Dietrich Weilbach, Birthe Kramer
Rz. 26
Nach dem bis einschließlich 1996 geltenden Recht diente in den Fallvarianten des § 8 Abs. 2 GrEStG der "Wert des Grundstücks" als Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer. Nach § 10 Abs. 1 und 6 GrEStG a. F. war als Wert des Grundstücks der nach den Vorschriften des Bewertungsgesetzes festgestellte Einheitswert (Ersatzwirtschaftswert) anzusetzen. Anstatt nach diesen Einheitswerten und Ersatzwirtschaftswerten wird ab dem 1.1.1997 die Grunderwerbsteuer nach den Werten i. S. d. § 138 Abs. 2 bis 3 BewG bemessen. Diese Regelung gilt für alle einschlägigen Erwerbsvorgänge, die vor dem 1.1.2007 verwirklicht worden sind.
Anlass für die zum 1.1.1997 erfolgte Rechtsänderung waren 2 Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts vom 22.6.1995 zur Vermögensteuer – 2 BvL 37/91 – und zur Erbschaftsteuer – 2 BvR 552/91 – (BStBl II 1995, 655 und 671). Das Bundesverfassungsgericht hat darin entschieden, dass es mit dem Gleichheitssatz des Art. 3 GG nicht vereinbar sei, wenn das Grundvermögen mit den veralteten Einheitswerten nach den Wertverhältnissen vom 1.1.1964 angesetzt würde, wohingegen andere Vermögensgegenstände mit den realitätsnahen Gegenwartswerten der Besteuerung zugrunde gelegt würden.
Diese Grundsätze sind auch auf die Grunderwerbsteuer übertragbar. Zwar kann hier nicht von einer Ungleichbehandlung verschiedener Vermögensarten gesprochen werden, doch ist zu bedenken, dass bei der Bemessung der Grunderwerbsteuer in den Fällen des § 8 Abs. 1 GrEStG die Gegenleistung und damit i. d. R. ein durchaus realitätsnaher Gegenwartswert anzusetzen ist. Der Gesetzgeber hielt es daher für geboten, auch im Bereich der Grunderwerbsteuer den Beschlüssen des Bundesverfassungsgerichts zu folgen. Dem Bewertungsgesetz wurde daher ein 4. Abschnitt hinzugefügt mit Vorschriften über die Bewertung von Grundbesitz für die Erbschaftsteuer ab 1.1.1996 und für die Grunderwerbsteuer ab 1.1.1997 (§§ 138ff. BewG).
Durch Art. 10 des Jahressteuergesetzes 2008 (JStG 2008) vom 20.12.2007 (BGBl I 2007, 3150) ist § 8 Abs. 2 S. 1 und 2 GrEStG (redaktionell) an die Änderungen des Bewertungsgesetzes durch das Jahressteuergesetz 2007 angepasst worden. Die Änderungen sind rückwirkend zum 1.1.2007 in Kraft getreten (Art. 28 Abs. 3 JStG 2008). Durch die Ergänzung des Verweises in § 8 Abs. 2 S. 1 GrEStG auf § 138 Abs. 2 bis 4 BewG ist die entsprechende Änderung des BewG durch das JStG 2007 auch für die Grunderwerbsteuer nachvollzogen worden. Außerdem wurde der Verweis in § 8 Abs. 2 S. 2 GrEStG auf § 138 Abs. 1 S. 2 BewG als Folge der Änderung des BewG durch das JStG 2007 auf § 138 Abs. 1 S. 1 BewG berichtigt.
4.4.1 Grundbesitzwerte der land- und forstwirtschaftlichen Betriebe bzw. Betriebsgrundstücke
Rz. 27
§ 157 Abs. 2 BewG regelt die Ermittlung der land- und forstwirtschaftlichen Grundbesitzwerte, die in den Fällen des § 8 Abs. 2 GrEStG Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer sind. Die entsprechenden Grundbesitzwerte sind für die wirtschaftlichen Einheiten des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens und die Betriebsgrundstücke i. S. v. § 99 Abs. 1 Nr. 2 BewG unter Anwendung der §§ 158 bis 175 BewG zu ermitteln.
Nachdem die Anwendung der Vorschriften zunächst durch gleichlautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom 16.5.1997 (BStBl I 1997, 543ff.) geregelt war, wurden Ende des Jahres 1998 die Erbschaftsteuerrichtlinien veröffentlicht (BStBl I 1998, Sondernummer 2, 2ff.).
Die Vorschriften über die Bewertung des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens finden sich nunmehr in den Abschn. R B 158.1 ErbStR 2019.
Zum Begriff der wirtschaftlichen Einheit und zum Umfang des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens siehe § 33 BewG i.V. m. § 158 Abs. 2 S. 1 BewG und R 158.1 ErbStR 2019. Zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen gehören danach alle Wirtschaftsgüter, die einem Betrieb der Land- und Forstwirtschaft dauernd zu dienen bestimmt sind. Hierunter fallen insbesondere der Grund und Boden, die Wohn- und Wirtschaftsgebäude, die stehenden Betriebsmittel (z. B. Maschinen, Zuchttiere) und der Normalbestand an umlaufenden Betriebsmitteln (z. B. Futtermittel, Mastvieh), aber auch immaterielle Wirtschaftsgüter, wie z. B. Brennrechte, Milchlieferrechte und Jagdrechte (vgl. § 158 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 BewG). Nicht zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen gehören die in § 33 Abs. 3 BewG genannten Wirtschaftsgüter (z. B. Überbestände an umlaufenden Betriebsmitteln). Sie werden daher bei der Ermittlung des Grundbesitzwerts nicht berücksichtigt. Dasselbe gilt nach § 158 Abs. 4 Nr. 7 BewG für den Wert von Pensionsverpflichtungen.
Rz. 28
Der Betrieb der Land- und Forstwirtschaft umfasst gem. § 160 Abs. 1 BewG den Betriebsteil, die Betriebswohnungen und den Wohnteil. Für Betriebswohnungen und Wohnteil ist jeweils ein gesonderter Wert zu ermitteln (vgl. § 167 BewG).
Zum Wirtschaftsteil gehören neben den land-/forstwirtschaftlich, gärtnerisch und weinbaulich genutzten Flächen auch die Hof- und Wirtschaftsgebäudeflächen sowie die zugehörigen Betriebsmittel. Der Wert des Betriebsteils (Betriebswert) wird, wie auch nach altem Recht, nach einem star...