Birthe Kramer, Dietrich Weilbach
Rz. 80
Auf Initiative der Finanzverwaltung, die jahrelang versucht hatte, dieses Problem in den Griff zu bekommen, ist § 1 Abs. 2a GrEStG 1997 Gesetz geworden. Die Regelung wurde am 1.7.2021 verschärft, nachdem seit 2019 Einigkeit darin bestanden hatte, sog. Share Deals wirksamer zu begegnen.
Die Vorschrift gilt für alle Personengesellschaften, nicht für Kapitalgesellschaften, aber auch für ausländische Personengesellschaften. Der BFH hat indes in einem AdV-Verfahren entschieden, dass eine im Inland weder als Kapital- noch als Personengesellschaft rechtsfähige Briefkastengesellschaft nicht Anteile an einer grundbesitzenden Personengesellschaft erwerben könne (BFH v. 8.1.2019, BFH/NV 2019 293). Dessen ungeachtet sind aber die Auswirkungen auf die Praxis bedeutend größer als zunächst angenommen; vor allem die Umstrukturierung von Konzernen ist unter dem Gesichtspunkt steueroptimierter Gestaltungsformen auch in grunderwerbsteuerlicher Sicht erheblich erschwert worden. In der Literatur wird m. E. zu Recht kritisiert, dass es nicht gelungen sei, die Vorschrift auf tatsächliche Missbrauchsfälle zu beschränken; ein Vorwurf, der auch bei der Verschärfung sog. share deals wieder Fahrt aufnimmt bis hin zur Behauptung der Verfassungswidrigkeit (Mörwald, DStZ 2019, 492). Die Anhebung des Steuersatzes von 2 % auf 3,5 % und jetzt bereits auf bis zu 6,5 % sowie der Ansatz der Grundbesitzwerte anstatt der niedrigeren Einheitswerte verschärfen die Problemlage zudem erheblich.
Der Gesetzgeber hat den ursprünglichen S. 2 mit dem Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 ersatzlos gestrichen.
Zugleich hat er aber auch mittelbare Änderungen im Gesellschafterbestand in den Tatbestand des § 1 Abs. 2a GrEStG miteinbezogen, was die ehedem komplexe Regelung nicht vereinfacht und in der Praxis erhebliche Probleme verursacht (Moritz, "Mittelbare Anteilsvereinigung bei einer zwischengeschalteten PersGes....", DB 2018, 1050ff.).
Inwieweit die Streichung des Satz 2 die wirtschaftliche Betrachtungsweise völlig aus der Norm verbannt und damit der für die Grunderwerbsteuer grundsätzlich maßgebenden zivilrechtlichen Betrachtung Geltung verschafft hat, ist eine Frage, die sich nicht ohne Weiteres beantworten lässt, weil § 1 Abs. 2a GrEStG nach wie vor im rechtssystematischen Kontext zu den §§ 1 Abs. 2 und 3 GrEStG steht. Diese sind als Ersatztatbestände zu den in § 1 Abs. 1 GrEStG geregelten, vom Zivilrecht geprägten Tatbeständen definiert, im Gegensatz zu diesen aber von der wirtschaftlichen Betrachtung bestimmt.
Daran entzündet sich regelmäßig aber auch die Kritik in Rechtsprechung und Literatur. Danach soll die wirtschaftliche Betrachtungsweise für die Auslegung der Norm maßgebend sein. Gefordert wird auch, den Gesetzeswortlaut mit dem des neuen § 1 Abs. 3a GrEStG zu synchronisieren, da dieser Norm die erforderliche Bestimmtheit innewohne (Viskorf, Beitrag zu den 50. Berliner Steuergesprächen am 24.2.2014).
In Tz. 3 des Erlasses v. 26.2.2003 (BStBl I 2003, 271), die vom letzten Satz abgesehen keine Änderungen gegenüber dem vorhergehenden Erlass v. 24.6.1998 (BStBl I 1998, 925) enthält, wird auch das Grundstück dem Vermögen der Gesellschaft zugeordnet, das sich noch nicht im Eigentum derselben befindet, sofern die Personengesellschaft die Verwertungsbefugnis i. S. d. § 1 Abs. 2 GrEStG erlangt hat.
Kritik erfahren hat daneben, dass ein Grundstück auch dann durchgängig zum Vermögen der Gesellschaft gehört haben soll, wenn es zum Zeitpunkt des Gesellschafterwechsels zwar noch nicht im Eigentum der Gesellschaft gestanden hat, aber aufgrund eines vorgefassten Plans danach erworben wurde. Begründet wird dies vor allem damit, dass es dem grunderwerbsteuerlichen Stichtagsprinzip zuwiderlaufe, in die Besteuerung eine künftige Entwicklung mit einzubeziehen, die noch nicht abgeschlossen sei. Dies sei nur unter Missbrauchsgesichtspunkten möglich; die Anwendung von § 42 AO neben § 1 Abs. 2a GrEStG sei aber grundsätzlich nicht mehr möglich (so Fischer, in Boruttau, Grunderwerbsteuer, 14. Aufl. zu § 1 Abs. 2a, Rz. 820).
Ungeachtet der Frage, ob § 42 AO tatsächlich nicht mehr neben § 1 Abs. 2a GrEStG Anwendung finden könnte, lässt die höchstrichterliche Rechtsprechung selbst Ausnahmen von der Stichtagsbetrachtung zu. Nicht nur bei Anwendung der Vergünstigung des § 5 GrEStG wurde auf den vorgefassten Plan abgestellt und damit ein dynamisches Element der Zukunftsbetrachtung in das Grunderwerbsteuerrecht eingeführt.
Auch die Rechtsfigur des einheitlichen Vertragswerks, die bisher ausschließlich durch die Rechtsprechung des BFH entwickelt und von ihm immer wieder bestätigt wurde, weicht vom Stichtagsprinzip ab. Denn zum "Besteuerungsstichtag" liegt noch ein unbebautes Grundstück vor; gleichwohl werden die Bauleistungen in die Bemessungsgrundlage mit einbezogen.
Der vorgefasste Plan zum Erwerb eines Grundstücks kann bei der Anwendung des § 1 Abs. 2a GrEStG daher herangezogen werden (vgl. auch FG Berlin v. 7.10.2002, 1 K 1096/01, EFG 2003, 182; bestätigt durch BFH v. 16.2.2005...