Ein Rechtsanwalt ist verpflichtet, Umschläge über ihm förmlich zugestellte Schriftstücke systematisch zur Kenntnis zu nehmen, aufzubewahren und zur Handakte zu nehmen. Dies gilt auch bei grundsätzlich elektronischer Aktenführung. Da es zu den originären Aufgaben eines Berufsträgers als Prozessbevollmächtigter gehört, bei der Bearbeitung der Sache eigenständig den Ablauf der Rechtsbehelfsfrist zu prüfen, darf sich ein Prozessbevollmächtigter nicht auf den Eingangsstempel seiner Kanzlei verlassen, sondern hat eigenständig zu prüfen, ob das dort angegebene Datum mit dem von dem Postbediensteten auf dem Zustellungsumschlag eingetragenen Zustellungsdatum übereinstimmt.

Im Streitfall traf den Klägervertreter auch insofern ein Organisationsverschulden, als er nicht organisatorisch sichergestellt hatte, dass er die Umschläge eingehender Post systematisch zur Kenntnis bekam. Die vorstehend skizzierten Pflichten gelten auch dann, wenn der Bevollmächtigte altersbedingt nur noch "nebenbei" Mandate betreut (FG Rh.-Pf. v. 7.5.2021 – 4 K 1932/20, EFG 2022, 81).

Das FG Köln hat mit Urteil v. 23.2.2023 – (FG Köln, Urt. v. 23.2.2023 – 11 K 378/22 klargestellt, dass es für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 110 AO im Rahmen einer ordnungsgemäßen Büroorganisation eine Ausgangskontrolle erforderlich ist, durch die zuverlässig gewährleistet wird, dass alle erfassten Fristen erst dann gelöscht werden, wenn die fristwahrende Maßnahme tatsächlich vorgenommen wurde. Außerdem gehört zu einer effektiven Ausgangskontrolle die Anordnung des Prozessbevollmächtigten, dass die Erledigung von fristgebundenen Angelegenheiten am Abend eines jeden Arbeitstages anhand des Fristenkalenders von einer dazu beauftragten Bürokraft überprüft wird ("allabendliche Fristen- oder Ausgangskontrolle").

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