Birthe Kramer, Dietrich Weilbach
Rz. 94
Ein Grundstückstausch liegt vor, wenn sich in einem gegenseitigen Vertrag beide Vertragsparteien verpflichten, jeweils ein Grundstück auf den anderen Vertragspartner zu übereignen. Zivilrechtlich ist der Tausch in § 480 BGB geregelt. Danach finden auf den Tausch die Vorschriften über den Kauf (§§ 433ff. BGB) entsprechende Anwendung. Die Tauschpartner sind damit jeweils bezüglich des hingegebenen Gegenstandes (Grundstücks-)Verkäufer und bezüglich des erhaltenen Gegenstandes (Grundstücks)Käufer. Zivilrechtlich wird der Tausch demzufolge wie zwei zusammenhängende Kaufverträge betrachtet. Aufgrund der Verweisung in § 480 BGB auf §§ 433ff. BGB finden auf den Tausch ebenso wie beim Kauf auch die Vorschriften über Sach- und Rechtsmängel Anwendung. Bei einem Tausch besteht die Gegenleistung für das jeweils hingegebene Grundstück nicht wie beim Kauf (vgl. § 433 Abs. 2 BGB) in Geld, sondern ebenfalls in einem Grundstück. Dem steht nicht entgegen, wenn im Tauschvertrag ein Geldbetrag als Kaufpreis ausgewiesen ist, dem faktisch lediglich die Bedeutung als Rechengröße zukommt. Das Vorliegen eines Tauschvorganges wird auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass die getauschten Grundstücke einen unterschiedlichen Wert haben und diese Wertdifferenz in Geld ausgeglichen wird. Solche Tauschvorgänge sind insoweit Grundstückstausch, als die Gegenleistung für das hingegebene Grundstück in der Hingabe eines weiteren Grundstücks besteht. Gleichwohl ist grunderwerbsteuerrechtlich zwischen einem (Doppel-)Kauf und Tausch strikt zu unterscheiden, weil die entsprechende Zuordnung erhebliche Auswirkungen auf die grunderwerbsteuerliche Bemessungsgrundlage hat, die sich beim Kauf im Wesentlichen nach dem Kaufpreis (vgl. § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG) und beim Grundstückstausch nach dem gemeinen Wert der Tauschleistung des anderen Vertragsteils und einer ggf. vereinbarten zusätzlichen Leistung (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 GrEStG) richtet (vgl. hierzu § 9 Rz. 9ff.).
Die Abgrenzung zwischen Kauf und Tausch kann im Einzelfall schwierig sein. Entscheidend ist, was nach dem im Vertrag zum Ausdruck gebrachten Willen der Vertragsparteien gegenseitig verschafft werden soll. Auf den Wortlaut der Vertragsurkunde allein kommt es hierbei nicht an. Auch wenn dieser von einem (Doppel-)Kauf spricht, sind die getroffenen Vereinbarungen dennoch als Tauschvertrag zu werten, wenn die von den Vertragsparteien zu erbringenden Leistungen jeweils nur auf die Verschaffung eines Grundstücks gerichtet sind und etwaigen angeführten Kaufpreisen lediglich der Charakter von Vergleichs- bzw. Rechnungsgrößen beizumessen ist (vgl. BFH v. 2.3.1971, II 64/65, BStBl II 1971, 533; BFH v. 1.10.1975, II R 84/70, BStBl II 1976, 128). Bei einem Doppelkauf steht dem jeweils hingegebenen Grundstück als Gegenleistung eine Kaufpreisforderung gegenüber, die mit der Kaufpreisforderung des anderen Vertragspartners aufgerechnet bzw. verrechnet wird, während beim Tausch die jeweilige Gegenleistung aus einem Grundstück besteht.
Die Grunderwerbsteuer folgt der zivilrechtlichen Betrachtung, indem in § 1 Abs. 5 GrEStG der Tausch von zwei Grundstücken einen zweifachen Erwerbsvorgang darstellt. Der Steuer unterliegt sowohl die Vereinbarung über die Leistung des einen als auch die Vereinbarung über die Leistung des anderen Vertragsteils. Auch wenn ein Grundstückstausch in nur einem Vertrag beschlossen wird, liegen zwei Grundstücksumsätze und zwei Grunderwerbsteuerfälle vor, für die die Steuer jeweils gesondert zu berechnen und festzusetzen ist. Da jede Vertragsleistung einen besonderen Steuerfall bildet, ist auch die Anwendung von Befreiungsvorschriften gesondert zu prüfen (vgl. BFH v. 2.7.1951, II 21/51 S, BStBl III 1951, 154). Eine etwaige Steuerbefreiung des Grundstückserwerbs eines Vertragsteils hat auf die Besteuerung des Grundstückserwerbs des anderen Vertragsteils keinen Einfluss.
Die Stadt A tauscht ein in ihrem Eigentum stehendes Grundstück gegen ein im Eigentum eines ausländischen Staates stehendes Grundstück.
Der Grundstückserwerb der Stadt ist mangels eines entsprechenden Befreiungstatbestandes nicht von der Grunderwerbsteuer befreit. Der Erwerb des ausländischen Staates ist unter den Voraussetzungen des § 4 Nr. 2 oder Nr. 3 GrEStG von der Grunderwerbsteuer ausgenommen.
Ein Tauschvertrag i. S. d. § 1 Abs. 5 GrEStG liegt nicht vor, wenn für nur einen Vertragsteil der Anspruch auf Übereignung eines Grundstücks begründet wird, für den anderen Vertragsteil dagegen der Anspruch auf Errichtung eines Gebäudes auf seinem Grundstück (BFH v. 20.2.1974, II R 59/66, BStBl II 1974, 428).
Rz. 95
Haben die Beteiligten bei voller Willensübereinstimmung versehentlich das Falsche erklärt, kommt der Vertrag nicht dem erklärten, sondern mit dem beiderseits gewollten Inhalt zustande. Das gilt auch für den Kauf eines Grundstücks und dessen Auflassung. Sind in den Auflassungserklärungen eines Verkäufers an 2 Käufer je eines Grundstücks die Bezeichnungen der Grundstücke, die sie erhalten sollen, gegenseitig verwe...