Dietrich Weilbach, Birthe Kramer
Rz. 26
Die Vorschrift des § 16 Abs. 2 GrEStG begünstigt unter bestimmten Voraussetzungen den Rückerwerb des Eigentums an einem Grundstück durch den Veräußerer. Werden diese Voraussetzungen eingehalten, wird auf Antrag die Grunderwerbsteuer sowohl für den Rückerwerb als auch für den vorausgegangenen Erwerbsvorgang nicht festgesetzt oder die bereits erfolgte Steuerfestsetzung wieder aufgehoben. Die Anwendung der Vorschrift setzt zunächst einen Erwerbsvorgang nach § 1 GrEStG und den Übergang des Eigentums an einem Grundstück vom ursprünglichen Veräußerer auf den Erwerber voraus. Des Weiteren verlangt sie einen Rückerwerb des Eigentums an dem veräußerten Grundstück, der entweder innerhalb von 2 Jahren seit der Entstehung der Steuer für den vorausgegangenen Erwerbsvorgang stattfinden muss (§ 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG) oder – ohne zeitliche Begrenzung – wegen Nichtigkeit des zugrunde liegenden Rechtsgeschäfts (§ 16 Abs. 2 Nr. 2 GrEStG) bzw. bei Nichterfüllung der Vertragsbedingungen aufgrund eines Rechtsanspruchs (§ 16 Abs. 2 Nr. 3 GrEStG) erfolgt.
4.1 Rückerwerb innerhalb von 2 Jahren (§ 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG)
4.1.1 Kasuistik des Rückerwerbs
Rz. 27
Unter den Tatbestand des § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG fallen sämtliche Rückerwerbe eines Grundstücks, die innerhalb von 2 Jahren nach der Entstehung der Steuer für den vorausgegangenen Erwerbsvorgang (vgl. § 38 AO, § 14 GrEStG) stattfinden. Die Vergünstigung erstreckt sich sowohl auf den Rückerwerb durch schlichten Rückkauf eines Grundstücks (vgl. BFH v. 25.10.1979, II R 35/75, BStBl II 1980, 129) und die Fälle der Rückauflassung, Rückabtretung und Rückübertragung (z. B. auch der Verwertungsbefugnis im Fall des § 1 Abs. 2 GrEStG) als auch den Eigentumsübergang durch übertragende Umwandlung (vgl. BFH v. 6.12.1978, II R 81/73, BStBl II 1979, 249). Begünstigte Rückerwerbe i. S. d. § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG können auch im Rahmen eines Zwangsversteigerungsverfahrens oder einer freiwilligen Baulandumlegung (vgl. hierzu FinMin Baden-Württemberg v. 30.9.1997, S 4400/5) oder bei der Auflösung von Treuhandverhältnissen erfolgen. Keine Rückgängigmachung i. S. v. § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG liegt vor, wenn ein veräußertes Grundstück in Wohnungs- und Teileigentum aufgeteilt wird und der Veräußerer im Wege des Tausches an diesem Grundstück Wohnungs- und Teileigentum, d. h. bzw. einen Teil der neu geschaffenen Eigentumseinheiten erhält. Ein solcher Geschehensablauf erfüllt nicht den klaren Wortlaut des § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG, wonach der Veräußerer das Eigentum an dem "veräußerten Grundstück" zurückerwerben muss (vgl. BFH v. 19.2.2014, II B 106/13, BFH/NV 2014, 901). Für jeden Miteigentumsanteil wird nach § 7 Abs. 1 S. 1 WEG ggf. i. V. m. § 8 Abs. 2 S. 1 WEG von Amts wegen ein besonderes Grundbuchblatt (Wohnungsgrundbuch, Teileigentumsgrundbuch) angelegt. Jeder Miteigentumsanteil bildet übereinstimmend mit dieser zivilrechtlichen Beurteilung ein selbständiges Grundstück i. S. d. § 2 Abs. 1 S. 1 GrEStG (BFH v. 30.7.1980, II R 19/77, BStBl II 1980, 667; BFH v. 12.10.1988, II R 6/86, BStBl II 1989, 54; BFH v. 22.6.2012, II B 45/11, BFH/NV 2012, 1827; BFH v. 22.6.2012, II B 48/11, BFH/NV 2012, 2025). Der Anwendung des § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG steht hier insbesondere auch entgegen, dass die durch Teilung des veräußerten Grundstücks in Wohnungs- und Teileigentum neu entstehenden Miteigentumsanteile weder identisch noch teilidentisch mit dem veräußerten Grundstück sind. Da es sich beim Wohnungs- und Teileigentum um eigenständige Grundstücke handelt, kann deren Erwerb an dem veräußerten Grundstück durch den Veräußerer auch nicht dem Fall gleichgestellt werden, dass nur eine Teilfläche des veräußerten Grundstücks auf den Veräußerer zurückübertragen wird, weil der Erwerber eine andere Teilfläche des Grundstücks in der Zwischenzeit veräußert hatte (vgl. zu dieser Fallgestaltung BFH v. 27.4.2005, II R 4/04, BFH/NV 2005, 1629).
4.1.2 Antrag auf Eintragung ins Grundbuch innerhalb der Zwei-Jahresfrist
Rz. 28
Sofern für den Rückerwerb eine Eintragung im Grundbuch erforderlich ist, muss innerhalb der zweijährigen Frist die Auflassung erklärt und die Eintragung im Grundbuch beantragt werden (§ 16 Abs. 2 Nr. 1 S. 2 GrEStG). Die Vorschrift stellt damit zu Recht nicht auf den Zeitpunkt der tatsächlichen Eintragung im Grundbuch ab, auf den die Beteiligten keinen Einfluss haben. Die Eintragung einer Vormerkung (§ 883 BGB) innerhalb der zweijährigen Frist ist nicht ausreichend. Andererseits steht eine (Auflassungs-)Vormerkung einer Rückgängigmachung eines Kaufvertrags nicht mehr entgegen, wenn dem ursprünglichen Veräußerer eine Löschungsbewilligung erteilt wurde, die er ohne Beschränkungen gegenüber dem (Erst-)Erwerber geltend machen kann (BFH v. 1.7.2008, II R 36/07, BStBl II 2008, 882). Wird ein Antrag auf Eintragung nach Ablauf der zweijährigen Frist zurückgenommen oder abgewiesen, ist die Vergünstigung des § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG nicht anwendbar.
Auch im Fall des § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG muss die Rückübertragung zu einer echten Rückgängigmachung des Erwerbs führen. Ein Anspruch aus § 16 Abs. 2 GrEStG setzt zwingend voraus, dass es zu einer tatsächlichen vollständigen Rückgängigmac...