Dietrich Weilbach, Birthe Kramer
Rz. 24a
Im Gesetz zur Änderung des Grunderwerbsteuergesetzes vom 12.5.2021 (BGBl I 2021, 986) wurde § 8 Abs. 2 Nr. 4 GrEStG eingefügt. Die Regelung trat zum 1.7.2021 in Kraft (§ 23 Abs. 18 GrEStG), erfasst werden Erwerbsvorgänge, die nach dem 30.6.2021 verwirklicht werden. Der Gesetzgeber hatte bei Einführung der Regelung die Vorstellung, dass eine Steuerersparnis erreicht werden könnte, weil allein mit Abschluss eines Kaufvertrags ein Erwerbstatbestand für ein Gesellschaftsgrundstück geschaffen wird und sich damit die bei einem Umwandlungsvorgang sonst eintretenden Steuerfolgen vermieden werden können (vgl. dazu mit Beispielen: Wälzholz DNotZ 2021, 645). Wird ein Grundstück im Zuge einer Umwandlung zu einem Preis verkauft, der unterhalb des Grundbesitzwertes liegt, soll anstelle der Gegenleistung der Grundbesitzwert gelten.
Die Bedarfswerte anstelle der Gegenleistung sind maßgebend für die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer in folgendem Fall:
- Erwerbsvorgang nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG (Kaufvertrag oder Rechtsgeschäft, das einen Anspruch auf Übereignung begründet)
- Erwerber und Veräußerer sind an einer Umwandlung beteiligt
- Für die Umwandlung gilt, je nach Rechtsform der beteiligten Rechtsträger, ein Rückwirkungszeitraum nach § 2 Abs. 1, § 20 Abs. 6 oder § 24 Abs. 4 UmwStG (von acht Monaten)
- Der Erwerbsvorgang wird innerhalb des Rückwirkungszeitraums verwirklicht
- Der Wert der Gegenleistung ist geringer als der Grundbesitzwert nach dem Bewertungsgesetz
Der Übergang des Vermögens wird zivilrechtlich mit der Eintragung der Umwandlung in das Handelsregister bewirkt. Die steuerlich relevante Einkommensermittlung kann abweichend hiervon auf Grundlage der Bilanz des Rechtsträgers fortgeführt werden, dessen Vermögen auf den übernehmenden Rechtsträger übergeht (und die Bilanz der Umwandlung zugrunde liegt), wenn die Bilanz auf einen Stichtag erstellt worden ist, der zum Zeitpunkt der Anmeldung der Umwandlung in das Handelsregister höchstens 8 Monate zurückliegt.
Rz. 24b
Der Wortlaut der Vorschrift verweist auf § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 GrEStG, erfasst sind allein schuldrechtliche Verträge, aus denen sich ein Anspruch auf Eigentumsübertragung ergibt, in der Regel also der (in § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 GrEStG explizit genannte) Kaufvertrag. Ein dingliches Vollzugsgeschäft (Auflassung und Eintragung) ist dagegen keine Voraussetzung. Das folgt zum Einen aus dem Wortlaut der Regelung und zum Zweiten aus der Überlegung, dass mit Eintragung einer Umwandlung der Erwerber als Rechtsnachfolger auch Eigentümer des Grundstücks wird.
Das Gesetz spricht von einer "Verwirklichung" des Erwerbsvorgangs. Maßgeblich für die Bestimmung, ob das Grundstück im Rückwirkungszeitraum erworben wird, ist der Zeitpunkt, zu dem der Vertrag geschlossen und wirksam wird. Eine aufschiebend bedingte Einigung, mit der die Wirksamkeit des Vertrags rückwirkend bei Bedingungseintritt eintritt, wird von der Vorschrift erfasst, wenn die Wirkung (ihrerseits rückwirkend) im Rückwirkungszeitraum eintritt.
Als Rechtsfolge sieht § 8 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 GrEStG anstelle der im Kaufvertrag vereinbarten Gegenleistung den Ansatz des Wertes nach Grundbesitzwerten (§ 151, § 157 BewG) vor.