Dietrich Weilbach, Birthe Kramer
Rz. 25
Durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 wurde dem Abs. 2 des § 8 GrEStG ein Satz 2 angefügt. Durch ihn wird die Möglichkeit eröffnet, im Besteuerungszeitpunkt, abweichend von den tatsächlichen Verhältnissen, den Wert des bebauten Grundstücks als Bedarfswert festzustellen (vgl. BT-Drs. 14/443). Die Regelung kann als Ausfluss der ständigen Rechtsprechung des BFH zum einheitlichen Erwerbsgegenstand (auch sog. einheitliches Vertragswerk) gesehen werden. Die Notwendigkeit hierfür ergibt sich beispielsweise in den Fällen des § 1 Abs. 2a GrEStG bei einem Gesellschafterwechsel (derivativer Erwerb, vgl. § 1 GrEStG Rz. 82 und Tz. 4.1 der gleichlautenden Ländererlasse zur Anwendung des § 1 Abs. 2a GrEStG v. 26.2.2003, BStBl I 2003, 271) oder einer Kapitalaufstockung (originärer Erwerb, vgl. § 1 GrEStG Rz. 82 und Tz. 4.3 der gleichlautenden Ländererlasse zur Anwendung des § 1 Abs. 2a GrEStG v. 26.2.2003, BStBl I 2003, 271) nach einem vorgefassten Plan zur Bebauung eines Grundstücks, der Sicherungsübereignung von Gebäuden auf fremdem Grund und Boden und bei Abtretung von Rechten aus einem Kaufangebot, das sich auf ein noch zu bebauendes Grundstück bezieht. Dabei setzt eine Anwendung des § 8 Abs. 2 S. 2 GrEStG in diesen Fällen einerseits voraus, dass sich das betreffende Grundstück im Eigentum der Personengesellschaft befindet, und andererseits, dass mit dem neu hinzutretenden Gesellschafter Vereinbarungen hinsichtlich der Konzeption zur Bebauung des Grundstücks getroffen worden sind.
Als Bewertungsgegenstand ist das Grundstück in seinem – dem vorgefassten Plan entsprechenden – tatsächlichen Zustand zum Zeitpunkt der Fertigstellung des Gebäudes anzusehen.
Nicht abschließend geklärt ist bisher die Frage, ob geplante Sanierungen im Zeitpunkt des Erwerbs die Bemessungsgrundlage erhöhen.
Eine Gesellschaft hat ein vermietetes mit einem Vielfamilienhaus bebauten Grundstück erworben in der Absicht, es umfassend zu sanieren und aufzustocken. Es stellt sich die Frage, ob dieser unzweifelhaft vorgefasste Plan auf die Bemessungsgrundlage durchschlägt. In der Literatur ist das Meinungsbild nicht einheitlich.
§ 8 Abs. 2 S. 2 GrEStG kann hier aber bereits aus systematischen Gründen keine Anwendung finden. Denn die Vorschrift fungiert als absolute Ausnahmevorschrift zum ansonsten bei der Grunderwerbsteuer strikt durchgehaltenen Stichtagsprinzip. Damit ist sie restriktiv auszulegen. Die Sanierung eines bereits bestehenden Gebäudes ist aber bereits sprachlich nicht als zu errichtendes Gebäude einzustufen. Das Gleiche gilt für eine beabsichtigte Aufstockung. Auch hier besteht bereits ein Gebäude. Die Frage einer Anwendung dieser Vorschrift kann sich nur dann stellen, wenn im Rahmen einer Sanierung zuvor existierende Gebäude komplett abgerissen werden. Liegt ein vorgefasster Plan mit dieser Zielrichtung vor, ließe sich die Anwendung des § 8 Abs. 2 S. 2 GrEStG begründen, nicht aber, wenn das aufstehende Gebäude erhalten bleibt.
An der Anwendung dieser Norm ändert sich auch dann nichts, wenn der vorgefasste Plan zu einem späteren Zeitpunkt, aber vor seiner Realisierung aufgegeben werden sollte. Die tatsächlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der Fertigstellung des Gebäudes bleiben maßgebend. Eine Anwendung des § 16 GrEStG kommt insoweit nicht in Betracht, weil kein Erwerbsvorgang rückgängig gemacht wird, sondern weil sich nach Erwerb die Willensrichtung in Bezug auf den erworbenen Gegenstand ändert.