Birthe Kramer, Dietrich Weilbach
2.1 Aufbau der Neuregelung
Rz. 14
Der Regelungsinhalt des neu eingeführten § 6 a GrEStG umfasst 5 Sätze.
Rz. 15
Die Regelung in Satz 1:
Satz 1 ordnet an, dass Umwandlungsvorgänge i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr. 1–3 UmwG, die zu einem grunderwerbsteuerbaren Vorgang nach § 1 Abs. 1, Abs. 2a oder Abs. 3 GrEStG führen, von der Steuer befreit sind. Wie bei den §§ 5 und 6 GrEStG handelt es sich um eine sachliche Begünstigungsvorschrift, die den Grundsatz des bürgerlich-rechtlichen Primats für die Grunderwerbsteuer erneut durchbricht, allerdings nach Inkraftreten des MoPeG bislang nur noch für zwei Jahre. Mit dem Gesetz zur Änderung des Grunderwerbsteuergesetzes vom 12.5.2021, welches die share deals einem strengeren Reglement unterwirft, ist eine redaktionelle Änderung erfolgt, um auch die Neuregelung des § 1 Abs. 2b GrEStG zu berücksichtigen. Der Satz lautet nunmehr: "...die zu einem grunderwerbsteuerbaren Vorgang nach § 1 Abs. 1 und 2 bis 3 GrEStG führen, ..."
Rz. 16
Die Regelung in Satz 2:
Satz 2 weitet die Vergünstigung auf vergleichbare ausländische Sachverhalte innerhalb der Europäischen Union oder eines Staates, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, aus.
Rz. 17
Die Regelung in Satz 3:
Satz 3 bestimmt, dass die Vergünstigungen nur bei Umwandlungsvorgängen innerhalb eines Konzerns eintreten.
Rz. 18
Die Regelung in Satz 4:
Satz 4 sieht schließlich eine Legaldefinition des abhängigen Unternehmens vor und bestimmt eine Sperrfrist, wonach das abhängige Unternehmen innerhalb von fünf Jahren vor und nach dem durch die Umwandlung verwirklichten Rechtsvorgang zum Konzernverbund gehören muss.
Die Regelung in Satz 5:
Diese Regelung ist durch das Brexit-Begleitgesetz vom 19.2.2019 eingefügt worden und besagt, dass nicht alleine durch den Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union das Erfordernis einer fünfjährigen Beherrschung in Frage gestellt würde.
2.2 Begünstigte Erwerbsvorgänge
Rz. 19
Die Begünstigung erfasst die nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 (S. 1), Abs. 2a und 3 GrEStG aufgrund einer Umwandlung verwirklichten steuerbaren Erwerbsvorgänge sowie die aufgrund einer derartigen Umwandlung übergehende Verwertungsbefugnis i. S. d. § 1 Abs. 2 GrEStG.
Die Begünstigung nach § 6 a GrEStG greift in den Fällen des § 1 Abs. 2a GrEStG nur soweit, wie der übertragende Rechtsträger an der Personengesellschaft beteiligt ist; nicht erforderlich ist, dass die Personengesellschaft selber zum Verbund gehört. Die Beurteilung der innerhalb der letzten 5 Jahre vorangegangenen Gesellschafterwechsel bleibt davon unberührt.
§ 6 a GrEStG umfasst nicht die durch einen Umwandlungsvorgang nach § 5 Abs. 3, § 6 Abs. 3 S. 2 GrEStG ausgelöste Grunderwerbsteuer für den nach § 5 Abs. 1 oder 2 oder nach § 6 Abs. 3 S. 1 in Verbindung mit Abs. 1 GrEStG begünstigten Erwerb eines Grundstücks durch eine Gesamthand. Denn diese Missbrauchsverhinderungsvorschriften betreffen keinen nach § 6 a GrEStG begünstigungsfähigen steuerbaren Rechtsvorgang aufgrund einer Umwandlung i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 UmwG, sondern einen dieser Umwandlung vorausgegangenen selbstständigen Rechtsvorgang (Rdnr. 3 des Erlasses vom 1.12.2010).
Begünstigt sind Umwandlungen i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 UmwG:
Begünstigt sind nur Umwandlungen i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr. 1–3 UmwG, also Verschmelzungen, Spaltungen und Vermögensübertragungen.
Nicht begünstigt ist der Formwechsel (§ 1 Abs. 1 Nr. 4 UmwG). Dies ist indes grundsätzlich auch nicht nötig, weil der Formwechsel als sog. identitätswahrende Umwandlung ohnehin nicht (mehr) der Grunderwerbsteuer unterliegt. Vor dem Hintergrund, dass der Formwechsel dann Grunderwerbsteuer auslösen kann, wenn er erstmals zu einer Anteilsvereinigung auf Ebene des Gesellschafters des formwechselnden Rechtsträgers führt, ist hier die Befreiungsregelung nicht zielführend.
Hinzu kommt, dass in diesem Zusammenhang jedoch betriebsnotwendige Umstrukturierungen im Konzern, die einen Formwechsel von Personengesellschaften in Kapitalgesellschaften umfassen, Grunderwerbsteuer auslösen können. Dies gilt insbesondere in den Fällen, in denen zeitlich vor dem Formwechsel einer grundbesitzenden Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft unter Inanspruchnahme von Grunderwerbsteuerbefreiungen nach §§ 5 oder 6 GrEStG Grundstücke in die formwechselnde Personengesellschaft eingebracht wurden. Da insoweit bereits im Rahmen der bestehenden Befreiungsvorschriften Vor- bzw. Nachbehaltensfristen geregelt sind, erscheint die Nichterfassung des Formwechsels im Rahmen von § 6 a Abs. 1 GrEStG zumindest aus der Perspektive des Gesetzgebers als konsequent.
Die M-GmbH (M) ist an der K-KG (K) zu 90 % beteiligt und überträgt auf diese im Jahr 2009 ein Grundstück im Wert von 1 Mio. EUR. Im Jahr 2010 wird K im Wege des Formwechsels in eine GmbH umgewandelt.
Die Übertragung des Grundstücks von M auf K im Jahr 2009 löst nach § 5 Abs. 2 GrEStG lediglich 3...