Dietrich Weilbach, Birthe Kramer
Rz. 4g
Nach §§ 433 Abs. 1 S. 2, 435 BGB ist der Verkäufer verpflichtet, dem Käufer den verkauften Gegenstand frei von Rechtsmängeln zu verschaffen, die von Dritten gegen den Käufer geltend gemacht werden können. Diese Verpflichtung besteht jedoch nicht, wenn der Käufer die Grundstücksbelastung bei dem Abschluss des Kaufs kennt (§ 442 Abs. 1 BGB). Eine Ausnahme gilt allerdings für den Fall grober Fahrlässigkeit. Ein im Grundbuch eingetragenes Recht hat der Verkäufer nach der abdingbaren Vorschrift des § 442 Abs. 2 BGB zu beseitigen, auch wenn der Käufer es kennt.
Die Übernahme von Grundpfandrechten durch den Grundstückserwerber ist eine sonstige Leistung und daher im Rahmen des § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG zu erfassen. Verpflichtet sich der Grundstückskäufer gegenüber dem Veräußerer zur Übernahme der auf dem Grundstück ruhenden nichtdauernden Lasten (z. B. der unvererbliche, nur zugunsten einer Person bestellte Nießbrauch – §§ 1030ff. BGB –, die subjektiv-persönlichen Dienstbarkeiten – §§ 1090ff. BGB – oder das dingliche Vorkaufsrecht – §§ 1094ff. BGB), sind diese ebenfalls Teil der Gegenleistung nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG. Der Regelungsgehalt des § 9 Abs. 2 Nr. 2 GrEStG steht dem nicht entgegen. Im Gegensatz zu den dauernden Grundstückslasten, die nach S. 2 der Vorschrift nicht zur Gegenleistung gehören, werden nichtdauernde Lasten nach S. 1 in die Gegenleistung einbezogen. Nichtdauernde Lasten sind damit Teil der Gegenleistung, wenn sie (nur) aufgrund eines Übergangs kraft Gesetzes oder (auch) aufgrund vertraglicher Vereinbarung vom Erwerber zu tragen sind. Die vom Käufer übernommenen nichtdauernden Lasten sind mit ihrem Kapitalwert (§§ 13, 14 BewG, vgl. § 8 GrEStG Rz. 12, 13) bzw. mit dem gemeinen Wert (§ 9 BewG), ggf. auch mit Null anzusetzen (vgl. RFH v. 8.10.1926, II A 429/26, StW 1926, 2088).
Rz. 4h
Auch in einer vom Käufer ausdrücklich übernommenen, im Grundbuch eingetragenen dauernden Last (z. B. Erbbaurecht – §§ 1, 10 ErbbauRG – und das Dauerwohnrecht bzw. Dauernutzungsrecht – §§ 31ff. WEG) liegt eine Gegenleistung nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG; die Regelung des § 9 Abs. 2 Nr. 2 S. 2 GrEStG ist insoweit nicht anwendbar (so auch Hofmann, GrEStG, 9. Aufl. 2010, § 9 GrEStG Rz. 13; a. A. Boruttau/Sack, GrEStG, 16. Aufl. 2007, § 9 GrEStG Rz. 603). Gehen allerdings beim Kaufvertragsabschluss bereits bestehende dauernde Lasten mit dinglicher Wirkung kraft Gesetzes auf den Erwerber über, so gehören sie nicht zur Gegenleistung (§ 9 Abs. 2 Nr. 2 S. 2 GrEStG).
Rz. 4i
Nach früherer, bis 31.12.2001 geltender Rechtslage (§ 439 Abs. 2 BGB a. F.) war die den Verkäufer treffende Beseitigungspflicht auf die in der Vorschrift erwähnten Pfandbelastungen (Hypothek, Grund- und Rentenschuld, Pfandrecht) begrenzt. Die anderen dem Käufer bekannten Lasten (wie z. B. Dienstbarkeiten waren danach grundsätzlich nicht vom Verkäufer zu beseitigen (vgl. § 434 i. V. m. § 439 Abs. 1 BGB a. F.). § 9 Abs. 2 Nr. 2 GrEStG schloss diese auf den Erwerber übergehenden dauernde Lasten ausdrücklich von der Gegenleistung aus, auch wenn diese dauernden Lasten vom Erwerber nach den vertraglichen Vereinbarungen ausdrücklich übernommen worden sind. Etwas anderes galt für die nichtdauernden Lasten, die nach § 9 Abs. 2 Nr. 2 S. 1 GrEStG der Gegenleistung hinzuzurechnen waren. Wurden sie vom Erwerber vertraglich ausdrücklich übernommen, waren sie bereits nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG Teil der Gegenleistung (BFH v. 28.8.1963, II 150/61, HFR 1964, 245). Der Unterscheidung zwischen dauernden und nichtdauernden Lasten in § 9 Abs. 2 Nr. 2 GrEStG kommt bei neu (erstmalig) vom Erwerber zugunsten des Veräußerers begründeten Lasten wegen des insoweit fehlenden "Ruhens" auf dem Grundstück i. S. d. § 9 Abs. 2 Nr. 2 GrEStG keine Bedeutung zu (vgl. FG Düsseldorf v. 24.2.1981, III 237-238/77 GE, EFG 1982, 36). Eine sonstige Leistung i. S. v. § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG liegt in jedem Fall vor, wenn der Grundstückserwerber neue – im Zeitpunkt des Abschlusses des Grundstückskaufvertrags noch nicht eingetragene – Belastungen gegenüber Dritten begründet (vgl. BFH v. 8.6.2005, II R 26/03, BStBl II 2005, 613).