Dietrich Weilbach, Birthe Kramer
4.3.1 Kasuistik
Rz. 31
Erwirbt der Veräußerer das Eigentum an dem veräußerten Grundstück zurück, so wird auf Antrag sowohl für den Rückerwerb als auch für den vorausgegangenen Erwerbsvorgang die Steuer nicht festgesetzt oder die Steuerfestsetzung aufgehoben, wenn die Vertragsbedingungen des Rechtsgeschäfts, das den Anspruch auf Übereignung begründet hat, nicht erfüllt werden und das Rechtsgeschäft deshalb aufgrund eines Rechtsanspruchs rückgängig gemacht wird. Die Vorschrift des § 16 Abs. 2 Nr. 3 GrEStG korrespondiert in Bezug auf den notwendigen Rechtsanspruch mit § 16 Abs. 1 Nr. 2 GrEStG und verlangt ebenso, dass ein gesetzliches oder vertragliches Recht zur Rückgängigmachung besteht und ausgeübt wird. Aus der Nichterfüllung von Vertragsbedingungen (das sind Vereinbarungen des den Übereignungsanspruch begründenden Rechtsgeschäfts) muss sich zivilrechtlich ein einseitig erzwingbarer gesetzlicher oder vertraglichen Rechtsanspruch auf Rückgängigmachung des Grundstücksgeschäfts ergeben; eine einvernehmliche Rückabwicklung ohne einen solchen Anspruch, etwa auf Grundlage eines Vergleichs, reicht nicht aus (BFH v. 19.2.2020, II R 4/18, BFH/NV 2020, 1169). Die Vergünstigung ist anwendbar auf die Fälle der Wiederversteigerung eines Grundstücks (vgl. BFH v. 14.9.1988, II R 76/86, BStBl II 1989, 150) sowie die Rückgängigmachung des Erwerbs eines Erbbaurechts, den Wegfall der Geschäftsgrundlage oder das Wiederkaufsrecht bei Nichteinhaltung von Vertragsbestimmungen (zum Fall der Abweichung zwischen der vertraglich geschuldeten und der tatsächlichen Wohnfläche des Vertragsobjekts vgl. BFH v. 19.2.2020, II R 4/18, BFH/NV 2020, 1169). Sie findet ferner Anwendung, wenn ein Erwerbsvorgang über ein Grundstück rückgängig gemacht wird, nachdem das Eigentum an dem Grundstück übergegangen war und der Erwerber auf dem Grundstück Aufbauten errichtet hatte. Die Errichtung der Aufbauten steht der Anwendung des § 16 Abs. 2 Nr. 3 GrEStG nicht entgegen. Die Aufbauten ändern nichts daran, dass es sich bei dem zurückübereigneten und dem vom Rückerwerber übereigneten Grundstück um dasselbe Grundstück i. S. d. bürgerlichen Rechts handelt (vgl. BFH v.14.1.1976, II R 149/74, BStBl II 1976, 347). Besonderheiten bei der Anwendung des § 16 Abs. 2 Nr. 3 GrEStG ergeben sich beim Heimfall eines Erbbaurechts nach § 32 ErbbauVO. Bei diesem ist § 16 Abs. 2 Nr. 3 GrEStG ausnahmsweise dann anzuwenden, wenn der Heimfallanspruch auf die Nichterfüllung von Vertragspflichten zurückgeht, die in einem schuldrechtlichen Vertrag übernommen wurden und zivilrechtlich eine Hauptleistung darstellen (vgl. hierzu BFH v. 13.7.1983, BStBl II 1983, 683, und den einheitlichen Ländererlass zur grunderwerbsteuerlichen Behandlung von Erbbaurechtsvorgängen, z. B. FinMin Baden-Württemberg v. 7.3.2002, 3 – S 4500/9, Tz. 3).
4.3.2 Rückerwerb durch Zwangsversteigerung
Rz. 32
Wird ein Grundstück im Wege der Zwangsversteigerung zurückerworben, kommt eine Aufhebung der Grunderwerbsteuerfestsetzung gem. § 16 Abs. 2 Nr. 3 GrEStG auch dann nicht in Betracht, wenn bei der vorhergehenden Grundstücksveräußerung zugunsten des Rückerwerbers ein Rücktrittsrecht vereinbart worden war. Denn hier fehlt es aufgrund der von der Gläubigerin des Erwerbers beantragten und durchgeführten Zwangsversteigerung an der notwendigen Rückabwicklung des Erwerbsvorgangs aufgrund des Rücktrittsrechts (vgl. FG Düsseldorf v. 11.2.2015, 7 K 3097/14 GE, StE 2015, 198 – red. Leitsatz –).
4.3.3 Erwerb durch Erstveräußerer nach Kettenveräußerung
Rz. 33
Wird bei Aufeinanderfolge mehrerer Erwerbsvorgänge das hiervon betroffene Grundstück vom Dritterwerber direkt auf den Erstveräußerer zurückübertragen, sind die Voraussetzungen des § 16 Abs. 2 Nr. 3 GrEStG auf jeder Vertragsstufe selbstständig zu untersuchen. Der Anwendung der Vergünstigungsvorschrift steht dabei nur dann nichts entgegen, wenn und soweit die Rückübertragung auch den Zwischenerwerbern zugerechnet werden kann. Überträgt z. B. eine Kommune ein Grundstück an Eheleute, die dieses später mit Zustimmung der Kommune an andere Eheleute weiterveräußern, und wird nach dem Tod eines dieser zweiterwerbenden Ehegatten das Grundstück aufgrund eines zwischen den ursprünglichen Vertragsparteien vereinbarten Ankaufsrechts von der Erbin des verstorbenen Ehegatten auf die Kommune zurückübertragen, sind daher die Voraussetzungen des § 16 Abs. 2 Nr. 3 GrEStG nicht erfüllt. Mit der Zustimmung zur Weiterübertragung des Grundstücks von den ursprünglichen Erwerbern auf die Zweiterwerber hat die Kommune auf ihr Rückkaufsrecht verzichtet. Der Kommune stand daher im Zeitpunkt des Rückkaufs von der Erbin kein Ankaufsrecht gegenüber den ursprünglichen Erwerbern mehr zu, sodass auch der zwischen ihr und diesen (Erst-)Erwerbern verwirklichte Erwerbsvorgang voll wirksam geblieben ist. Um in den Genuss der Vergünstigung des § 16 Abs. 2 Nr. 3 GrEStG zu gelangen, hätte die Kommune sich auf jeder Stufe das Grundstück zurückübertragen lassen müssen und erst dann an den nächsten Erwerber weiter übertragen dürfen (vgl. BFH v. 16.10.2009, II B 37/09, BFH/NV 2010, 240).
Ein auf der Übertragung von Anteilen an ...