Prof. Dr. Stefan Schneider
Leitsatz
1. Arbeitsmittel sind Wirtschaftsgüter, die unmittelbar zur Erledigung der dienstlichen Aufgaben dienen. Hierzu können auch Zeitschriften und Bücher zählen, wenn die Literatur ausschließlich oder zumindest weitaus überwiegend beruflich genutzt wird.
2. Die allgemeinen Grundsätze zur steuerlichen Behandlung von Arbeitsmitteln gelten auch, wenn zu entscheiden ist, ob Bücher als Arbeitsmittel eines Lehrers zu würdigen sind. Dabei ist die Eigenschaft eines Buchs als Arbeitsmittel nicht ausschließlich danach zu bestimmen, in welchem Umfang der Inhalt eines Schriftwerks in welcher Häufigkeit Eingang in den abgehaltenen Unterricht gefunden hat. Auch die Verwendung der Literatur zur Unterrichtsvorbereitung und Unterrichtsnachbereitung oder die Anschaffung von Büchern und Zeitschriften für eine Unterrichtseinheit, die nicht abgehalten worden ist, kann eine ausschließliche oder zumindest weitaus überwiegende berufliche Nutzung der Literatur begründen.
Normenkette
§ 9 Abs. 1 S. 1, § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 6, § 12 Nr. 1 S. 2 EStG
Sachverhalt
K, Realschullehrer, gehörte der "American Anthropological Association" an und unterrichtete Deutsch, Geschichte, Sozialkunde und Ethik. Mit der ESt-Erklärung 2002 machte er insgesamt 2 151 EUR Werbungskosten geltend, nämlich 37 Bücher (1 536 EUR), 4 Zeitschriftenabos/Aufbewahrungsbox (210 EUR), Bürobedarf, Fernleih-, Kopier- und Bindekosten (405 EUR).
Das FA berücksichtigte nach Einspruch 50 % der Kosten sowie die für ein Zeitschriftenabo (Titel "Sozialismus") und eine Aufbewahrungsbox insgesamt. Die weitergehende Klage blieb erfolglos (FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 02.10.2008, 4 K 2895/04, Haufe-Index 2271210, EFG 2010, 477).
Entscheidung
Die Revision des Lehrers war erfolgreich. Der BFH hob aus den unter Praxis-Hinweisen dargelegten Gründen die Vorentscheidung auf. Im zweiten Rechtsgang wird das FG jetzt für jedes einzelne Buch nach Maßgabe der beabsichtigten tatsächlichen Verwendung im Einzelfall zu untersuchen haben, ob es als Privatlektüre der allgemeinen Lebensführung oder allein dem beruflichen Bereich zuzuordnen ist oder ob es sich um einen gemischt genutzten Gegenstand handelt.
Hinweis
Die hier besprochene Entscheidung korrigiert den vom FG zu eng gefassten beruflichen Veranlassungszusammenhang.
1. Werbungskosten sind alle durch den Beruf veranlasste Aufwendungen, auch die für Arbeitsmittel (§ 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 6 EStG). Deren Anschaffungskosten können dann uneingeschränkt als Werbungskosten berücksichtigt werden, wenn sie weitaus überwiegend beruflich verwendet werden. Entscheidend ist nicht der objektive Charakter des Gegenstands, sondern dessen tatsächlicher Verwendungszweck im konkreten Einzelfall (vgl. mit Beispielen dazu BFH, Beschluss vom 21.09.2009, GrS 1/06, BFH/NV 2010, 285, BFH/PR 2010, 85). Dies gilt naturgemäß auch für die einkommensteuerrechtliche Beurteilung von Büchern als Arbeitsmittel eines Lehrers. Daher ist auch hier nicht der Charakter der angeschafften Bücher insgesamt entscheidend, unerheblich daher, ob solche Bücher auch Steuerpflichtige kauften, die keine berufliche Verwendung dafür hätten.
2. Diese Grundsätze hatte die Vorinstanz nicht berücksichtigt, soweit es den erforderlichen beruflichen Veranlassungszusammenhang nur angenommen hatte, soweit die Literatur auch in nennenswertem Umfang Eingang in den Unterricht gefunden habe. Denn sie könnte auch zur Unterrichtsvor- und -nachbereitung sowie für letztlich nicht abgehaltene Unterrichteinheiten angeschafft worden sein. Auch die außerschulischen Interessen Ks an anthropologischen und gesellschaftspolitischen Themen schließen eine berufliche Veranlassung nicht aus, wenn Aufwendungen für ein Arbeitsmittel nahezu ausschließlich beruflich veranlasst sind. Denn liegt eine nahezu ausschließliche berufliche Nutzung vor, stehen private Motive dem Werbungskostenabzug nicht entgegen.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 20.05.2010 – VI R 53/09