Birthe Kramer, Dietrich Weilbach
Rz. 35
Unter den Tatbestand des § 3 Nr. 2 GrEStG fallen auch Grundstücksübertragungen im Zusammenhang mit der Erbfolge in einem Hof, die Heimstättenfolge und gewisse Grundstückserwerbe im Beitrittsgebiet.
Das im Bundesgebiet durch regionale Unterschiede geprägte sog. Anerbenrecht stellt partiell geltendes Bundesrecht dar. Die insoweit unterschiedlichen Bestimmungen ergeben sich aus dem BMF-Schreiben vom 11.1.1993 (BStBl I, 62 ff.). Im Beitrittsgebiet ist das Anerbenrecht allerdings auf Grund von Art. 8 des Einigungsvertrages nicht in Kraft getreten.
Bei dem in den Ländern Hamburg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein geltenden Anerbenrecht nach der HöfeO fällt der Hof als Teil der Erbschaft nur dem sog. Hoferben im Wege der Sondererbfolge zu (§ 4 Satz 1 HöfeO). Obwohl der Hof zum Nachlass gehört, an dem ggf. mehrere Erben als Erbengemeinschaft beteiligt sind, findet zu keinem Zeitpunkt ein Zwischenerwerb durch diese Erbengemeinschaft statt. Im Verhältnis der Miterben tritt an die Stelle des Hofs der Hofeswert (§ 4 Satz 2 HöfeO). Mit dem Erbfall erhält der Hoferbe somit den Hof und den anderen (weichenden) Erben steht gleichzeitig ein Anspruch an den Hoferben auf Auszahlung ihres Erbteils in Geld zu (§ 12 HöfeO; vgl. hierzu BFH-Urteil vom 1.4.1992, BStBl II, 669). Letztere erhalten zudem eine Ergänzung zur Abfindung, wenn der Hoferbe den Hof oder zum Hof gehörende Grundstücke innerhalb von zwanzig Jahren nach dem Erbfall veräußert (§ 13 HöfeO). Die zivilrechtliche Einordnung dieser Abfindungsansprüche ist nicht eindeutig. Nach Auffassung des Bundesfinanzhofs handelt es sich beim Anspruch nach § 12 HöfeO um ein gesetzliches Vermächtnis und beim Ergänzungsanspruch nach § 13 HöfeO um ein aufschiebend bedingtes gesetzliches Vermächtnis (BFH-Urteil vom 28.7.1976, BStBl 1977 II, 79 und vom 23. 3. 1977, BStBl II, 730).
Erbschaftsteuerrechtlich sind die Abfindungsansprüche der weichenden Miterben nach den §§ 12 und 13 HöfeO unbeachtlich. In der Regelung des § 4 HöfeO, die dem Hoferben den Hof und den übrigen (weichenden) Erben den Hofeswert zuweist, sieht der Bundesfinanzhof eine Form der gesetzlichen Teilungsanordnung, die erbschaftsteuerlich ohne Bedeutung ist (BFH-Urteil vom 1.4.1992, BStBl II, 669). Allerdings unterliegt der Anteil des Miterben am Nachlass, in den auch der Hof fällt, nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 – 1. Alternative – ErbStG der Erbschaftsteuer.
Grunderwerbsteuerrechtlich erstreckt sich die Steuerbefreiung des § 3 Nr. 2 GrEStG beim Hoferben lediglich auf den Teil seines Erwerbs, der seinem Erbteil am Nachlass entspricht. Sie ist aber auf die Zuweisung des Hofes an den Hoferben gemäß § 4 Satz 1 HöfeO – angesichts deren erbschaftsteuerlicher Irrelevanz – nicht anwendbar (a. A. Meßbacher-Hönsch in Viskorf, GrEStG, 20. Aufl. 2020, § 3 Rz. 156). Allerdings dürfte der Hoferwerb nach § 3 Nr. 3 Satz 1 GrEStG begünstigt sein (so auch Pahlke, GrEStG, 5. Aufl. 2014, § 3 Rz. 127). Die Anwendung des § 3 Nr. 2 GrEStG ist – aufgrund der erbschaftsteuerlichen Sichtweise – an und für sich auch ausgeschlossen, wenn die weichenden Miterben vom Hoferben für ihren Verzicht auf einen Ausgleichsanspruch oder an Erfüllungs statt (§ 364 BGB) ein Grundstück übertragen bekommen. Allerdings vermag dieses Ergebnis in keiner Weise zu überzeugen, weil die Miterben dadurch schlechter gestellt wären wie ein Vermächtnisnehmer, der bei einem ihm zugewendeten Ausgleichsanspruch ein Grundstück grunderwerbsteuerfrei erwerben kann. Entsprechende Grundstückserwerbe sollten daher – ungeachtet der o. a. Sichtweise – wie schon bei den vergleichbaren Grundstückserwerben des weichenden Miterben aufgrund einer qualifizierten Nachfolgeklausel (vgl. Rz. 30) – entweder nach § 3 Nr. 2 GrEStG oder nach § 3 Nr. 3 GrEStG von der Grunderwerbsteuer befreit werden (so auch Pahlke, GrEStG, 5. Aufl. 2014, § 3 Rz. 127). Die Zweifelsfrage wurde in der Vergangenheit wohl auch innerhalb der Finanzverwaltung nicht einheitlich behandelt (eine Steuerbefreiung bejahend: OFD Hannover v.19.3.2008, S 4505-24-StO 261; verneinend: OFD Münster v. 5.10.2011, S 4505-75-St 24-35). Insoweit sollte jedoch, wenigstens für die Zukunft, eine einheitliche Sachbehandlung gewährleistet sein. Eine unterschiedliche grunderwerbsteuerrechtliche Behandlung von Erbangelegenheiten in Bezug auf Höfe in verschiedenen Bundesländern und ggf. innerhalb eines Bundeslandes erscheint nicht gerechtfertigt. Anders als in den Ländern Hamburg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein, in denen die HöfeO Anwendung findet, gilt in Baden-Württemberg als landesspezifisches Anerbenrecht nur noch das Badische Gesetz, die geschlossenen Hofgüter betreffend, vom 20.8.1898 (vgl. Palandt/Weidlich, Bürgerliches Gesetzbuch, 75. Aufl., Art. 64 EGBGB Rz. 2). In anderen Bundesländern, in denen kein spezielles Anerbenrecht gilt, und in den Regionen Baden-Württembergs, in denen das o. g. Gesetz keine Gültigkeit hat, gelten die allgemeinen erbrechtlichen Regelungen des BGB. Hiernach fällt im Er...