Birthe Kramer, Dietrich Weilbach
Rz. 86
Der Begriff "mittelbare Gesellschafteränderung" wird in § 1 Abs. 2a GrEStG nicht näher definiert, insbesondere enthält die Vorschrift keine ausdrückliche Regelung dazu, unter welchen Voraussetzungen eine mittelbare Änderung der Beteiligungsverhältnisse angenommen werden kann.
Für mittelbare Beteiligungen über eine Personengesellschaft geht danach die Finanzverwaltung davon aus, dass auf die jeweiligen Beteiligungsverhältnisse abzustellen und dementsprechend durchzurechnen ist. Sie sind demnach transparent zu behandeln. Dagegen ist bei mittelbaren Beteiligungen über eine Kapitalgesellschaft auf das erforderliche Quantum von 90 % der Anteile an dieser Gesellschaft abzustellen. Demnach ist die Beteiligung in voller Höhe bei der Ermittlung des Vomhundertsatzes zu berücksichtigen, wenn bei einer Kapitalgesellschaft mindestens 90 % der Anteile auf neue Anteilseigner übergehen (Ländererlass zu § 1 Abs. 2a GrEStG, v. 5.2.2010, BStBl 2010, 245, Tz. 3). Die Literatur teilt diese Auffassung (Hofmann, in Hofmann, GrEStG, § 1 Rz. 109).
Die Transparenz von Personengesellschaften ist indes in § 1 Abs. 2a GrEStG nicht durchgehend umgesetzt, Nach Auffassung des BFH ist die Personengesellschaft für Zwecke des § 1 Abs. 2a GrEStG eigenständiger Rechtsträger, und damit als intransparent zu behandeln, wenn sie mindestens 90 % der Anteile an einer immobilienbesitzenden Personengesellschaft erwirbt (BFH v. 29.2.2012, II R 57/09, BStBl II 2012, 917). Der BFH hat zugleich hervorgehoben, dass für Zwecke der §§ 5, 6 GrEStG bei doppelstöckigen Personengesellschaftsstrukturen die Personengesellschaft als transparent zu behandeln und somit auf die dahinterstehenden Gesellschafter abzustellen sei (BFH, II R 57/09, Rn. 16ff.).
Tz. 3 des Erlasses enthält in Abs. 1 Aussagen zur Ermittlung des Vomhundertsatzes i. S. d. § 1 Abs. 2a S. 1 GrEStG und macht deutlich, dass hierbei auf das Verhältnis der Beteiligung der Neugesellschafter zur fortbestehenden Beteiligung von Altgesellschaftern nach dem Gesellschafterwechsel abzustellen und hierfür der Anteil des Gesellschafters am Gesellschaftsvermögen nach dem Gesellschafterwechsel maßgebend ist. Eine bemerkenswerte Änderung gegenüber der früheren Erlassfassung ist darin zu sehen, dass bei der Ermittlung des Vomhundertsatzes nunmehr nur noch solche Gesellschafterwechsel zu berücksichtigen sind, die sich nach dem Grundstückserwerb vollziehen. Diese Aussage hat vor allem Bedeutung bei der Durchführung eines vorgefassten Plans im Rahmen größerer Immobilien-Investitionsvorhaben, bei denen das Eigenkapital durch Gesellschafterbeitritte unter entsprechenden Kapitalerhöhungen erbracht wird. Hier ist der Tatbestand des § 1 Abs. 2a S. 1 GrEStG erst erfüllt, wenn die nach dem Grundstückserwerb beigetretenen neuen Gesellschafter innerhalb von 10 Jahren entsprechend dem vorgefassten Plan, bezogen auf das geplante Eigenkapital im Verhältnis zu den Beteiligungen der Altgesellschafter, zu mindestens 90 % beteiligt sind.
Im Gegensatz zu mittelbaren Beteiligungen der Gesellschafter von Personengesellschaften an einer grundstücksbesitzenden Personengesellschaft bei entsprechenden Beteiligungen von Kapitalgesellschaften ist nach Auffassung der Finanzverwaltung nicht durchzurechnen, sondern nur auf das erforderliche Quantum von 90 % der Anteile an dieser abzustellen (entgegen der Auffassung des FG Münster v. 17.9.2008, 8 K 4659/05 GrE, EFG 2008, 1993; vgl. hierzu auch Rz. 93a). Dies sei der unterschiedlichen Behandlung von Personen- und Kapitalgesellschaften i. R. d. § 1 Abs. 2a GrEStG geschuldet. Auch beim Übergang von mindestens 90 % der Anteile an einer Kapitalgesellschaft auf neue Anteilseigner ist danach die Beteiligung der Kapitalgesellschaft in voller Höhe bei der Ermittlung des Vomhundertsatzes i. S. d. § 1 Abs. 2a S. 1 GrEStG zu berücksichtigen ist.
Die Auffassung der Finanzverwaltung, wonach
- bei der Beurteilung einer mittelbaren Beteiligung danach zu unterscheiden ist, ob diese durch eine juristische Person oder durch eine andere Personengesellschaft vermittelt wird,
- im Hinblick auf die Beteiligungen von Kapitalgesellschaften nur die Kapitalgesellschaft selbst Gesellschafter sein kann, da nur ihr die Beteiligung zuzurechnen ist, und
- ein Gesellschafterwechsel bei ihr nur dann von Bedeutung ist, wenn bei der Kapitalgesellschaft ein Gesellschafterwechsel in Höhe von 90 % auf neue Gesellschafter erfolgt,
ist höchst umstritten. Das FG Düsseldorf v. 3.2.2010, 7 K 1410/09 GE, EFG 2010, 1240, hat zwar bestätigt, dass auch Übertragungen auf 100-prozentige Tochtergesellschaften einen mittelbaren Gesellschafterwechsel i. S. d. § 1 Abs. 2a GrEStG darstellen und keine durchgreifenden Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit des § 1 Abs. 2a GrEStG n. F. im Hinblick auf die fiktive Übertragung von Grundbesitz zwischen einer Muttergesellschaft und deren 100 %-Tochtergesellschaft durch mittelbaren Gesellschafterwechsel bestünden. Die Vorschrift sei weder teleologisch einzuschränken noch sei ein vom Kläger gesehenes, dem Gesetzge...