Birthe Kramer, Dietrich Weilbach
Rz. 40
Aufgrund der langen Vorbehaltensfrist und dem Erfordernis einer mindestens 95-prozentigen unmittelbaren oder mittelbaren Beteiligung am umwandelnden Unternehmen haben sich bisher in der Praxis nur eingeschränkt Gestaltungsmöglichkeiten zur Reorganisation im Konzern aufgrund von § 6 a GrEStG ergeben.
Die M-AG (M) hält ihre Beteiligung an der grundstücksbesitzenden T bereits seit mehr als fünf Jahren. Das Grundstück der T soll auf die Muttergesellschaft M übertragen werden. Die T soll aus betriebswirtschaftlichen Gründen nicht verschmolzen, eine Abspaltung des Grundstücks auf die M ebenfalls nicht durchgeführt werden. Um die Übertragung des Grundstücks auf sich zu erreichen, gründet die M eine 100-prozentige Tochterkapitalgesellschaft (K). Zunächst spaltet die T das Grundstück auf die K ab, womit das Grundstück auf die K übergeht. Unmittelbar nach der Abspaltung des Grundstücks wird K auf die M verschmolzen, sodass das Grundstück auf die M übergeht.
Rz. 41
Im Rahmen der Abspaltung wäre die Steuerbefreiung nach § 6 a GrEStG auf den von der K verwirklichten Erwerbsvorgang nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG nach dem Wortlaut von § 6 a S. 3 und 4 GrEStG nicht anwendbar, da die M ihre Beteiligung an der K als an der Umwandlung beteiligter Rechtsträger noch keine fünf Jahre hält. Auf der Grundlage des Wortlauts des § 6 a GrEStG wäre es daher vorzugswürdig, wenn die Abspaltung auf eine Konzerngesellschaft erfolgt, an der die M bereits fünf Jahre beteiligt ist. Die anschließende Verschmelzung wäre aufgrund des Wortlauts von § 6 a GrEStG aus dem gleichen Grund wohl nicht befreit. Dieses Beispiel verdeutlicht jedoch, dass die Missbrauchsfristen in § 6 a GrEStG eindeutig eine überschießende Tendenz haben. Denn mit der Übertragung des Grundstücks auf die M wird wirtschaftlich das erreicht, was eigentlich begünstigt werden soll und – so eine Verschmelzung der T auf die M durchführbar wäre – auch grunderwerbsteuerneutral erreicht werden könnte. Eine einschränkende Auslegung der Missbrauchsfristen ließe sich daher damit begründen, dass sich durch die Reorganisation (insbesondere auch wenn sie sich in Kettenumwandlungen vollzieht) keine Beteiligung eines außerhalb des Konzerns stehenden Dritten ergibt. Weiteres Argument ist, dass eine Alternative bestanden hätte, den Vorgang ohne Belastung mit Grunderwerbsteuer durchzuführen, was wegen außersteuerlicher Gründe ausschied.
Daher ist es zu begrüßen, dass durch neue koordinierte Ländererlasse, insbesondere den vom 5.5.2023, die Auffassung der Finanzverwaltung die höchstrichterliche Rechtsprechung nachvollzieht und damit eine praktikable Handhabung des § 6a GEStG ermöglicht.