Dietrich Weilbach, Birthe Kramer
Rz. 8
Nach § 5 Abs. 1 GrEStG wird beim Übergang eines Grundstücks von mehreren Miteigentümern auf eine Gesamthand die Steuer insoweit nicht erhoben, als der Anteil des einzelnen am Vermögen der Gesamthand Beteiligten seinem Anteil am Grundstück entspricht. Die Steuer wird mithin nur insoweit erhoben, als einem Beteiligten bei der Rechtsänderung ein höherer Anteil zugewiesen wird, als seine bisherige Beteiligung abdeckt.
Rz. 9
Entgegen ihrem Wortlaut ("Geht ein Grundstück von mehreren Miteigentümern auf eine Gesamthand...") setzt die Bestimmung in § 5 Abs. 1 GrEStG nicht voraus, dass alle übertragenden Miteigentümer am Grundstück auch Berechtigte an der erwerbenden Gesamthand sind. Auch müssen nicht alle Gesamthänder Grundstückseigentümer sein. Die Vorschrift greift daher auch z. B. dann ein, wenn die zwei einzigen Miteigentümer eines Grundstücks dieses auf eine Gesamthand übertragen, an der sie und zwei weitere Gesamthänder jeweils zu 25 % vermögensmäßig beteiligt sind (die Steuer bleibt insgesamt zu 50 % unerhoben). Denn nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift soll insoweit Steuerfreiheit eintreten, als der Veräußernde vorher Miteigentümer am Grundstück war und anschließend im Rahmen der Gesamthand an dem erworbenen Grundstück beteiligt ist; deshalb kann es z. B. nicht darauf ankommen, ob die weiteren Gesamthänder ebenfalls Miteigentümer am Grundstück waren oder nicht (vgl. hierzu – zur Anwendung von § 6 Abs. 1 GrEStG – BFH v. 21.11.1979, II R 96/76, BStBl II 1980, 217). Abgestellt wird damit lediglich auf die Kongruenz zwischen hingegebenem Grundstücksteil und dem Anteil des übertragenden Gesamthänders am Gesamthandsvermögen.
A, B und C sind Miteigentümer eines Grundstücks zu je 1/3. Das Grundstück geht auf eine OHG über, an der A, B, C und D zu je 1/4 beteiligt sind. Die Steuer bleibt i. H. v. 3 x1/4 = 3/4 unerhoben; 1/4 wird erhoben.
Rz. 10
Die Vergünstigungsvorschrift des § 5 Abs. 1 GrEStG ist auf eine Anteilsvereinigung (§ 1 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 2 GrEStG) in der Person einer Gesamthand nicht (entsprechend) anwendbar. Während bei § 1 Abs. 3 Nr. 3 und 4 GrEStG ein (fingierter) Grundstückserwerb von dem Veräußerer aller Anteile zugrunde liegt und diese grunderwerbsteuerrechtliche Fiktion es rechtfertigt, die Veräußerung aller (bereits vereinigten) Anteile einer grundbesitzenden Gesellschaft wie eine Veräußerung des Grundstücks selbst zu behandeln und damit bei einer Übertragung aller Anteile auf eine Gesamthand die Steuervergünstigung des § 5 GrEStG zu gewähren (vgl. BFH v. 16.1.2002, II R 52/00, BFH/NV 2002, 1053), scheidet in den Fällen der Anteilsvereinigung (§ 1 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 2 GrEStG) eine solche Fiktion eines Grundstückserwerbs der Gesellschaft und damit die (entsprechende) Anwendung des § 5 GrEStG aus. Grunderwerbsteuerrechtlich kann der Erwerb einzelner Anteile einer grundbesitzenden GmbH nicht dem Erwerb von Miteigentumsanteilen an Grundstücken der GmbH gleichgestellt werden (vgl. BFH v. 31.3.1982, II R 92/81, BStBl II 1982, 424); der Erwerb einzelner Anteile einer grundbesitzenden GmbH vermittelt keine Sachherrschaft an den Grundstücken der Gesellschaft. Demgemäß ordnen § 1 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 2 GrEStG erstmals die Herrschaftsmacht über die Grundstücke der Gesellschaft dem Erwerber zu, in dessen Person sich alle Anteile vereinen (so im Ergebnis auch BFH v. 31.3.1982, II R 92/81, BStBl II 1982, 424). Werden daher auf die Gesamthand Anteile einer Gesellschaft übertragen und tritt dadurch in der Person der Gesamthand (erstmals) eine Anteilsvereinigung ein, ist § 5 GrEStG mangels Miteigentümerschaft der anteilsübertragenden Gesamthänder nicht anwendbar (vgl. BFH v. 2.4.2008, II R 53/06, BStBl II 2009, 544).
An der A-GmbH sind B und C zu jeweils 50 % beteiligt. Die A-GmbH ist Alleingesellschafterin der D-GmbH, E-GmbH und F-GmbH, zu deren Gesellschaftsvermögen jeweils Grundstücke gehören. B und C übertragen alle Anteile an der A-GmbH auf eine neu gegründete GbR.
Mit der Einbringung aller Anteile an der A-GmbH durch B und C haben sich in der Hand der GbR (mittelbar) alle Anteile an der D-GmbH, E-GmbH, und F-GmbH vereinigt. Damit ist der Steuertatbestand des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG erfüllt. Dieser Tatbestand ist einer Vergünstigung nach § 5 Abs. 1 GrEStG nicht zugänglich.
Rz. 11
Eine Erbengemeinschaft und eine offene Handelsgesellschaft sind nach BFH v. 27.10.1970, II 72/65, BStBl II 1971, 278, verschiedene Rechtsträger, auch wenn sie aus denselben Personen zu gleichen Anteilen bestehen.
Grundstücksübergang bei Auflösung einer Familien-OHG: Nach BFH v. 10.11.1965, II 53/62 U, BStBl III 1966, 41, sind die Vermögensanteile erforderlichenfalls durch eine besondere Vermögensaufstellung auf den Zeitpunkt des Erwerbsvorgangs zu ermitteln.
Geht bei Auflösung einer Familien-OHG ein Grundstück der OHG auf einen Ehegatten in Miteigentum zur Hälfte (zur anderen Hälfte auf einen anderen früheren Gesellschafter) über und gehören im Zeitpunkt des Grundstücksübergangs die Vermögensantei...