Birthe Kramer, Dietrich Weilbach
Rz. 50
Nach § 3 Nr. 4 GrEStG sind Grundstückserwerbe zwischen Ehegatten von der Grunderwerbsteuer befreit. Die Anwendung der Vorschrift setzt voraus, dass zwischen dem Erwerber und dem Veräußerer des Grundstücks im Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (i. d. R. Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrags) eine rechtsgültige, d. h. nach deutschem Recht wirksame – nicht notwendigerweise nach deutschem Recht oder in Deutschland geschlossene – Ehe besteht. Die im Inland geschlossene Ehe, die dadurch zustande kommt, dass die Verlobten vor dem Standesbeamten persönlich und unter gleichzeitiger Anwesenheit erklären, die Ehe miteinander eingehen zu wollen (§§ 1310ff. BGB), besteht bis zu ihrer Auflösung. Die Auflösung kann nach deutschem Recht durch Tod eines Ehegatten, mit dem Eintritt der Rechtskraft des Urteils über die Scheidung der Ehe oder durch Aufhebung der Ehe erfolgen (§§ 1546, 1313 BGB). Ein Auflösungsgrund ist auch die Schließung einer neuen Ehe, wenn der andere Ehegatte für tot erklärt worden ist (§ 1319 Abs. 2 BGB).
Nach deutschem Recht ist als Ehe grundsätzlich die Einehe zu verstehen (§ 1306 BGB). Allerdings werden im Ausland eingegangene Mehrehen auch im Inland anerkannt, wenn nach dem Recht der Heimatstaaten der Ehegatten die Vielehe gestattet ist. Entsprechende Mehrehen sind daher auch nach § 3 Nr. 4 GrEStG begünstigt. Dies gilt auch für im Inland geschlossene Mehrehen zwischen ausländischen Verlobten aus Heimatländern, in denen Polygamie zugelassen ist, wenn die Trauung nach Heimatrecht vollzogen wird.
Stellt sich ein notarieller Grundstücksvertrag zwischen Ehegatten (ggf. auch zwischen Lebenspartnern, vgl. Rz. 52) bei verständiger Würdigung seines gesamten Inhalts als Vertragsübernahme dar (vgl. § 1 GrEStG Rz. 59), kommt hierfür eine Anwendung des § 3 Nr. 4 GrEStG in Betracht. Die Vertragsübernahme begründet einen (regelmäßig sogleich erfüllten) Anspruch auf Übertragung eines Übereignungsanspruchs bezüglich des Grundstücks und führt damit grunderwerbsteuerrechtlich zu einem Rechtsträgerwechsel gem. § 1 Abs. 1 Nr. 5 bzw. Nr. 7 GrEStG zwischen dem ursprünglichen Käufer und dem Dritten, der einen nochmaligen grunderwerbsteuerrechtlich relevanten Rechtsträgerwechsel auf den Dritten gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG ausschließt. Maßgebend für die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 4 GrEStG ist im Fall der Übernahme eines Grundstückskaufvertrags das Verhältnis zwischen dem ursprünglichen Käufer und dem neuen Käufer (BFH v. 22.9.2010, II R 36/09, BFH/NV 2011, 304).
Aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung kann bei Grundstücksübertragungen zwischen Ehegatten die Eintragung im Grundbuch (Eigentumsumschreibung) auch ohne Vorlage einer Unbedenklichkeitsbescheinigung erfolgen (vgl. § 22 GrEStG Rz. 3).
Rz. 51
Da § 3 Nr. 4 GrEStG nur für Grundstückserwerbe zwischen Ehegatten gilt, kann die Befreiung für Erwerbe zwischen den Partnern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft nicht gewährt werden. Schon der Wortlaut der Vorschrift, der Grundstückserwerbe "durch den Ehegatten" anspricht, lässt eine Anwendung auf nichteheliche Lebensgemeinschaften nicht zu (vgl. Hofmann, § 3 Rz. 25). Die Bedeutung der Begriffe "Ehe" und "Ehegatten" ist eindeutig und keiner weiteren Auslegung zugänglich. Mit "Ehegatten" können nur die Partner einer Ehe i. S. d. bürgerlichen Rechts gemeint sein (vgl. BFH v. 27.10.1982, BStBl II 1983, 114).
Die differenzierte Behandlung von Eheleuten und Partnern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft ist auch verfassungskonform. Der Bundesfinanzhof hat darin keinen Verstoß gegen das Gleichheitsgebot (Art. 3 GG) gesehen (vgl. BFH v. 18.12.1997, BFH/NV 1998, 699). Der Gesetzgeber hat nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bei der Erschließung von Steuerquellen und der Ausgestaltung der entsprechenden Steuergesetze einen weitgehenden Entscheidungsspielraum. Es liegt innerhalb dieser Gestaltungsbefugnis des Gesetzgebers, wenn er angesichts der unterschiedlichen Rechte und Pflichten bei wirksam geschlossenen Ehen einerseits und bei nichtehelichen Lebensgemeinschaften andererseits für bestimmte Rechtsvorgänge unterschiedliche grunderwerbsteuerrechtliche Folgerungen zieht (vgl. auch die zur ErbSt ergangene Entscheidung des BVerfG v. 1.6.1983, BStBl II 1984, 172). Der bei der Ausgestaltung einer Steuer zu beachtende allgemeine Gleichheitssatz gebietet lediglich, dass der Gesetzgeber die von ihm selbst statuierten Sachgesetzlichkeiten folgerichtig verwirklichen muss und die einmal getroffene Belastungsentscheidung folgerichtig im Sinne der Belastungsgleichheit umsetzt (vgl. BVerfG v. 22.6.1995, BStBl II 1995, 655). Auch die gesetzliche Gleichstellung der unehelichen Kinder mit den ehelichen Kindern durch das Erbgleichstellungsgesetz zwingt nicht dazu, die nichtehelichen Lebenspartner bei Anwendung des § 3 Nr. 4 GrEStG den Ehegatten gleichzustellen. Im Übrigen darf eine vom Gesetzgeber in eindeutiger Weise getroffene Belastungsentscheidung nicht von den Gerichten aufgrund eigener rechtspolitischer Vorstellu...