Dietrich Weilbach, Birthe Kramer
Rz. 11
Nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 GrEStG unterliegt das Meistgebot im Zwangsversteigerungsverfahren der Grunderwerbsteuer (vgl. hierzu § 1 GrEStG Rz. 51). Als Gegenleistung gelten hierbei nach § 9 Abs. 1 Nr. 4 GrEStG neben dem Meistgebot auch die Rechte, die nach den Versteigerungsbedingungen bestehen bleiben.
Die frühere Steuervergünstigung für den Erwerb zur Rettung eines Grundpfandrechts (sog. "Rettungserwerb" vgl. § 9 GrEStG 1940) ist in das GrEStG 1983 nicht übernommen worden. Auch die Bemessungsgrundlage hat im GrEStG 1983 gegenüber der früheren Regelung (§ 11 GrEStG 1940) Änderungen erfahren. Nach der amtlichen Begründung vom 19.3.1981 (BT-Drs. 9/251) liegt diesen Änderungen Folgendes zugrunde:
Zu § 9 Abs. 1 Nr. 4 GrEStG
"Nach dieser Vorschrift gilt als Gegenleistung bei Erwerb eines Grundstücks durch Abgabe des Meistgebots im Zwangsversteigerungsverfahren das Meistgebot einschließlich der Rechte, die nach den Versteigerungsbedingungen bestehen bleiben. Für Fälle, in denen das Grundstück von einem Grundpfandgläubiger ersteigert worden ist, der seine durch Grundpfandrechte gesicherten Forderungen nicht auszubieten brauchte und dessen Meistgebot dadurch unter dem Wert des Grundstücks lag, schreibt das GrEStG 1940 (§ 11 Abs. 1 Nr. 4 Sätze 2 und 3) die Hinzurechnung des durch das Gebot nicht gedeckten Anspruchs des Meistbietenden bis zum Wert des Grundstücks vor. Bemessungsgrundlage ist somit in solchen Fällen trotz Vorliegens einer Gegenleistung der Wert des Grundstücks. Das widerspricht dem Grundsatz, dass die Steuer – abgesehen von den Fällen des § 1 Abs. 3 – nur dann vom Wert des Grundstücks zu berechnen ist, wenn eine Gegenleistung nicht vorhanden oder nicht zu ermitteln ist (§ 8 Abs. 2 Nr. 1). Im Übrigen wird durch diese Hinzurechnung der Grundpfandgläubiger schlechter behandelt als ein anderer Erwerber, dessen Steuer nur aus dem Meistgebot einschließlich der Rechte, die nach den Versteigerungsbedingungen bestehen bleiben, berechnet wird. Auch das GrEStG 1940 (§ 11 Abs. 1 Nr. 5) sieht eine Hinzurechnung seines nicht gedeckten Anspruchs nicht bei dem Grundpfandgläubiger vor, dem die Rechte aus dem Meistgebot abgetreten worden sind. Aus diesen Gründen werden die Sätze 2 und 3 des § 11 Abs. 1 Nr. 4 GrEStG 1940 nicht übernommen."
Der Anwendungsbereich des § 9 Abs. 1 Nr. 4 GrEStG erstreckt sich auf alle nach dem Zwangsversteigerungsgesetz (ZVG) durchgeführten Versteigerungen, also z. B. auch auf die Zwangsversteigerung im Insolvenzverfahren (§§ 172 bis 174a ZVG) oder die Zwangsversteigerung eines Nachlassgrundstücks auf Antrag des Erben (§§ 175 bis 179 ZVG).
Die in § 9 Abs. 1 Nr. 4 GrEStG verwendeten Begriffe, wie z. B. der Begriff des Meistgebots, sind i. S. d. ZVG auszulegen (BFH v. 23.1.1985, II R 36/83, BStBl II 1985, 339; BFH v. 24.10.2000, II B 38/00, BFH/NV 2001, 482, und BFH v. 20.4.2007, II B 69/06, BFH/NV 2007, 1538; BFH v. 14.10.2008, II B 65/07, BFH/NV 2009, 214). Die Vorschrift knüpft allgemein formalrechtlich strikt an das Zwangsversteigerungsrecht an.