommen sind, unterliegen alle Erwerbsvorgänge nach dem FlurbG (Flurbereinigungsverfahren, beschleunigte Zusammenlegungsverfahren und freiwillige Landtauschverfahren) der Grunderwerbsteuer.
Die grunderwerbsteuerrechtliche Behandlung von Erwerbsvorgängen in Verfahren nach dem Flurbereinigungsgesetz ist in ländereinheitlich abgestimmten Erlassen geregelt, z. B. im Gemeinsamen Runderlass des FinMin Baden-Württemberg und des Ministeriums Ländlicher Raum Baden-Württemberg in der Fassung v. 10.4.2003, 3 – S 4500/6 (FM) bzw. 46-8460.71 (MLR).
Rz. 44a
Das BFH hat mit Urteil v. 17.5.2000, II R 47/99 (BStBl II 2000, 627), entschieden, dass der Verzicht eines an einem Flurbereinigungsverfahren beteiligten Grundstückseigentümers auf Landabfindung zugunsten eines Dritten, verbunden mit der Übertragung des vorläufig eingewiesenen Besitzes, nicht nach § 1 Abs. 2 GrEStG der Grunderwerbsteuer unterliegt, weil dem Dritten lediglich das Recht zur Nutzung der Grundstücksflächen übertragen wird, aber noch keine rechtliche oder wirtschaftliche Verfügungsmöglichkeit, die zur Erfüllung des § 1 Abs. 2 GrEStG erforderlich ist. In derartigen Fällen ist erst die Landzuteilung an den Dritten steuerpflichtig. Entsprechendes gilt bei der Zustimmung eines Siedlungsunternehmens nach § 55 Abs. 1 FlurbG, ihm zustehendes Abfindungsland Siedlern zuzuteilen (vgl. Tz. 5 der ländereinheitlich abgestimmten Erlasse z. B. Gemeinsamer Runderlass FinMin Baden-Württemberg und des MLR Baden-Württemberg i. d. F. v. 10.4.2003, 3 – S 4500/6 (FM) bzw. 46-8460.71 (MLR).
Nach Auffassung der Finanzerwaltung kann im Fall der Zuweisung von Land aufgrund des Abfindungsverzichts eines Teilnehmers gem. § 52 FlurbG die an diesen geleistete Abfindungszahlung des neuen Eigentümers als Bemessungsgrundlage für seinen der Grunderwerbsteuer unterliegenden Erwerbsvorgang nicht ohne Weiteres um den von ihm wegen einer teilweisen Weiterübertragung der Landabfindungsansprüche an eine weitere Person erlangten Geldbetrag vermindert werden. Vielmehr ist die an den ursprünglichen Teilnehmer geleistete Abfindungszahlung im Verhältnis der weiteren übertragenen Landabfindungsansprüche zu den beim neuen Eigentümer verbliebenen Ansprüchen aufzuteilen. Die auf die verbliebenen Ansprüche entfallende Abfindungszahlung ist die Bemessungsgrundlage für den mit der Zuteilung verwirklichten Erwerbsvorgang (vgl. FinMin Niedersachsen v. 1.2.2013, S 4500 – 133 – 35 2 und FinMin Baden-Württemberg v. 26.3.2013, 3 – S 450.0/88).
Nicht unter die Ausnahme von der Besteuerung des § 1 Abs. 1 Nr. 3 S. 2 Buchst. a GrEStG fällt die Eigentumszuweisung an einen Dritten, die darauf beruht, dass der Teilnehmer an einem Flurbereinigungsverfahren nach § 52 Abs. 1 FlurbG zugunsten eines Dritten zustimmt, statt in Land in von dem Dritten aufzubringenden Geld abgefunden zu werden. Obwohl die Landzuteilung an den Dritten vom Wortlaut der Vorschrift erfasst wird, kann die Eigentumszuteilung nach Auffassung des BFH nicht grunderwerbsteuerfrei belassen werden, weil der Wortlaut der Vorschrift insofern über den Gesetzeswortlaut hinausgehe und einer Einschränkung des Anwendungsbereichs bedürfe. Die Steuerbefreiung des Eigentumsübergangs durch Abfindung in Land ziele auf das Ende des Flurbereinigungsverfahrens für den jeweiligen Teilnehmer ab, der im Rahmen des Verfahrens Land hergeben musste. An die Möglichkeit, dass die Personen am Anfang und Ende des konkreten Abfindungsvorgangs nicht mehr identisch sind, habe der Gesetzgeber nicht gedacht. In jedem Fall sei aber auszuschließen, der Gesetzgeber habe in Kauf nehmen wollen, dass bis zum Abfindungsverzicht gem. § 52 FlurbG unbeteiligte Dritte Grundbesitz steuerfrei erwerben können (BFH v. 23.8.2006, II R 41/05, BStBl II 2006, 919). Nach Niedersächsisches FG v. 6.5.2013, 7 K 32/11, n. v., soll ein nicht nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 S. 2 Buchst. a GrEStG von der Besteuerung ausgenommener Erwerb auch dann vorliegen, wenn nach einer Landverzichtserklärung i. S. d. § 52 Abs. 1 FlurbG zugunsten eines Teilnehmers eine Eigentumszuweisung der entsprechenden Flächen nicht erfolgt, sondern diesem Teilnehmer unter Berücksichtigung des durch die Landverzichtserklärung eingetretenen erhöhten Landabfindungsanspruchs anderweitige Flächen zugewiesen werden. Die Steuerpflicht entfalle nicht deshalb, weil der Teilnehmer später nicht auf Dauer Eigentümer genau der Flächen geworden ist, für die ein anderer Teilnehmer auf seinen Landabfindungsanspruch verzichtet hatte. Ausreichend sei, dass der Teilnehmer im Rahmen des Flurbereinigungsverfahrens Ersatzgrundstücke erhalten hat. Einen "steuerfreien Zwischenerwerb" kenne das GrEStG nicht. Die Steuerpflicht entfalle auch nicht, wenn der Teilnehmer größere Flächen in das Flurbereinigungsverfahren eingebracht als er später daraus zugeteilt bekommen hat. Der BFH hat im anschließenden Revisionsverfahren dieser Rechtsauffassung nur teilweise zugestimmt. Danach i...